Ein Bericht der internationale Sozialbewegung Emmaus erhebt schwere Vorwürfe gegen den 2007 verstorbenen «Vater der Armen» Abbé Pierre. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.
Abbé Pierre, bürgerlich Henri Grouès, wurde mit seinem Einsatz für die Ärmsten der Armen zum sozialen Gewissen Frankreichs. Er starb 2007 im Alter von 94 Jahren. Jahrelang führte Abbé Pierre die Liste der beliebtesten Persönlichkeiten Frankreichs an. Nach seinem Tod wurde er vom damaligen Präsidenten Jacques Chirac mit dem Staatsakt geehrt.
Die von ihm selber gegründete internationale Sozialbewegung Emmaus in Paris hat letztes Jahr nach Hinweisen auf Missbrauch einer Frau durch Abbe Piérre eine Untersuchung in Auftrag gegeben. Nun liegen die Ergebnisse vor.
«Im Rahmen dieser Studie wurden Zeugenaussagen von sieben Frauen gesammelt, die über Verhaltensweisen berichten, die auf sexuelle Angriffe oder sexuelle Belästigung durch Abbé Pierre zwischen Ende der 1970er Jahre und 2005 hindeuten könnten», teilte Emmaus mit.
Eine der Frauen sei zum Zeitpunkt der ersten Taten minderjährig gewesen. Die Übergriffe hätten Mitarbeiterinnen, Freiwillige und Ehrenamtliche sowie junge Frauen aus dem persönlichen Umfeld von Abbé Pierre betroffen.
Laut der Studie müsse man vernünftigerweise davon ausgehen, dass es noch weitere Betroffene gibt, deren Zahl schwer zu schätzen sei, teilte Emmaus mit. Es werde eine anonyme Anlaufstelle für weitere mögliche Missbrauchsopfer und Zeugen übergriffigen Verhaltens durch Abbé Pierre eingerichtet.
Die Missbrauchsvorwürfe sind ein grosser Schock in Frankreich. «Diese Enthüllungen erschüttern unsere Strukturen, in denen die Figur des Abbé Pierre einen wichtigen Platz einnimmt», teilte Emmaus mit.
«Jeder von uns kennt seine Geschichte und seine Botschaft. Diese Handlungen verändern zutiefst den Blick, den wir auf einen Mann werfen, der vor allem für seinen Kampf gegen Armut, Elend und Ausgrenzung bekannt ist.»
Auch Frankreichs katholische Bischofskonferenz äusserte sich betroffen angesichts der Vorwürfe.