Im simbabwischen Imire-Reservat lebt eine Elefantenkuh mit dem Namen Nzou. Das Wort stammt aus der Bantusprache Shona und heisst einfach nur Elefant. Damit Nzou nicht ganz vergisst, was sie ist. Denn seit sie mit zwei Jahren verwaiste, lebt sie in einer Büffelherde.
Heute ist Nzou 48 Jahre alt – und hat schon 16 Büffelbullen erledigt. Sie hat sie auf ihre Stosszähne genommen, um sie dann schwungvoll auf die Erde zu werfen und so lange auf sie draufzustehen, bis sie sich nicht mehr rührten.
Nanu? Erst wird Nzou von lieben Büffeln aufgenommen und grossgezogen und dann sowas?
Ja.
Aber nicht, weil sie eine dumme Kuh ist, sondern weil sie eine Elefantenkuh ist. Und als solche ist sie von Natur aus eine Matriarchin. Sie will die Herde anführen, so wie sich das für ihre Spezies gehört.
Männliche Elefanten trennen sich im Alter von etwa zwölf Jahren freiwillig von ihrer Herde. Das Familienleben langweilt sie, sie wollen lieber mit ihren Altersgenossen herumtollen und dem aggressiven, durch einen heftigen Testosteron-Schub ausgelösten Gehabe der älteren, voll in der Musth stehenden Elefantenbullen nacheifern. Pubertät eben.
Und gut für die Weibchen, die nun ihre ganze Kraft für ihren Nachwuchs benötigen, den sie 22 Monate lang in ihren grauen, runzligen Bäuchen tragen.
Nun ist es aber so, dass Nzou in einer Büffelherde lebt. Und der Lifestyle dieser Tiere ist etwas anders. Zwar wird eine Büffelherde auch von dominierenden Weibchen angeführt, doch wird sie immer mal wieder von einzelnen Männchen oder ganzen Junggesellengruppen beehrt. Und dann sind da noch die die Herde flankierenden Massnahmen Bullen – die schwierigsten von allen.
Denn diese Büffeljungs fechten andauernd Dominanzkämpfe aus – da ist von morgens bis abends Kopframmen angesagt. Wer gewinnt, bekommt das Paarungsvorrecht.
Nur nützt dieses dem Sieger herzlich wenig, weil nicht sein erfolgreiches Gezanke darüber entscheidet, sondern allein die Übermutter Nzou. Und sie sagt zu jedem Bullen nein. Sie kennt keine Ausnahme. Niemand begattet ihre Büffelkühe. Ihre kleinen Schützlinge. Und wer es versucht, dem ergeht es schlecht.
R.I.P., 16 Büffelbullen.
Da dies auf die Dauer zu einem ordentlichen Ausfall von Nachwuchs führen würde, sorgen die Wildpark-Ranger in Imire nun dafür, dass sich die Büffel des Nachts in einem Stall, fernab der lustfeindlichen Matriarchin, ihren Reproduktionsfreuden hingeben können.
Wenn die Büffelkühe dann geboren haben, bleiben sie und ihre Kälblein noch eine Weile von der Elefantenkuh getrennt, bis man sie allesamt wieder in die Herde zurückschmuggelt in der bangen Hoffnung, Nzou bemerke den Betrug nicht.
Die Elefantenkuh scheint durch ihr Leben als Transbüffel geradezu zur Paarungsfeindin mutiert zu sein. Gemeinhin feiern nämlich Elefantenherden den Akt geradezu ausschweifend: Während die begattete Kuh Grunzlaute im niedrigen Frequenzbereich abgibt, trompeten die anderen fröhlich dazu und lassen zur Feier des Tages auch ein bisschen Kot und Urin ab. Das Ganze nennt sich dann «Paarungspandemonium».
Vielleicht passt Nzou nicht, dass die männlichen Büffel die Fortpflanzung mit ihren albernen Kämpfen regeln. Vielleicht ist sie dafür allzu sehr Elefantendame. Denn diese suchen ihre Sexualpartner selbst aus.
Nzou lässt auch keine elefantösen Rufe im Infraschallbereich mehr ertönen, um Männchen anzulocken. Das wissen die Ranger, weil im Reservat auch zwei Elefantenbullen leben. Und hätten diese solch süsse Töne vernommen, wären sie im Nullkommanichts und jegliche Hindernisse niedertrampelnd angerannt gekommen.
Doch Nzou schweigt. Und ignoriert mit bewundernswert kompromissloser Gleichgültigkeit auch das verzweifelte Musth-Grollen ihrer beiden männlichen Artgenossen.
Es scheint, als wäre ihr in den 46 Jahren mit den für sie nicht paarungskompatiblen Büffeln das biologische Rüstzeug für das Liebesspiel abhanden gekommen.
Vielleicht ist Nzou aber auch einfach zu alt für das ganze Liebes-Getändel – «Nimm mich, ich habe die dicksten Eier! Nein, mich, ich habe die längsten *wackelwackel*!» – und hat sich irgendwann gesagt: «Ach, haut doch alle ab.»