Am Wochenende durften 4000 glückliche Pariserinnen und Pariser mitten auf den berühmten Champs-Élysées picknicken. Und französischer ging es nicht mehr: Für die Aktion wurde ein riesiges, 4212 Quadratmeter grosses und 216 Meter langes, rot-weiss kariertes Tischtuch ausgerollt.
Es war bereits die dritte Aktion, um der Gentrifizierung der beliebtesten Prachtstrasse von Frankreichs Hauptstadt Paris entgegenzuwirken. Sie diente zuvor auch schon als Austragungsort für das grösste Diktat der Welt und wurde zum Openair-Kino. So soll dagegen angekämpft werden, dass die Avenue zum Hotspot für Designerläden verkommt, die nur noch von wohlhabenden Touristinnen und Touristen besucht wird, sagte Marc-Antoine Jamet, der Vorsitzende des Champs-Élysées-Komittees, das den Anlass organisierte, zum Guardian.
Denn diese Gefahr besteht. So schliesst zum Beispiel das letzte Kino der Avenue, das 1937 eröffnete UGC Normandie, im nächsten Monat für immer seine Türen. Es ist bereits das dritte Kino, das in den letzten Jahren aufgrund rückläufiger Ticketverkäufe und einer, wie UGC Normandie es nannte, «signifikanten Veränderung» in der Demografie der Champs-Élysées-Besucher geschlossen wird. An die Stelle der verschwundenen Vergnügungslokale und Buch-, Platten- und Bekleidungsgeschäfte sind Luxus- und gehobene Sportgeschäfte getreten, für die eine Adresse auf der Avenue eine erhebliche Anziehungskraft ausübt – insbesondere für Touristen.
Der französische Luxuskonzern LVMH – Eigentümer von Louis Vuitton und Dior – hat nach Angaben von Immobilienmaklern mehr als 1 Milliarde Euro für seinen kürzlich erworbenen «Head Store» auf den Champs-Élysées bezahlt. Erhebungen zufolge entfällt inzwischen bis zu einem Viertel aller Besuche auf der Avenue auf Einkäufe von Luxusmarken.
Die Teilnahme am Riesen-Picknick war kostenlos, aber musste gewonnen werden. Auf jedem Quadrat des – übrigens zu 100 % aus recycelten Stoffen hergestellten – karierten Tischtuches hatte es Platz für sechs Personen. Und das Picknick am Sonntag fand gestaffelt statt, einmal um 12 Uhr und einmal um 14 Uhr. So konnten insgesamt 4000 Personen am Erlebnis teilhaben. Fürs Gewinnspiel registriert hatten sich aber ganze 273'000 Menschen.
Für die Verpflegung sorgten acht lokale Gastronomiebetriebe von Flora Danica über Ladurée und das Fouquet’s bis hin zum Café Joyeux. Alle kreierten einen eigenen, typischen Picknickkorb. (lzo)
Die Nachfrage scheint da zu sein, sonst gäbe es diese Läden nicht.