Mit dem einen Kartengiganten fand die Wettbewerbskommission (Weko) rasch eine Lösung. Seit vergangenem Sommer darf Mastercard bei Debitkarten nur noch eine sogenannte Interchange-Gebühr von 0,12 Prozent erheben. Es handelt sich dabei um eine Abgabe, die über die Händler zu den Banken fliesst. Diese verwenden die Einnahmen dazu, in die nötige Infrastruktur zu investieren und Innovation zu fördern (siehe Grafik).
Weniger kooperativ zeigte sich Visa, der zweite weltweit tätige Kartenriese. Er wollte sich nicht auf das Niveau der Konkurrenz begeben und wehrte sich juristisch. Das Unternehmen befürchtete einen «deutlich spürbaren wirtschaftlichen Nachteil, sofern ohne Beteiligung von Visa am Markt Fakten geschaffen oder langfristig nicht tragbare Interchange-Fees vereinbart würden». Aktuell liegt der Interchange-Satz für Visa-Debitkarten bei durchschnittlich 0,20 Prozent.
Nun ist Visa vor dem Bundesgericht abgeblitzt. Der Konzern wollte erreichen, dass seine aktuellen Gebühren als zulässig gelten, bis die Untersuchung der Weko abgeschlossen ist. Zudem wollte sich der Konzern von allfälligen Sanktionen befreien lassen.
Visa beklagte, die Rechtsunsicherheit mache die eigenen Produkte weniger attraktiv. Die unterschiedlichen Akteure innerhalb des Zahlungssystems könnten statt Visa-Karten die Angebote der Konkurrenz verwenden. Das sei ein «nicht wiedergutzumachender Nachteil». Die Richter fanden in ihrem Urteil vom 4. Dezember diese Argumentation allerdings «nicht stichhaltig». Den meisten Konsumenten sei nicht bewusst, welche Gebühren innerhalb des komplexen Zahlungssystems verrechnet werden. Hier drohten also keine Marktanteilsverluste.
Das Bundesgericht weist weiter darauf hin, dass die die Interchange-Gebühr nicht an die Kartenfirmen als Lizenzgeber fliessen, sondern diese von den Händlern bezahlt wird – und damit indirekt von den Konsumenten. Wenn überhaupt könnten sich die Händler dazu veranlasst sehen, Mastercard-Karten oder Lösungen wie Twint zu bevorzugen. Doch auch hier sieht das Gericht kein Problem. Denn der von Visa bemängelte Wettbewerbsnachteil bliebe auch dann bestehen, wenn die Wettbewerbshüter den höheren Visa-Satz bis zum Abschluss ihrer Ermittlungen akzeptieren würden. «Es würde Visa im Verhältnis zum Handel nicht helfen», hält das Gericht fest, «die Händler könnten trotzdem auf eine günstigere Alternative ausweichen.»
Für die Banken, die Debitkarten in Umlauf bringen, seien höhere Interchange-Gebühren gar attraktiver, argumentieren die Juristen. Denn sie profitieren schliesslich direkt als Kartenherausgeber von der Abgabe. Hier könne Visa gar Marktanteile gewinnen. Weil das Bundesgericht insgesamt «keinen nicht wiedergutzumachenden Nachteil» erkennen konnte, beschloss es, gar nicht auf die Beschwerde von Visa einzutreten.
Der Kartenkonzern verhandelt derzeit weiter mit den Wettbewerbshütern über eine einvernehmliche Lösung. Entsprechende Gespräche liefen, heisst es bei der Weko auf Anfrage. Noch im August war Visa «zuversichtlich», sich bald mit der Weko zu finden. Offenbar dauert es nun doch länger.
Im Rahmen ihrer Untersuchung prüft die Weko, welcher Gebührensatz vertretbar ist. Einer eingehenden Analyse kann sich Visa entziehen, wenn sich beide Parteien einvernehmlich einigen. Ansonsten kann die Weko den Prozentsatz einseitig verfügen. Es könne sich aber auch herausstellen, dass die durch Visa angewandten Sätze zulässig seien, so die Weko. Dann würde die Verfügung eingestellt. Unabhängig vom Ergebnis kann der Weko-Entscheid erneut bis vor Bundesgericht angefochten werden.
Ein triftiger Grund mehr, immer Bargeld zur Verfügung zu haben.