Die Wespen hatten ihr Nest in einem Rheintaler Dorf im Briefkasten platziert. Dort hinein gehören sie definitiv nicht. Deshalb half ein kurzer Schlag mit der langen Eisenstange und weg war das Nest. Die Wespen allerdings nicht. Wie von der Tarantel gestochen, flog eines auf den Täter zu und stach diesen in die Nase.
Ähnliches passierte in den letzten Tagen dem Sohn des Gestochenen. Der 21-Jährige trat ohne Absicht am Waldrand auf ein Wespennest. Vier Stiche auf seiner Flucht waren das Resultat dieser Begegnung. Der Betroffene ist nicht allergisch, der Schmerz verschwand nach ein paar Stunden. Stimmt es also, dass die Plage mit den Wespen dieses Jahr besonders gross ist, und die Tiere besonders aggressiv sind? Hier unsere Antworten dazu:
Wespen sind in der Regel friedlich. Aber wenn das Nest bedroht wird, gilt höchste Alarmstufe im Wespenvolk. Sie fliegen, wie im aktuellen Beispiel beschrieben, fadengerade auf den vermeintlichen oder wirklichen Angreifer zu. Zuerst fliegen sie dem Angreifer in die Haare. Das hat wahrscheinlich einen evolutionären Grund: Die natürlichen Feinde wie Dachse und Bären sind auf dem ganzen Körper behaart. Der Mensch nur auf dem Kopf, weshalb dieser das erste Ziel der angreifenden Wespen ist.
Nein, Bienengift ist stärker. Das hat auch damit zu tun, dass die Wespe mehrmals stechen kann und ihr Gift dosiert. Die Biene kann nur einmal stechen, der Stachel bleibt in der Haut des Angegriffenen und entlässt das ganze Giftpotenzial. Ein Bienenstich ist daher bis zu 15-mal wirkungsvoller als ein Wespenstich.
Zwar war das beim eingangs genannten Beispiel der Fall. Zwei Wespen verfolgten den vermeintlichen Angreifer über 100 Meter. In der Regel beschränkt sich die Verteidigung des Nestes auf einen Umkreis von rund 3 Metern. Dann genügt ein 20-Meter-Sprint, um davonzukommen.
Der gemeinsame Angriff zeigt, zu welch sozialem und gemeinschaftlichen Verhalten Insekten fähig sind. Sie verständigen sich nicht akustisch, auch optisch haben sie nicht viele Möglichkeiten, weil sie nicht besonders scharf sehen. Die Kommunikation läuft über den Geruch, über Pheromone. Das sind Botenstoffe, die der biochemischen Kommunikation zwischen Lebewesen dienen. So entsteht rund ums Nest in der Luft je nach Pheromongeruch eine bestimmte Stimmung. Die kann zur gemeinsamen Feindabwehr dienen oder bei der Nahrungssuche helfen.
In Kontakt kommen wir in der Schweiz mehrheitlich mit zwei der insgesamt elf Arten der Echten Wespen. Nur die Gemeine (Vespula vulgaris) und die Deutsche Wespe (Vespula germanica) kommen an den Tisch.
«Bei Aussagen wie ‹mehr als früher› oder ‹ein extremes Wespenjahr› geht es immer um eine subjektive Wahrnehmung», sagt der Insektenspezialist André Mégroz von insects.ch. Zur realen Wespenpopulation gibt es keine effektiven Zahlen. Für eine nationale Erhebung sind die Unterschiede regional zu gross. «Das gilt übrigens für alle Insekten», sagt Mégroz. Nur bei den Honigbienen werden die Bestände durch die Imker erhoben. «Über die Häufigkeit der Wespen übers Jahr sagt der Speiseplan etwas aus», sagt Mégroz. Trockenheit und Wärme begünstigen die Wespen nicht unbedingt. Ausschlaggebend ist die Nahrungsmenge, die sie zur Verfügung haben.
Die erwachsenen Wespen ernähren sich im Frühling hauptsächlich von Pollen und Nektar und sind so wichtige Bestäuber von Pflanzen. «Unsere Süssigkeiten interessieren sie zu diesem Zeitpunkt nicht», sagt Mégroz. Später sind die Larven auf Proteine angewiesen. Deshalb stellen die Arbeiterinnen den Speiseplan um und verfüttern den Larven Fleisch und Insekten in zerkauter Form. Sie sorgen so für das biologische Gleichgewicht.
Im Spätsommer und Herbst, also jetzt, müssen die Wespen für die Jungköniginnen zuckerhaltige Nahrung herbeischaffen, und dies in grossen Mengen. Glacé, Kuchen, alles was süss ist. Ist das Nahrungsangebot im Frühjahr schlecht, hat dies im Sommer eher schwächere, kleinere Völker zur Folge. Wenn im Herbst der Zucker fehlt, wirkt sich dies auf die Jungköniginnen aus und damit auf die nächste Generation. Zurzeit ist das Nahrungsangebot an zuckerhaltigen Früchten sehr gross.
Eingewanderte Wespen sind nicht bekannt, die gezielt die einheimischen Wespen bedrohen. Aber auch bei uns haben die Wespen ihre Gegenspieler. Dies sind vor allem die Hornissen, welche auch Wespen auf ihrem Speiseplan haben. Und neu lebt in der Schweiz die Asiatische Hornisse, die Honigbienen und auch Wespen frisst.
Weitere Gegenspieler sind die Wespenbussarde. Und dann gibt es noch die «unsichtbaren» Feinde der Wespen: die Wespenfächerkäfer (Meteoecus paradoxes). Die Weibchen dieser Käfer legen ihre Eier an verrottetes Holz, welches für den Nestbau der Wespe benötigt wird. Aus diesen Eiern schlüpfen dann die Larven, welche sich an den Krallen der Wespen festhalten und so unbemerkt ins Wespennest transportiert werden, wo sie die Wespenlarven auffressen.
Die Hornisse sieht zwar furchterregend aus, aber die Redensart «Drei Hornissenstiche töten einen Menschen und sieben ein Pferd» ist ein Märchen. Das Gift der Hornisse ist sogar 15-mal weniger toxisch als jenes einer Biene. Wie Wespenstiche sind Stiche der Hornisse gefährlich für Allergikerinnen und Allergiker. Die Hornisse ist nicht aggressiv, ausser bei der Nestverteidigung.
Kupfermünzen auf dem Tisch beunruhigen Wespen nicht, ebenso wenig wie auf dem Tisch verbranntes Kaffeepulver. Auch Ablenkung, das heisst ein Glas Citro in Entfernung vom Tisch aufstellen, funktioniert nicht wirklich. Zwar werden die Wespen zuerst tatsächlich abgelenkt, aber auch angelockt, weshalb sie in noch grösserer Zahl an den Tisch kommen.
Auch keine Lösung sind Wespenfallen, da sie insgesamt mehr Wespen anlocken, auch wenn die eine oder andere in der Falle stirbt. Auch die Ultraschallsummer an der Steckdose beeindrucken die Wespen nicht. Hilfreich ist hingegen, wenn man die Speisen und Getränke abdeckt. Damit verströmt der verführerische Duft nicht und zieht keine Wespen an. In der Praxis ist das aber nicht einfach. Ein Glas lässt sich leicht abdecken, ein gedeckter Teller nicht. (aargauerzeitung.ch)
Um sachlich zu bleiben: der Stich einer Hornisse ist zwar nicht gefährlicher, aber schmerzhafter, da die noch eine Giftkomponente Acetylcholin haben.
Hört einfach mal auf rumzufuchteln und schiebt die Viecher einfach weg, wenn sie nerven. Dann stechen die in der Regel auch nicht. Ich lasse gross und klein auch gerne einfach mal auf mir landen, dann verlieren sie die Neugier, so scheint es mir. Braucht etwas Überwindung, aber schont die Nerven und faszinierende Tiere sind es allemal.