Wenn Schweizerinnen und Schweizer etwas können, dann nörgeln. Über den Nachbarn, der die Waschmaschine besetzt. Über den Zug, der drei Minuten Verspätung hat. Und natürlich über Schweizer Sportlerinnen und Sportler. Wenn diese schlecht abschneiden, heisst es: «Ich habe ja schon immer gewusst, dass das nicht gut kommt.» Und überzeugen sie, heisst es: «Schau nur, die verkacken das schon noch.»
Auch jetzt an der Eishockey-WM. Die Schweizer Nati hat in Helsinki einen soliden Auftakt gegen Italien und ein sehr gutes Spiel gegen das unangenehme Dänemark gezeigt. Und trotzdem nörgelt ein grosser Teil der Schweizer Fans weiter.
Siege gegen Italien und Dänemark hätten noch lange nichts zu bedeuten, heisst es etwa. Oder: Die Medien seien zu euphorisch und würden der Mannschaft so Druck aufsetzen. Und diese nörgelnden Anhänger glauben auch jetzt noch, alles besser zu wissen als das Trainerteam der Nati. Das nervt.
Natürlich ist mit zwei Siegen grundsätzlich noch nichts erreicht. Aber man dürfte sich über die guten Leistungen auch einfach mal freuen. Die Schweiz war in der Lage, sich nach dem Startsieg gegen Italien in allen Bereichen zu steigern. Die Special Teams funktionieren. Das 6:0 von Denis Malgin im Powerplay gegen Dänemark war ein Gedicht. Alle vier Schweizer Linien sorgen für Torgefahr. Janis Moser, Jonas Siegenthaler und Dean Kukan bringen Stabilität. Und bei den Goalies hatte die Nati sowieso noch selten Probleme.
Um etwas korrekt einschätzen zu können, hilft manchmal eine Aussenperspektive. Die Nati hat am Sonntag beim deutschen Kommentatoren-Duo Basti Schwele und Rick Goldmann von «Sport1» mit ihrem Tempo und Zug aufs Tor für Begeisterungsstürme gesorgt. Und auch hierzulande dürfte gerne Euphorie ausbrechen. Denn es ist noch nicht lange her, dass sich die Schweiz auch gegen die vermeintlich «kleinen» Gegner deutlich stärker abmühte und gegen die «Grossen» nur mauern konnte.
Dass Euphorie von Fans oder Medien die Mannschaft ablenken oder den Druck zu stark erhöhen könnte, ist ein schwaches Argument. Das sind alles Profisportler, die können damit umgehen. Und überhaupt haben «die Medien» keinen derart grossen Einfluss auf die Köpfe der Spieler. Nur weil wir uns über die Auftritte freuen, verleiten wir die Mannschaft nicht dazu, übermütig zu werden. Das Trainer-Team wird dafür sorgen, dass keine Arroganz entsteht.
Es kann selbstverständlich sein, dass die Nati dann im Viertelfinal scheitert, was eine Enttäuschung wäre. Aber sollte es dazu kommen, bin ich viel glücklicher, wenn ich bis dahin jeden einzelnen Auftritt der Nati in Finnland genossen habe. Das ist auf jeden Fall besser, als ständig zu nörgeln.