Oldtimer sind beliebt wie nie: Mehr als 700'000 Autos mit einem Alter von mehr als 30 Jahren seien in Deutschland zugelassen, berichtet das Kraftfahrt-Bundesamt. Aus technischer Sicht spricht das für die Langzeitqualität einiger Pkw. Aus emotionaler Sicht beschwören alte Fahrzeuge das Lebensgefühl vergangener Dekaden und beamen ihre Besitzer in ihre Kindheit oder Jugend oder sogar noch weiter zurück.
Sobald die Zulassung mehr als 30 Jahre zurückliegt, dürfen Autobesitzer in Deutschland ein begehrtes H-Kennzeichen beantragen, das Historienkennzeichen. Es erklärt Klassiker zu technischem Kulturgut, das einige Privilegien geniesst. Allerdings muss zuvor ein Gutachten einen weitgehend originalen und guten Zustand des alten Autos bescheinigen.
2024 wird ein Jahr der besonders bunten Zuwächse: Neben Cabriolets – die übrigens fast 30 Prozent aller Oldtimer auf deutschen Strassen ausmachen – sorgten 1994 frühe Cross-over-Typen wie der Toyota RAV4 Funcruiser und Familienvans japanischer und europäischer Hersteller für Furore. Die ersten Exemplare werden jetzt zum Oldtimer. Legendär sind etwa die Eurovans von Citroën (Evasion), Fiat (Ulysse), Lancia (Zeta) und Peugeot (806). In der Mittelklasse konkurrierten Renault Laguna und Audi A4 (B5) in rundlichen Formen, in der kleinen Klasse garantierten Opel Tigra Coupé und der erste BMW 3er Compact (E36) Coolness.
Tempo lag 1994 im Trend, wie die neuen Ferrari-Modelle F355 und F512 M und das zügig ausgebaute Portfolio des erfolgreichen Porsche 911 (993) oder das erste BMW M3 Cabrio sowie der Volvo 850 T-5R als bis dahin schnellster Schwede andeuteten. Sport und Ford, dafür stand der technisch nachgeschärfte Escort RS Cosworth. Ansonsten stiess der Kölner Volumenhersteller vor 30 Jahren auf Verwunderung, als der finale Scorpio in schwülstig rundlicher Form mit Glupschaugen und Fischmaul gegen den ebenfalls neuen Opel Omega (B) antrat. Was noch keiner ahnte: Obwohl in diesem Duell nach Verkaufszahlen Sieger, gab der Omega ebenfalls seinen Abschied. Dagegen bewarb Lancia seine klar gezeichnete Kappa-Limousine als «Granturismo in Vollendung», letztlich überzeugte aber auch dieser Businessliner zu wenige Käufer.
Europa wuchs 1994 dichter zusammen: Der Eurotunnel zwischen Calais in Frankreich und Folkestone in England wurde eröffnet, Ungarn stellte den Antrag auf Beitritt zur Europäischen Union, und in Österreich und Schweden entschieden sich die Menschen via Volksabstimmung für den EU-Beitritt. Mit der technisch aufgefrischten Sechszylinder-Limousine Volvo 960 nahm der Göteborger Autobauer europaweit einen neuen Anlauf im Rennen um die Parkplätze vor politischen Machtzentralen und Konzernpalästen. Dort allerdings dominierten weiterhin nationale Prestigesymbole sowie V8 und V12 süddeutscher oder britischer Provenienz. «Den Weltklasse-Standard für Luxuslimousinen neu definieren» wollten Jaguar und Daimler mit XJ-Serie und Double Six. Das gelang ihnen jedoch lediglich im Umfeld von Downing Street 10, wo der pro-europäisch eingestellte Premier John Major regierte.
Hierzulande blieb Helmut Kohl bei der zweiten Bundestagswahl nach der deutschen Wiedervereinigung Kanzler einer CDU/CSU-FDP-Koalition – und seiner Mercedes S-Klasse (W 140) treu. Das grosse Facelift 1994 zielte darauf ab, das Flaggschiff etwas graziler wirken zu lassen. Damit konterte die Marke mit dem Stern zugleich den Lexus LS zweiter Generation, vor allem aber die dritte Auflage des BMW 7ers (E38). Für Kenner verbindet das BMW-Flaggschiff Eleganz mit Hightech (erste europäische Limousine mit integriertem Navi).
Stichwort Hightech: Mit dem A8 verankerte sich 1994 auch Audi endgültig in der Luxusklasse. Der bis zu 5.16 Meter lange, aber schlank gezeichnete A8 – Nachfolger des glücklosen V8 – brillierte als erste Oberklasselimousine mit leichtgewichtiger Aluminiumkarosserie sowie Allradantrieb.
Aber welche Volumenmodelle waren die Trendsetter des Jahres 1994? Allen voran Kleinwagen wie der VW Polo, der in dritter Generation grösser wurde als ein Golf I. Aber auch der Skoda Felicia fand Anerkennung als erste tschechische Entwicklung nach dem Einstieg des VW-Konzerns. Der Hyundai Accent überraschte als erster kompakter Exportbestseller «Made in Korea» und der Mazda 323 F als kleiner Fünftürer in Coupéform. Auch beim Allradantrieb fuhr Nippon weiterhin vorn: Der erneuerte Subaru Legacy war auf dem Weg zum meistgebauten 4x4-Pkw aller Zeiten, der frische Toyota Celica Turbo 4WD triumphierte als unschlagbarer Rallye-Weltmeister, und die Geländewagen-Verkaufscharts wurden ohnehin von Suzuki, Nissan & Co dominiert.
Emotionen weckte Alfa Romeo, denn die Marke verstand es auch unter Fiat-Regie, unverwechselbare Modelle mit sportiver Note zu präsentieren. Etwa die von Ermanno Cressoni gezeichneten kompakten Typen Alfa 145 und 146 oder die bei Pininfarina entworfenen Parallelmodelle GTV und Spider.
Die Sommerhits 1994 wie «Cotton Eye Joe» von Rednex oder «Without You» von Mariah Carey erklangen häufig aus neuen viersitzigen Verdeckträgern: vom winzigen Fiat Punto über den Peugeot 306 als vorerst letztes von Pininfarina in Italien gebautes Cabrio bis zum klassischen Mercedes E200 (W 124). Nicht zu vergessen das neu aufgelegte Saab 900 Cabrio, das bis heute in TV-Filmen und Werbespots automobile Hauptrollen besetzt.
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