Olympische Spiele und Belinda Bencic – das war bisher noch keine grosse Liebesgeschichte. 2016 musst die heute 24-Jährige wegen einer Verletzung am Handgelenk absagen, das Doppel mit Martina Hingis platzte. Und nun geht in Tokio der Traum vom Auftritt mit Roger Federer nicht in Erfüllung, weil der Baselbieter, der am Tag der Schlussfeier seinen 40. Geburtstag feiert, erneut am Knie verletzt ist.
Die Absage von Bencic in Rio de Janeiro hatte damals auch Auswirkungen auf Viktorija Golubic. Die Wimbledon-Viertelfinalistin war damals fürs Doppel nachnominiert worden. Nach Bencics Rückzug wurden die Karten aber neu gemischt. Martina Hingis und Timea Bacsinszky holten Silber, Golubic war daraufhin überzählig.
Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Nun kommen Viktorija Golubic und Belinda Bencic beide zu ihrem Debüt bei Olympischen Spielen, sowohl im Einzel als auch im Doppel. Allerdings unter erschwerten Bedingungen: Über Tokio wurde der Notstand verhängt, Zuschauer sind keine erlaubt. Dazu kommt ein strenges Testregime, mit dem die Athleten schon bei der Einreise in Kontakt kommen.
Am Dienstagabend Ortszeit reisten Bencic und Golubic aus der Schweiz ein. Dann war Geduld gefragt. Ganze fünf Stunden dauerte die Einreise. Erst um 01.00 Uhr erreichte die Schweizer Tennis-Delegation das Olympische Dorf. «Geschlafen habe ich aber nur eine Stunde. Ich war hellwach», sagte Belinda Bencic am Mittwoch.
Roger Federer habe sie persönlich informiert, dass er auf die Olympischen Spiele verzichte. «Natürlich war ich sehr traurig und enttäuscht, aber ich habe es sehr geschätzt, dass er mich angerufen hat. Ich weiss aus eigener Erfahrung, wie es sich anfühlt, wenn man verletzt ist. Und die Gesundheit geniesst immer oberste Priorität. Ich wünsche ihm, dass er sich gut erholt und schon bald wieder auf dem Platz steht», sagte Bencic am Mittwoch.
Die Vorfreude auf die Olympischen Spiele lässt sich Bencic weder von der Absage Federers noch vom Fehlen der Zuschauer verderben. «Für mich ist es ein Traum, der in Erfüllung geht, hier zu sein mit allen diesen Athleten und Athletinnen aus aller Welt», sagt Bencic, die mit ihrem Freund und Fitnesstrainer Martin Hromkovic ein Doppelzimmer im olympischen Dorf bewohnt.
Zimmernachbarin ist Doppel-Partnerin Viktorija Golubic, mit der sie am Mittwochnachmittag Ortszeit erstmals trainierte. Auch über die Kartonbetten im olympischen Dorf hatte Bencic nur Gutes zu berichten. «Ich habe zwar noch nicht viel geschlafen, aber ich bin lange gelegen», sagte sie. «Ich bin selber überrascht, wie bequem diese Betten sind.»
An die erschwerten Bedingungen beim Reisen hat sich Belinda Bencic längst gewöhnt. «Ich hatte in diesem Jahr schon 76 PCR-Tests, ich bin als Profi», sagt sie. Doch so umfangreich und kompliziert wie nun in Japan sei es noch nie gewesen:
Drei Tests habe sie vor Abreise machen müssen, dazu alle Dokumente vom Schweizer Olympia-Arzt unterzeichnen und die Dokumente in einer App hochladen müssen. «Ich war recht nervös, ob ich alles richtig gemacht habe», gibt Bencic zu und lobt die Unterstützung von Swiss Olympic. Gerade im Tennis verzichteten viele der Besten auf eine Teilnahme an den Olympischen Spielen, für Belinda Bencic war das keine Option. «Denn davon kann ich einmal meinen Enkelkindern erzählen.»
Seit rund zwei Jahren gehört Belinda Bencic konstant zu den Top 15 der Weltrangliste, auf einen Grand-Slam-Sieg wartet Bencic, die 2013 die Junioren-Turniere in Paris und Wimbledon gewonnen hatte, aber noch. Ungeduldig werde sie deswegen aber nicht. «Ich bin von mir überzeugt und bin in der Weltspitze. Ich kann gutes Tennis spielen und die Besten bei den grössten Turnieren besiegen. Ich bin noch nicht am Limit und habe noch nicht das Maximum meiner Karriere erreicht. Ich weiss nicht, wann meine Zeit kommt, aber es ist jeden Tag mein Traum, für den ich arbeite. Ich bin überzeugt, dass ich irgendwann belohnt werde.»
Vielleicht ja mit einer Goldmedaille bei den Olympischen Spielen in Tokio. Im Einzel findet der Final am 31. Juli statt, im Doppel am Schweizer Nationalfeiertag.