Sein Stil wirkt ein wenig seltsam. Aber der Zweck heiligt die Mittel. Cole Hocker gelingt eine fabelhafte Schlussgerade und ihm gelingt so eine faustdicke Überraschung. Der Amerikaner wird Olympiasieger über 1500 m.
«Ein unglaubliches Gefühl», strahlte der 23-jährige Hocker. «Ich hatte das Gefühl, dass ich vom Stadion und von Gott getragen wurde. Mein Körper hat es einfach für mich getan. Mein Geist war voll da und ich habe die Ziellinie gesehen.»
Hocker gewann vor dem Weltmeister Josh Kerr aus Grossbritannien und seinem Landsmann Yared Nuguse. Das heisst auch: Topfavorit Jakob Ingebrigtsen ging leer aus. Der Norweger lief vom Start an vorne weg und wurde vom Trio noch auf der Zielgeraden überholt. Drei Jahre nach seinem 1500-m-Olympiasieg in Tokio endete der Lauf in Paris frustrierend.
Auf Instagram schrieb Ingebrigtsen, natürlich sei er enttäuscht: «Mein Team sagt immer: ‹Wer eine grosse Klappe hat und derjenige ist, den es zu schlagen gilt, hat in Wettbewerben alles zu verlieren.› Heute haben mich Cole Hocker, Yared Nuguse und Josh Kerr überlistet. Sie waren ‹die Besten›, als es wirklich darauf ankam. Und ich möchte ihnen allen zu einer tollen Leistung gratulieren!»
Seine Konkurrenten hätten eine tolle Show geboten, schrieb Jakob Ingebrigtsen weiter. Und er wurde grundsätzlich: «Es ist noch nicht lange her, da habe ich im Stadion von Sandnes zusammen mit Kindern und durchschnittlichen Läufern trainiert. Heute bin ich an der Seite einer meiner Landsleute in einem olympischen 1500er-Finale angetreten. Vor zehn Jahren hätte niemand in Norwegen geglaubt, dass dies möglich sei. Bis Henrik und Filip (Anm. d. Red.: seine Brüder) uns allen gezeigt haben, dass es möglich ist.»
Ingebrigtsen, dem viele Beobachter grosse Arroganz vorwerfen, steht heute Vormittag bereits wieder im Einsatz, dieses Mal im Vorlauf über 5000 m. Als «Glück» bezeichnete er die Tatsache, dass es gleich weiter geht.
War der Norweger schwer enttäuscht, so schwebte Olympiasieger Hocker im siebten Himmel. «Gold zu gewinnen, war das ganze Jahr über mein Ziel. Ich habe das aufgeschrieben und es mir immer wieder gesagt, selbst wenn ich nicht daran geglaubt habe.»
Dass die ganze Welt auf das Duell Ingebrigtsen vs. Kerr hinfieberte, habe ihm geholfen, betonte der Goldmedaillengewinner. «Ich habe mir gesagt: Wenn sie mich unter dem Radar fliegen lassen, dann soll es so sein. Ich denke, das war vielleicht das Beste.»
Und der Brite Kerr? Der sagte bei Eurosport, natürlich sei Gold sein Ziel gewesen. «Jetzt ist es Silber, immer noch besser als Bronze.» Er sei das schnellste 1500-m-Rennen seines Lebens gelaufen. «Aber ich wurde von einem Besseren geschlagen.» (ram)
Vielleicht klappt es ja heute mit Edelmetall.