Knall bei Manor: Wie die grösste Schweizer Warenhauskette am Mittwochmorgen per Communiqué bekannt gibt, kommt es zu einem Chefwechsel. Jérôme Gilg gibt seinen Posten nach vier Jahren ab. Er macht per 1. Februar - also praktisch per sofort - Roland Armbruster Platz machen. Dieser stand zuletzt der italienischen Warenhauskette Gruppo Coin vor und hat laut Communiqué «über 20 Jahre profunde Erfahrung im Detailhandel». Zu seinen Karriere-Stationen gehören Warenhaus-Gruppen wie Kadewe, Karstadt, De Bijenkorf und Breuninger.
Die Nachricht erfolgt nur wenige Tage, nachdem Gerüchte publik wurden, wonach die 59 Manor-Warenhäuser zum Verkauf stehen und es laut der «Handelszeitung» gar demnächst zu einem Mega-Deal kommen könnte. Als potenzieller Käufer wurde Coop gehandelt (CH Media berichtete).
Die Medienmitteilung lädt ein zu Spekulationen. Denn Gilg gilt als langjähriger Zögling der Manor-Inhaberfamilie Maus aus Genf. Vor seiner Ernennung zum Manor-Chef leitete er im Auftrag der Familienfirma Maus Frères die Baumarktkette Jumbo . Doch im Communiqué wird sein Wirken praktisch nicht gewürdigt. Einzig von einer «erfolgreichen 20-jährigen Laufbahn in der Maus Frères-Gruppe» ist die Rede. Mehr nicht.
Somit stellt sich die Frage: Kam es zwischen Gilg und der Konzernführung mit dem französischen CEO Thierry Guibert und dem Genfer Präsidenten Didier Maus zum grossen Knall? Waren die beiden mit Gilg, der in der Branche einen Ruf als agiler, anpackender Chef geniesst, nicht zufrieden?
Fakt ist, dass sich Manor seit Jahren im Krebsgang befindet, keine Umsatzzahlen mehr kommuniziert und Stellen hat abbauen müssen. Nebst der stetig grösser werdenden Online-Konkurrenz im In- und Ausland kam die Corona-Krise hinzu.
Zwar hat Gilg versucht, Manor digital besser aufzustellen und den Onlineshop zu einem Marktplatz à la Digitec Galaxus und Amazon umzugestalten, auf dem auch Dritte ihre Waren feilbieten können. Allerdings haben die Kostensenkungen negative Spuren beim Personal hinterlassen. Zuletzt äusserten mehrere Angestellte scharfe Kritik (CH Media berichtete).
Offenbar gelang dies zu wenig aus Sicht von Guibert und Maus. Denn in der Mitteilung heisst es, dass Armbruster die Aufgabe haben werde, «die Differenzierung und Attraktivität von Manor in der Schweiz weiter zu stärken». Neben der Angebotsentwicklung werde auch der Ausbau der Digitalisierung und die Vereinfachung von Prozessen zu seinen Prioritäten gehören. Ziel sie es, mehr Agilität zu schaffen und den Service für die Kundinnen und Kunden weiter zu verbessern.
Guibert schliesst im Schreiben mit einem Bekenntnis zur Warenhausgruppe: Die Transformation bei Manor werde weiter vorangetrieben, denn es handle sich um «ein über 100-jähriges Unternehmen, welches einen ganz besonderen Platz in unserer Gruppe und in der Schweizer Handelslandschaft einnimmt.» Ob er damit die Nervosität bei den Angestellten lindern kann, ist eine andere Frage. Denn Guibert verfolgt in erster Linie eine Strategie mit teuren Mode-Marken. Zum Portfolio gehören unter anderem Lacoste, Gant und The Kooples.
Zur Zukunft von Gilg schreibt Manor nichts - und bietet damit Raum für Spekulationen. Denn in der Schweizer Detailhandelswelt gibt es derzeit gleich zwei Top-Jobs bei der Konkurrenz zu vergeben. Migros-Chef Fabrice Zumbrunnen tritt im Frühling ab. Und gleichzeitig ist der orange Riese daran, eine grosse Reform aufzugleisen, mit einer Ausgliederung des Supermarktgeschäfts, welches ebenfalls einen Chef oder eine Chefin benötigen wird (CH Media berichtete).
Gilg könnte mit seinem CV als externer Kandidat für das Findungsgremium der Migros durchaus eine Option sein. Er kennt die Schweizer Detailhandelslandschaft in- und auswendig. Als Jumbo-Chef lernte er das Fachmarktgeschäft, als Manor-CEO das Food- und Non-Food-Business. Zudem spricht der in Zürich wohnhafte Romand fliessend Deutsch.
Wäre schade, wenn Manor zu einem Möchtegern-Globus werden würde. Qualitativ sehr gute Ware zu akzeptablen Preisen war immer das, was Manor ausmachte.