Das Swissair-Grounding gilt als kollektives Grounding einer ganzen Nation. Als 2001 die stolze Fluggesellschaft, die als fliegende Bank galt, zugrunde ging, gingen Schockwellen durch das Land. Denn das Image der Airline widerspiegelte die Selbstwahrnehmung der bürgerlichen Bevölkerung: Hohe Qualität, Zuverlässigkeit - und vor allem: Profit.
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Nun trifft es die Credit Suisse – und stellt alle bisherigen Firmen-Debakel in der Schweiz in den Schatten. Nur schon aufgrund der Historie: Alfred Escher gründete 1856 zusammen mit der Deutschen Kreditanstalt die Schweizerische Kreditanstalt, die heutige CS. Und, man glaubt es kaum mehr, die Bank war einst durchaus beliebt. In Erinnerung sind insbesondere ihre blau-weiss-roten Wollmützen, die sie ab Ende der 70er-Jahre produzierte und sie volksnah teils gratis verteilte.
Ihr Untergang – in welcher Form auch immer – ist ein Schlag für das Image der Schweiz im Ausland, und umso stärker für die Schweizer Selbstwahrnehmung als Bankenhochburg. Selbst wenn in Hollywood-Filmen Schurken von ihrem «Swiss Bank Account» sprachen, so schwang beim hiesigen Publikum nebst der Scham stets auch Stolz mit. Die kleine Schweiz, ganz gross.
Gross sind nun vor allem die Auswirkungen des Fiaskos. Zusammen bringen es die Credit Suisse und die UBS auf etwa 120'000 Mitarbeitende weltweit, davon rund 37'000 in der Schweiz. Es steht ausser Zweifel, dass bei einer kompletten Übernahme der CS durch die UBS enorm viele Stellen wegfallen würden. Die Nachrichtenagenturs Reuters nennt die Zahl 10'000.
Der Zürcher Finanzdirektor Ernst Stocker sagte am Freitag, die Credit Suisse beschäftige alleine im Raum Zürich rund 10'000 Mitarbeitende «in gut bezahlten Jobs», die wichtig seien für das Steuersubstrat. Laut der «NZZ am Sonntag» verhandelte der Bankpersonalverband am Samstag mit der CS. Gemäss Präsident Michael von Felten ist zu befürchten, dass nun «sehr viel mehr Stellen» auf dem Spiel stehen, als noch im letzten Herbst kommuniziert wurden. Damals gab die CS bekannt, weltweit bis 2025 rund 9000 Stellen abbauen zu wollen. «Die Lage ist dramatisch», wird von Felten zitiert. Er fordert eine Sozialpartner-Task-Force.
Am härtesten wird es Zürich treffen, die Heimat der beiden Grossbanken. Mehr als 43'000 Menschen arbeiten in der Region Zürich für eine Bank. Vier von zehn dieser Jobs sind bei der UBS und Credit Suisse. Laut einer Studie der kantonalen Volkswirtschaftsdirektion gehört Zürich «zu den bedeutendsten Finanzzentren weltweit». Die in der Region ansässigen Unternehmen, inklusive den Versicherungen, generierten 2019 etwa 44 Prozent der Wertschöpfung des Schweizer Finanzsektors und stellten 41 Prozent der Arbeitsplätze. Sowohl die Wertschöpfung als auch die Beschäftigtenzahlen übersteigen damit die der nächstgrössten Finanzplätze Genf einschliesslich der Waadt, beider Basel und des Tessins zusammen.
Der relative Beitrag des Finanzsektors zur regionalen Gesamtwirtschaft ist laut der Studie auch im internationalen Vergleich sehr hoch und lag 2019 höher als in den globalen Top-Finanzzentren New York, London oder Singapur.
Die Stellen sind das eine. Doch ein Ende der Credit Suisse wird weitere Folgen haben. Denn die Grossbank ist eine Sponsoring-Macht. Viele Verträge werden wohl auch bei der Kreation einer neuen, viel grösseren Bank weiterlaufen, möglicherweise unter anderem Namen. Manche hingegen drohen obsolet zu werden. Eine Auswahl der CS-Engagements, deren Zukunft plötzlich in den Sternen steht:
Seit 1993 ist die Credit Suisse Hauptsponsorin des Schweizerischen Fussballverbands (SFV) und Partnerin aller U- und A-Nationalteams sowohl der Frauen als auch der Männer. Ihr Logo prangt auf den Leibchen von Torhüter Yann Sommer wie auch von Stürmerin Ramona Bachmann. Demnächst feiert die CS die 30-jährige Partnerschaft mit einer SRG-Serie namens «The Pressure Game» - ein Titel, der auch zu den letzten Monaten der Grossbank passt.
Zudem ist die CS Partnerin Golf-Turniers in Crans-Montana, des «White Turfs»-Reitsportanlass in St. Moritz, von Oldtimer-Autoveranstaltungen und des Laver Cups, dem von Roger Federer gegründeten Tennis-Turniers, an dem er vergangenes Jahr seinen letzten Auftritt hatte. Die lebende Tennis-Legende ist seit vielen Jahren Markenbotschafter der Credit Suisse. Er stehe für alles, was die Bank ausmacht, schreibt diese auf ihrer Website. Dazu gehörten Weltklasse, starke Werte, Zielstrebigkeit und beständiges Streben nach überdurchschnittlicher Leistung. Ob Federer dies umgekehrt auch so sieht?
Nebst dem Sport hat die Credit Suisse auch einen grossen Fussabdruck in der Kultur. Seit 1996 ist sie Partnerin des Kunstmuseums Bern und unterstützt jährlich eine Ausstellung als Hauptsponsor. Seit längerem unterstützt sie die Fondation de l'Hermitage in Lausanne, das Stapferhaus in Lenzburg sowie die Kunsthäuser Basel und Aargau. Und bereits seit 1991 arbeitet sie mit dem Kunsthaus Zürich zusammen. Die CS ist jeweils Hauptsponsorin der Jahreshauptausstellung.
In England ist die CS zudem seit 2008 Partnerin der National Gallery, in der Exponate der berühmtesten westlichen Maler wie Van Eyck, Raffael, Leonardo da Vinci, Turner, Rembrandt, Cézanne oder Van Gogh ausgestellt sind.
Seit den 80er-Jahren ist die Credit Suisse Partnerin des Tonhalle Orchesters Zürich sowie des Opernhaus Zürich. Bei letzterem unterstützt sie jeweils zwei Neuinszenierungen pro Saison. Seit 1993 ist sie zudem Hauptsponsorin des Lucerne Festivals. Dabei unterstützt sie die Konzerte der Wiener Philharmoniker sowie das «Lakeside Symphony», das Public Viewing auf der Grossleinwand im Rahmen des Eröffnungskonzerts. Und sie fördert internationale und Schweizer Nachwuchstalente. In der Westschweiz vergibt sie Gelder an das Orchestre de la Suisse Romande. Zu weiteren Empfängern in der Musik gehören das Musikkollegium Winterthur, die St. Galler Festspiele, das Beijing Music Festival und das Sydney Symphony Orchestra.
Wenn im Herbst jeweils Hollywood-Stars wie Sylvester Stallone, Sharon Stone und Hugh Jackman in die Limmatstadt reisen, ist das auch eine grosse Werbebühne für die Credit Suisse. Denn sie ist seit dem Start im Jahr 2007 Hauptpartnerin des Zurich Film Festivals. Dieses wurde mitbegründet von Nadja Schildknecht, der Partnerin des einstigen CS-Verwaltungsratspräsidenten Urs Rohner.
tss
Haarspalter
„Ski-Star Roger Federer ist Markenbotschafter der Credit Suisse“
Er ist schon ein Tausendsassa, der Roger!
Überdimensionierte Riesenshrimps aka Reaper
Ist er also das Gesicht dieses Ski Tennis wo Spielerinnen und Spieler mit 100 Sachen einem Parallelen Netz entlang fahren Tennis spielen? 🤨