Die Forderung wird immer lauter: Fussball-Profis sollen in Zeiten der Corona-Krise auf einen Teil ihres Gehalts verzichten, um ihre Klubs und die Jobs der Mitarbeiter und Zulieferer der Branche abzusichern. Vor allem in der Bundesliga wird der öffentliche Druck immer höher. Sollte die Saison wegen des Coronavirus nicht beendet werden können, drohen Einnahmeverluste in Höhe von rund 750 Millionen Euro.
In den grossen us-amerikanischen Sportligen verzichten Spieler bereits auf Lohn oder spenden viel. NBA-Star Zion Williamson zahlt beispielsweise sämtlichen Arbeitern der Heimarena seiner New Orleans Pelicans den Lohn für 30 Tage.
Gemeinsam sollen auch die Bundesliga-Stars erkennen, dass sie auch ihren Teil dazu beitragen müssen, damit der Fussball einigermassen unbeschadet aus der Krise herauskommt. In der vergangenen Saison gaben die Bundesliga-Klubs 1,4 Milliarden Euro für Spielergehälter aus, was 35,6 Prozent aller Ausgaben ausmacht. Es ist der mit Abstand grösste Kostenblock im deutschen Profifussball.
«11-Freunde»-Chefredakteur Philipp Köster schlägt deshalb im «Stern» vor, dass die Spieler 15 Prozent ihres Gehalts in einen Solidaritätsfond einzahlen könnten, der vor allem den kleineren, in finanzielle Notlage geratenen Klubs zu Gute kommen soll. «Ein solcher gemeinsamer Lohnverzicht wäre ein grossartiges Zeichen der Solidarität und des Zusammenhalts – und würde ein für alle Mal all jene widerlegen, die in den Profis nur wandelnde Ich-AGs sehen, die ausschliesslich auf die eigene Karriere und das eigene Bankkonto starren», glaubt der Fussball-Experte.
«Wer so wenig mit seinem Geld anzufangen weiss, dass er in Dubai ein Goldsteak verzehren muss, kann auch ein paar Tausender spenden», forderte der «Tages-Anzeiger» zuletzt etwas populistisch, doch auch die Politik stimmt langsam mit ein.
Bayerns Ministerpräsident fordert ebenfalls mehr Solidarität: «Ich fände es in Ordnung, wenn Spieler, die ganz grosse Gehälter bekommen, ihrem Arbeitgeber gegenüber ein bisschen zurückhaltender wären mit dem Geld», erklärte Markus Söder. Der frühere DFL-Geschäftsführer Andreas Rettig gibt zu Bedenken: «Jeder sollte wissen, dass, falls es keinen Gehaltsverzicht der Spieler gibt, die Kosten woanders gespart werden müssen. Also werden die Vereine die Kader von 30 auf vielleicht 25 Spieler reduzieren. Damit fallen Arbeitsplätze auch bei den Spielern weg.»
Noch sträuben sich die Spieler allerdings. Im Moment besteht die Solidarität der meisten Fussball-Stars aus «Stay at Home»-Appellen und guten Wünschen auf Instagram. Zum Gehaltsverzicht will kaum einer Stellung nehmen: Die «Bild»-Zeitung wollte alle 18 Bundesliga-Captains zum Thema befragen, erhielt aber nur eine Antwort – von Bayern-Torhüter Manuel Neuer.
«Wie jeder andere Mensch in dieser Zeit machen auch ich und die anderen Fussballprofis uns darüber Gedanken, wie man mit der Situation am besten umgehen kann», erklärte Neuer. Viele Klubs bestätigten, dass die Spieler sich gemeinsam mit dem Verein mit einem möglichen Gehaltsverzicht beschäftigen. «Wir besprechen dieses Thema intern mit der Mannschaft», liess Borussia Dortmund beispielsweise verlauten.
BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke, der sich am Sonntag in einer Sondersendung der ARD schon gegen Solidaritätszahlungen der Klubs ausgesprochen hat, glaubt nicht an einen Gehaltsverzicht der Spieler: «Das geht nur auf freiwilliger Basis – und ich bin nicht der Zuversichtlichste, was das angeht», so der Dortmund-Boss am Sonntag.
Köln-Manager Horst Heldt kann mit dem öffentlichen Druck noch weniger anfangen. «Es wäre sinnhaft, sich mit populistischen Scheiss-Ausdrücken ein Stück zurückzuhalten. Man sollte sich darauf konzentrieren, was für die Menschen wichtig ist. Ich finde es unverschämt, das öffentlich zu diskutieren und öffentlich infrage zu stellen. Das finde ich anmassend und nicht in Ordnung», erklärte er gegenüber der «Bild»-Zeitung.
In der Schweiz ist der Gehaltsverzicht der Spieler weniger ein Thema als in Deutschland – weil die Fussballer hierzulande deutlich weniger verdienen als in der Bundesliga. Viele könnten es sich wohl leisten, zumindest auf einen kleinen Teil ihres Lohns zu verzichten. Gegenüber der «Aargauer Zeitung» schätzte ein «Insider» den Durchschnittslohn in der Super League im letzten Jahr auf 15'000 Franken pro Monat – allerdings inklusive Erfolgsprämien.
GC-Sportchef Fredy Bickel erklärte heute im «Tages-Anzeiger», dass noch keiner seiner Spieler auf ihn zugekommen sei, um auf Lohn zu verzichten. Im Gegenteil: «Wir haben Spieler, die Existenzängste haben», so Bickel. «Das verstehe ich. Einige mussten schon im Sommer drastische Sparmassnahmen hinnehmen; es gibt bei uns solche, die jetzt 2000 Franken und keine Prämien bekommen.»
Über Kurzarbeit für die Spieler wollte Bickel aber nicht sprechen. «Der Lead ist beim Schweizer Fussballverband, und wir sind sehr dankbar, dass Bern das in die Hand genommen hat und eine einheitliche Lösung für alle Vereine sucht.»
Nur schon dieser Satz zeigt doch, dass viele Sportler einfach viel zu viel verdienen.
Wenigstens hilft er nun mit der Kohle anderen ...