Die wiederholte Anspannung der Kaumuskulatur, die sich in Zähneknirschen und Zähnepressen äussert, wird medizinisch Bruxismus genannt. Zahnärzte unterscheiden, ob das Phänomen im Wachzustand auftritt (Wachbruxismus) oder während des Schlafs (Schlafbruxismus). Dann steht der ganze Körper «unter Druck» – auch das Gebiss.
Etwa 20 Prozent der Deutschen (und wohl auch Schweizer) knirschen mit den Zähnen, pressen die Zähne fest aufeinander, spannen die Kaumuskulatur an oder verschieben den Unterkiefer ohne Zahnkontakt. Meist sind die unbewusste Anspannung und Bewegung der Kaumuskulatur ein Stress-Symptom. Der Zahnarzt erkennt nächtliches Zähnepressen unter anderem an Zahnabdrücken am Zungenrand oder an den Innenseiten der Wangen. Auch die Kaumuskulatur kann stärker ausgeprägt sein. Verstärktes Zähneknirschen zeigt sich zudem irgendwann durch Zahnschäden: Die Kauflächen sind zunehmend abgerieben, Zahnstücke können abbrechen, die Zähne feine Risse zeigen oder sich lockern.
Nicht selten wachen Betroffene mit nächtlichem Zähneknirschen auf – oder ihre Partner. Reagieren die Zähne auf Kälte, Hitze, Süsses oder Saures plötzlich empfindlich, kann das ein erster Hinweis auf Bruxismus sein. «Durch das ständige Zähneknirschen wird mit der Zeit der Schmelz abgetragen und dadurch liegt das Zahnbein frei», erklärt Dr. Lena Schlender, Zahnärztin bei Carree Dental in Köln.
Besonders in Belastungssituationen mit Stress und emotionalem Druck, verstärkt sich auch die Aktivität der Kaumuskulatur. Die Betroffenen beissen sprichwörtlich die Zähne zusammen. Als Ursachen von Zähneknirschen und Zähnepressen stehen im Vordergrund:
«Warum erhebliche psychische Anspannungen die primäre Ursache für Zähneknirschen sind, ist einfach erklärt: Wer unter Stress steht, spannt automatisch die Muskulatur stärker an, vor allem im Kiefer und Gesichtsbereich, im Nacken, in der Schulter und im Rücken. Das geschieht ganz unbewusst als Reaktion des Körpers zur Stressbewältigung», erklärt Schlender. «Auch Substanzen, die das Nervensystem anregen, können Zähneknirschen verursachen, etwa Alkohol, Koffein und Nikotin sowie bestimmte Medikamente, etwa Antidepressiva, Antipsychotika, Antihistaminika oder kardio-aktive Medikamente.»
Zwischen dem 20. und dem 30. Lebensjahr ist Bruxismus am häufigsten. Männer und Frauen sind gleichermassen betroffen. Doch nicht nur Erwachsene, auch Kinder und Jugendliche knirschen relativ oft mit den Zähnen. «Auch hier stecken oft psychische Ursachen, in erster Linie Schulstress, dahinter», so die Zahnexpertin.
Um Zähne, Zahnschmelz und Zahnfleisch zu schützen, empfehlen Ärzte eine Aufbissschiene für die Nacht. Auf die Zähne und Kiefergelenke wirken beim Knirschen und Pressen Kräfte ein, die das Vielfache des normalen Kaudrucks erreichen können – über 100 bis zu 400 Kilogramm pro Quadratzentimeter, sagen Studien. «Eine Schiene verhindert zwar nicht das weitere Knirschen der Zähne, aber sie entlastet die Kiefergelenke und entspannt die Kau- und Kopfmuskulatur», erklärt Schlender.
«So hilft sie zugleich, morgendlichen Kopfschmerzen , Nackenschmerzen und Schmerzen der Kiefermuskulatur vorzubeugen. Zugleich ist es empfehlenswert, zwischendurch immer wieder darauf zu achten, ob der Unterkiefer locker ist. So bekommt man ein Bewusstsein für Zähnepressen.»
Ohne Bruxismus-Behandlung und schützende Zahnschiene kann Zähneknirschen weitreichende Folgen haben: «Oftmals führt stressbedingtes nächtliches Zähneknirschen und -pressen zu der weit verbreiteten Kiefergelenkerkrankung Cranio-Mandibulären-Dysfunktion (CMD). Diese wirkt sich direkt auf Muskeln und Gelenke aus und führt zu Schmerzen», sagt Schlender.
Wer anhaltend unter Zähneknirschen und Zähnepressen leidet, sollte einen Termin beim Zahnarzt vereinbaren, um Zahnschäden und Schäden an den Kiefergelenken zu verhindern. Psychosomatische beziehungsweise psychotherapeutische Therapien sind empfehlenswert, wenn der Stress anhält. Gegebenenfalls kann auch eine begleitende Physiotherapie oder das Erlernen von Entspannungsübungen wie die Progressive Muskelrelaxation positiv wirken.
Verwendete Quellen: