Sport
Velo

UCI löst Streit um umstrittene Bidon-Wegwerf-Regel mit Kompromiss

Switzerland's Marc Hirschi throws away a bottle of water during the ninth stage of the Tour de France cycling race over 153 kilometers (95 miles), with start in Pau and finish in Laruns, Sunday,  ...
Marc Hirschi an der Tour de France 2020 – da war so etwas noch erlaubt.Bild: keystone

Rad-Weltverband löst Streit um umstrittene Bidon-Wegwerf-Regel mit Kompromiss

15.04.2021, 09:4515.04.2021, 13:03
Mehr «Sport»

Es war der grosse Aufreger vor zehn Tagen an der Flandern-Rundfahrt. Radprofi Michael Schär warf seinen Bidon Zuschauern zu, weil die sich über so ein Souvenir freuen. Doch der Zentralschweizer wurde wegen dieser jahrelang von Fahrern durchgeführten Aktion umgehend aus dem Rennen genommen: Eine per 1. April 2021 neu eingeführte Littering-Regel sorgte für die Disqualifikation.

Darauf wandte sich Schär mit einer Botschaft an den Rad-Weltverband UCI. Darin schrieb er von seinen Erinnerungen an die Zeit, bevor er Profi geworden war. «Ich weiss es noch, als wäre es gestern gewesen», erinnert er sich an einen Ausflug mit der Familie zur Tour de France 1997. «Ich war unendlich beeindruckt von der Geschwindigkeit, die diese Fahrer auf ihren Rädern erreichen konnten. Ich wollte nichts in meinem Leben mehr als Radprofi zu werden.»

Schärs Highlight an diesem Tag: «Ich bekam eine Trinkflasche von einem Profi. Dieses kleine Stück Plastik machte meine Radsport-Sucht komplett. Ich fuhr von da an jeden Tag mit meiner gelben Team-Polti-Flasche. Jeden Tag!»

Dass man nun, viele Jahre nach Schärs Tour-Besuch, wegen eines Flaschenwurfs zum falschen Zeitpunkt gleich disqualifiziert wird, stiess in der Szene auf breite Kritik. Diese Strafe, so der Tenor, sei übertrieben hart.

Erst Gelb, dann Rot

Die UCI hat nun auf die Kritik von Fahrer, Teams, Fans und Medien reagiert. Zwar bleibt es auch nach einer Videokonferenz mit den wichtigsten Stakeholdern verboten, Bidons und Abfall ausserhalb der dafür bestimmten Bereiche wegzuwerfen. Aber wer trotzdem dabei erwischt wird, muss nicht mehr den direkten Rennausschluss befürchten.

Stattdessen gibt es, je nach Status des Rennens, eine Geldbusse in der Höhe von 100 bis 500 Franken. Dazu werden Punkte für die Weltrangliste abgezogen. Das ist gewissermassen die Gelbe Karte. Rot, also eine Disqualifikation, sieht ein Fahrer, der zum zweiten Mal erwischt wird.

In einer Rundfahrt darf man sich zwei Fehler erlauben, beim dritten Mal erfolgt der Ausschluss. Beim ersten Mal gibt es Busse und Punkteabzug, beim zweiten eine Strafminute im Gesamtklassement. Gerade wer um den Sieg einer Rundfahrt fährt, ist also gut beraten, sich weiterhin penibel ans Reglement zu halten.

«Das Wesentliche wird beibehalten»

Sinnvoll sei das Verbot nicht nur wegen der Umwelt, betonte die UCI. Sie wies auch auf Sicherheitsaspekte hin: «Es ist bewiesen, dass das Werfen von Flaschen ins Publikum gefährlich ist. Mehrmals kam es zu Stürzen, weil Bidons zurück ins Feld rollten. Auch Zuschauer, die eine Flasche abbekommen haben, wurden schon verletzt.» Man wolle zudem verhindern, dass Fans, besonders Kinder, den Fahrern zu nahe kommen. «So können Unfälle mit möglicherweise dramatischen Folgen verhindert werden.»

Der Teufel jagt alle! Der berühmteste Fan der Tour de France

1 / 21
Der Teufel jagt alle! Der berühmteste Fan der Tour de France
Der Teufel jagt Lance Armstrong den Berg hinauf.
quelle: epa afp / patrick boutroux
Auf Facebook teilenAuf X teilen

«Die UCI freut sich, dass eine für alle Parteien akzeptable Lösung gefunden werden konnte», lässt sich Präsident David Lappartient in einer Mitteilung zitieren. «Das Wesentliche wird beibehalten: Die Sicherheit der Fahrer und der Öffentlichkeit sowie die Verantwortung des Radsports der Umwelt gegenüber.»

Erstmals Ausschluss wegen verbotener Sitzposition

Die Bidon-Regel ist nicht die einzige, die Anfang April neu eingeführt wurde. Seither sind den Fahrern auch zwei Sitzpositionen untersagt. Einerseits jene, in der sie den Lenker nicht in den Händen halten, sondern sich mit den Unterarmen darauf abstützen, um eine aerodynamischere Haltung einzunehmen. Verboten ist auch der «Supertuck», bei dem die Fahrer sich in einer Abfahrt klein machen und aufs Oberrohr kauern, anstatt auf dem Sattel zu sitzen.

Diese Regel kam laut Cyclingnews gestern erstmals zur Anwendung. Beim Brabantse Pijl wurde der Niederländer Gijs Leemreize disqualifiziert, weil er eine verbotene Sitzposition eingenommen hatte. Welche es war, gab sein Team nicht bekannt. (ram)

Mehr zum Thema:

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Themen
Tour de Suisse: Die schönsten Bilder längst vergangener Zeiten
1 / 24
Tour de Suisse: Die schönsten Bilder längst vergangener Zeiten
Ein Zuschauer versucht 1960, die Fahrer der Tour de Suisse mit einem Kübel Wasser zu erfrischen.
quelle: keystone / hans-ueli bloechliger
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Eine «bescheidene» Velo-Runde mit Turkmenistans Präsident
Video: twitter
Das könnte dich auch noch interessieren:
13 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Mme P
15.04.2021 10:07registriert Juni 2020
Das mit den Bidons ist ja noch einigermassen verständlich, aber die Sitzpositionen zu bestrafen, scheint doch etwas kleinkariert. Nehme an, da geht es auch um Sicherheit, aber da gefährdet der Fahrer sich ja vor allem selber. Oder kann es mir jemand erklären?
4932
Melden
Zum Kommentar
13
Warum die NBA diesen 24-jährigen Basketballprofi lebenslang gesperrt hat
Die NBA greift hart gegen Jontay Porter durch. Der Profi hat sich an Wettbetrug beteiligt – und darf nun nie wieder in der US-Liga auflaufen.

Jontay Porter ist wegen Wettbetrugs lebenslänglich aus der nordamerikanischen Basketball-Profiliga NBA verbannt worden. Der Spieler der Toronto Raptors habe vertrauliche Informationen an Wettende weitergegeben und selbst auf NBA-Spiele gesetzt. Das teilte die Liga, die eine Untersuchung gegen den 24-Jährigen eingeleitet hatte, am Mittwoch mit.

Zur Story