Der Tag war sehr lang und sehr heiss. Brian May ist müde, als er am Mittwochabend die kleine Garderobe in der Samsung Hall am Stadtrand von Zürich betritt. Er wird im Juli 72 Jahre alt, was man ihm in der Regel nicht ansieht. Jetzt aber wäre er bestimmt gerne woanders, dennoch lässt der Gitarrist der legendären Rockband Queen die Interviews geduldig über sich ergehen.
Anlass für Brian Mays Aufenthalt ist das Wissenschafts- und Musikfestival Starmus, das noch bis Samstag dauert und erstmals in der Schweiz stattfindet. Denn er ist nicht nur Musiker, sondern auch Astrophysiker mit Doktortitel. Starmus ist ein Festival mit prominenten Gästen, Vorträgen, Musik und Filmen, aber auch einer ziemlich chaotischen Organisation.
«Die Probleme und der Stress sind endlos, aber es ist ein grossartiger Anlass», sagte May im Gespräch mit watson, das als einziges Schweizer Medium neben dem Tessiner Fernsehen RSI einen Exklusiv-Slot ergattern konnte. Er ist seit den Anfängen eine feste Grösse bei Starmus, das vom armenischen Astrophysiker und Queen-Fan Garik Israelian gegründet wurde.
Dieses Jahr dreht sich das Festival um den 50. Jahrestag der ersten Mondlandung am 20. Juli 1969. Nicht weniger als sechs amerikanische «Apollo»-Astronauten sind nach Zürich gereist. Vier von ihnen hatten ihren Fuss auf den Erdtrabanten gesetzt, darunter kein Geringerer als Edwin «Buzz» Aldrin, der zweite Mensch auf dem Mond nach «Apollo 11»-Kommandant Neil Armstrong.
Das Mondprogramm dauerte nur kurz. 1972 war nach «Apollo 17» Schluss. Die US-Regierung und der Kongress wollten kein Geld mehr bewilligen. Nun gibt es Pläne für eine Rückkehr, angetrieben nicht zuletzt durch den neuen Wettlauf zwischen den USA und China. US-Vizepräsident Mike Pence kündigte im März an, dass in fünf Jahren wieder Amerikaner auf dem Mond landen sollen.
Im Vordergrund stehen private Projekte wie Blue Origin von Amazon-Gründer Jeff Bezos oder SpaceX von Elon Musk. Der überbeschäftigte Unternehmer-Guru wurde am Starmus mit der «Stephen Hawking Medal» ausgezeichnet, war selber aber nicht in Zürich. Brian May lässt im Interview durchblicken, dass er die neuen Mond-Aktivitäten skeptisch betrachtet.
So fragwürdig der Auslöser des Wettlaufs zum Mond zwischen den USA und der Sowjetunion war, so sehr ist May davon fasziniert. Innerhalb weniger Jahre wurde Unglaubliches vollbracht. Nun hat er das Buch «Mission Moon 3-D» veröffentlicht, das die Geschichte des Space Race erzählt. Den Text hat David Eicher verfasst, Chefredaktor des Magazins «Astronomy».
Für die Illustrierung war Brian May zuständig. Dabei kam eine weitere Leidenschaft ins Spiel: Stereoskopie. Als Kind fand er in einer Packung Weetabix Cereals eine Karte mit zwei praktisch identischen Bildern von Nilpferden. Auf der Rückseite hiess es, man könne einen 3-D-Viewer für einen Sixpence bestellen. Damit begann seine Begeisterung für dreidimensionale Fotografie.
Brian May hat die in den 1930er Jahren eingegangene London Stereoscopic Company wiederbelebt und schon mehrere 3-D-Bücher veröffentlicht, darunter eines über Queen und nun «Mission Moon». Auf Tour mit der Band sitze er manchmal im Hotelzimmer bis tief in die Nacht vor dem Computer und experimentiere mit der auf sympathische Art altmodisch wirkenden Technologie.
Die Begeisterung für den Weltraum begann nicht erst mit den amerikanischen und sowjetischen Raketen. Schon als Kind war Brian May ein Fan der 1957 erstmals ausgestrahlten BBC-Sendung «The Sky at Night» gewesen, in der er in späteren Jahren mehrfach als Gast auftrat. Denn auch sein beruflicher Werdegang bewegte sich zunächst in diese Richtung.
Im Leben dieses vielseitig interessierten Engländers aber gab es eine Leidenschaft, die bald alles andere überlagern sollte: Musik. Mit seinem Busenkumpel Roger Taylor gründete er eine Band, der sich später der Bassist John Deacon und ein ebenso genialer wie überdrehter Sänger und Songwriter namens Freddie Mercury anschlossen. Sie tauften die Band auf den Namen Queen.
Er schloss 2007 am Londoner Imperial College seine Jahre zuvor begonnene Dissertation über «Radialgeschwindigkeiten im interplanetaren Staub» ab. Seither kann er sich Dr. Brian May nennen. Seine interplanetaren Aktivitäten hindern ihn nicht daran, sich für den Planeten Erde zu engagieren, ob als aktiver Tierschützer oder als Warner vor den Folgen des Klimawandels.
Während einige «Apollo»-Astronauten als Klimaskeptiker oder gar Klimaleugner agieren und damit zeigen, dass sie letztlich nur alte weisse Männer sind, äusserte der ebenfalls nicht mehr ganz junge Brian May an der Starmus-Medienkonferenz am Montag einen so prägnanten wie krassen Satz: «Ich hoffe, wir werden das Universum nicht so zerstören, wie wir die Erde zerstört haben.»
Brian May hat dieses Zitat des 2012 verstorbenen Mondpioniers an den Anfang seines Buchs «Mission Moon» gesetzt. Eines bleibt in seinem Leben konstant: die Musik. Am Samstag beginnen für Queen und den neuen Sänger Adam Lambert die Proben für eine sechswöchige Tournee durch Nordamerika. Anfang 2020 folgen Konzerte in Korea, Japan, Neuseeland und Australien. Auftritte in Europa und der Schweiz stehen (noch) in den Sternen.
Die Popularität von Queen hat durch den kommerziellen Erfolg des Films «Bohemian Rhapsody» und den Oscar für Freddie-Darsteller Rami Malek einen weiteren Schub erhalten. Dabei könnte May es in seinem Alter gemütlicher angehen und sich nur noch mit Stereoskopie und Astrophysik beschäftigen. John Deacon hat sich längst in den Ruhestand verabschiedet.
Disclaimer: Falls der Artikel nicht ganz objektiv wirkt: Der Autor ist ein grosser Queen-Fan und von der Raumfahrt fasziniert, seit er als Primarschüler die letzten Mondlandungen am Fernsehen verfolgt hat, mit dem unvergessenen Begleitkommentar von Bruno Stanek.
Am Fernsehen war Bruno Stanek.
Immer wieder habe ich in den Nachthimmel geschaut, ein Teleskop bekommen und staune immer noch über die unendlichen Weiten des Universums.
Ah ja, hat nichts genützt und habe Koch gelernt.😉
Ich war in der RS in Bremgarten. In einem Raum haben sie einen Fernseher aufgestellt. Von ungefähr 100 Rekruten haben sich ungefähr ein Dutzend in der Nacht die Landung angeschaut - ich auch (es war freiwillig). Jemand hat dann ein Foto von uns gemacht. Wir sassen alle mit den Köpfen auf den Tischen, weil wir während der Landung eingeschlafen sind. Schade habe ich das Foto nicht mehr.
😴💤🙈
(Info für Nichtsoldaten: In der RS hat man immer Schlafmangel.)