Am 19. Juli hat das französische «Assemblée nationale», das Unterhaus des Parlaments, seinen Präsidentschaftsposten neu vergeben. Traditionellerweise begrüsst dabei das jüngste Mitglied der Nationalversammlung seine Amtskolleginnen und Amtskollegen, wenn sie ihre Stimme abgeben.
Diese «Ehre» gebührte Flavien Termet. Und sie war ein schweres Los, denn der 22-Jährige gehört dem «Rassemblement national» an, Frankreichs Rechtsaussen-Partei. Und weil diese bei vielen (hauptsächlich linken Abgeordneten) äusserst unbeliebt ist, wurde aus der Ehre schnell eine Bürde. Warum siehst du im Video:
Termet wurde erst am 7. Juli in die Nationalversammlung gewählt. Seither ist er der jüngste der 577 französischen Abgeordneten. Er stammt aus den Ardennen im Nordosten Frankreichs, ist in der Bretagne aufgewachsen und sein Vater war ein Metzger. Seine Mutter nahm Kinder und Jugendliche in Not bei ihnen zu Hause auf.
In der Nationalversammlung will sich Termet an der Arbeit der Sozialkommission beteiligen. Er prangert die ungleiche Verteilung des Reichtums an und glaubt, dass man in der Wirtschaft «das Verhältnis zwischen Arbeit und Kapital neu ausbalancieren müsse».
Sein erster richtiger Tag im Parlament am 19. Juli dürfte Termet nun einiges an Selbstvertrauen gekostet haben. Während er von vielen Abgeordneten einfach ignoriert wurde, hat sich François Piquemal von der linken Partei «La France Insoumise» sogar über ihn lustig gemacht, indem er, anstatt ihm die Hand zu geben, Schere-Stein-Papier mit ihm gespielt hat. Sein Parteikollege Sébastien Delogu war weniger humorvoll und starrte ihn nur mit einem finsteren Blick nieder. Auf X (ehemals Twitter) postete er schliesslich: «Einem Rassisten die Hand geben? NIEMALS!»
Im zweiten Wahlgang wurde Termet durch seine 23-jährige Kollegin Hanane Mansouri abgelöst. Die Republikanerin fühlt sich mit dem Rassemblement National verbunden, weshalb auch ihr viele Abgeordnete nicht die Hand schütteln wollten.
Im dritten Wahlgang wurde schlussendlich überraschend die von Macron unterstützte Kandidatin Yaël Braun-Pivet als Präsidentin wiedergewählt. (lzo)