Wirtschaft
Coop

260 Prozent teurer: Preisvergleich zwischen Coop und Aldi irritiert

Varta-Batterien
Varta-Batterien gibt es in der Schweiz zu unterschiedlichen Preisen zu kaufen. Zuletzt warb Aldi für ein 5er-Pack à 4.99 Franken, während der gleiche Artikel bei Coop 17.95 Franken kostet.bild: benjamin weinmann

260 Prozent teurer: Preisvergleich zwischen Coop und Aldi wirft Fragen auf

Der Schweizer und der deutsche Detailhändler warben zuletzt für eine Aktion von Varta-Batterien. Doch der Unterschied ist massiv.
27.11.2024, 06:2527.11.2024, 06:31
Benjamin Weinmann / ch media
Mehr «Wirtschaft»

«2 für 1» lautete die Aktion, mit der Coop in den vergangenen Tagen versuchte, die Konsumenten zum Kauf einer Varta-Knopfzellenbatterie zu animieren. Ein solches Doppelpack klingt schliesslich verlockend. Der Preis für total 10 Batterien: 17.95 anstatt 35.90 Franken. Ein Schnäppchen, dürften sich viele Kunden gedacht haben.

Nur: Diese Schlussfolgerung muss angezweifelt werden, wenn man einen kürzlich erschienenen Aldi-Prospekt zur Hand nimmt. Mitte Oktober warb der deutsche Discounter im Rahmen einer Aktion während einiger Tage für die gleichen Varta-Batterien im 5er-Pack – Typ CR2032. Der Preis bei Aldi: 4.99 Franken. Bei Coop sind die Batterien zum Normalpreis also 260 Prozent teurer als in der Aldi-Aktion.

Detailhändler werben bei Aktionen in der Regel mit Rabatten im zweistelligen Bereich, oft bis maximal 50 Prozent. Aber ein Preisunterschied von 260 Prozent?

Das Argument des Sortimentsartikels

Coop-Sprecher Caspar Frey will den Aktionspreis von Aldi nicht kommentieren. Er könne nur für die Batteriepackung bei Coop sprechen. Dabei handle es sich um einen «Sortimentsartikel». Sprich: Er ist ständig erhältlich, obwohl er nicht gleich oft gekauft wird wie eine Cola-Flasche oder ein Liter Milch und den Händler somit mehr kostet.

Bei einer Aktion hingegen kann ein Händler eine beschränkte Anzahl Produkte inklusive Mengenrabatt bestellen und sie so mit einem Abschlag während einer kurzen Zeit anbieten, ohne ständig ein entsprechendes Regal dafür freihalten zu müssen. Mit dem Nachteil aus Konsumentensicht, dass der Artikel nicht jederzeit verfügbar ist.

«Wir prüfen unsere Verkaufspreise fortlaufend und nehmen bei Bedarf Anpassungen vor.»
Coop-Sprecher Caspar Frey

Von einer Täuschung der Konsumenten will Coop-Sprecher Frey bei der «2 für 1»-Aktion nicht sprechen. Die Bezeichnung sei korrekt. Auf die Frage, ob Coop auf den grossen Preisunterschied reagiert, sagt er: «Wir prüfen unsere Verkaufspreise fortlaufend und nehmen bei Bedarf Anpassungen vor.»

Unterschiedliche Preise bei Konkurrenz

Bei der Konkurrenz zeigt sich kein einheitliches Bild. Die Migros-Tochter Digitec verkauft dasselbe 5er-Pack sogar für 4.43 Franken, also noch günstiger als Aldi. Allerdings müssen mindestens vier Stück gekauft werden. Bei Brack kostet der Artikel derweil 24.90 Franken. Und bei Apfelkiste.ch kosten die Varta-Batterien 8.95 Franken.

Auf Anfrage heisst es bei Aldi, die genaue Menge der pro Filiale verfügbaren Batterien habe je nach Standort und geschätzter Nachfrage variiert. Ähnliche Angebote könnten je nach Verfügbarkeit und Planung mehrere Male im Jahr stattfinden, jedoch immer in begrenztem Zeitraum und Stückzahl.

Grösste Margen Europas?

Fakt ist, dass die Bruttomargen von Migros und Coop immer wieder im Fokus stehen. 2017 kam eine Auftragsstudie des Schweizer Markenartikelverbandes Promarca zum Schluss, dass die beiden orangen Riesen gar die grössten Bruttomargen Europas aufweisen würden. Dem Verband gehören die wichtigsten Partner der Händler an, wie Nestlé, Emmi oder Coca-Cola.

Migros und Coop verwiesen damals darauf, dass sie viele Produkte in eigenen Fabriken herstellten. Diese müssten generell mit einer höheren Bruttomarge wirtschaften. Ein weiterer Punkt sei die Kostenstruktur in der Schweiz mit höheren Löhnen und Mieten. Beide Händler betonten zudem die steigende Konkurrenz im Ausland und im Internet, was zu einer Wettbewerbsverschärfung geführt habe.

Allerdings: 2021 analysierten die beiden Westschweizer Publikationen «Le Temps» und «Heidi.news» aufgrund von geleakten Daten in Bezug auf die Preise von Molkereiprodukten. Auch hier lautete das Verdikt, dass Migros und Coop die höchsten Margen Europas aufweisen würden.

Die Erklärung des Aldi-Chefs

Aldi-Suisse-Chef Jérôme Meyer hatte zuletzt im Interview mit der «SonntagsZeitung» eine einfache Erklärung für die Preisunterschiede parat – und nahm die orange Konkurrenz indirekt in Schutz.

«Wenn jemand glaubhaft machen will, dass man ein grosses Sortiment günstig anbieten kann, dann ist das aus meiner Sicht Magie.»
Aldi-Suisse-Chef Jérôme Meyer.

Ein Supermarkt wie Coop und Migros sei etwa 30 Prozent teurer als die Discounter. Das sei «logisch» und «reine Mathematik». Denn die tieferen Preise seien bei Discountern nur dank des beschränkten Sortiments möglich.

«Wenn jemand glaubhaft machen will, dass man ein grosses Sortiment günstig anbieten kann, dann ist das aus meiner Sicht Magie», sagt Meyer. Mit einer kleineren Auswahl, wie sie die Discounter haben, seien die Verteilkosten tiefer, die Arbeitsabläufe effizienter, die Mengen pro Artikel grösser und dadurch die Einkaufspreise tiefer.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Diese 10 Probleme kennen wir alle beim Einkaufen
1 / 15
Diese 10 Probleme kennen wir alle beim Einkaufen
Was du einkaufen möchtest.
quelle: watson
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Food-Influencerin dreht im Coop durch vor Begeisterung
Video: instagram
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
333 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Le French
27.11.2024 06:46registriert Juli 2019
Anderes Beispiel und zwar keine Aktion: Gestern einen Nicorette Spray gekauft in einer Apotheke in Zürich. 1 Stück für 62 Fr. Da ich am Donnerstag in Deutschland bin, habe ich kurz geprüft, was die dort kosten. 45 Euro für 2 Stück!! Der Spray kostet in der Schweiz also fast 3x soviel wie in Deutschland! Dieser Preisunterschied lässt sich mit gar nichts erklären, ausser mit "die Schweizer haben es ja, also holen wir es uns auch"! Ich verstehe jeden, der grenznahe wohnt und regelmässig über die Grenze einkaufen geht.
44727
Melden
Zum Kommentar
avatar
Puki
27.11.2024 06:51registriert August 2019
"...die beiden orangen Riesen gar die grössten Bruttomargen Europas aufweisen würden"

Und trotzdem werden sie weiterhin die Abzocke rechtfertigen, auf "Aktionen" reinfallen und alle anderen Meinungen niederblitzen, die Jünger des orangen Duopols. Es lebe die Lobbyverseuchte Hochpreisinsel
25352
Melden
Zum Kommentar
avatar
rundumeli
27.11.2024 06:42registriert April 2014
Coop sagt : «Wir prüfen unsere Verkaufspreise fortlaufend und nehmen bei Bedarf Anpassungen vor.»

Und ich sag : Viele Coop - Konsumenten sind zu bequem für Preisvergleiche ... gibt's wenig Bedarf zur Anpassung ;-)
16924
Melden
Zum Kommentar
333
Warum die Krankenkassen Millionen für Werbung ausgeben – und nichts für Treue-Rabatte
Jährlich wechseln Hunderttausende Schweizerinnen und Schweizer ihre Krankenkasse, um Geld zu sparen. Viele fragen sich deshalb immer wieder: Warum wird Treue nie belohnt? Und ist das viele Wechseln nicht ineffizient? Ein Gespräch darüber, wie der spezielle Markt der Krankenversicherer eigentlich funktioniert.

Auch in diesem Jahr werden wieder Hunderttausende Versicherte in der Schweiz ihre Krankenkasse wechseln. Die Zahlen variieren je nach Quelle stark. Was kann man über den Trend sagen?
Felix Schneuwly:
Generell kann man sagen: je stärker der Prämienanstieg, desto mehr Menschen wollen den Anbieter wechseln. Gleichzeitig sind aber die Unterschiede in den Prämien zwischen den Kassen in diesem Herbst geringer als noch vor einem Jahr. Daher kann es sein, dass die Menschen zwar eine Wechselabsicht zeigen, nach einem Vergleich aber dann doch merken: So viel gibt es gar nicht zu sparen.

Zur Story