In der Schweiz herrscht auch bei Schneefall Schulpflicht. Eine Gemeinde darf deswegen nicht generell beschliessen, die Schule bei Schlechtwetter ausfallen zu lassen. Gleichzeitig ändert Schneefall aber auch nichts daran, dass die Kantone für den zumutbaren Schulweg verantwortlich sind. Wenn also der Schulweg zu gefährlich ist, müssen sie die Gefahr beseitigen. Da das bei zugeschneiten Strassen und drohenden Dachlawinen nicht auf die Schnelle möglich ist, kann die Schule Schulkinder dispensieren, sofern sie nicht gefahrlos zur Schule gehen können. Der Kanton Bern sieht dies gar ausdrücklich in seiner Absenzenverordnung für die Volksschule vor: Als entschuldigte Absenzen gelten auch «äusserst schwierige Schulwegverhältnisse infolge schlechter Witterung».
Eine solche Regelung kennt das Obligationenrecht nicht. Der Arbeitsweg liegt in deiner Verantwortung als Arbeitnehmer und du musst dich deswegen durch den Schnee kämpfen, wenn dein Arbeitsplatz nicht praktischerweise zuhause liegt.
Falls du den Kampf verlierst, weil der Autofahrer vor dir gerne Sommerpneus mag, der Tramschneepflug vor den Schneemassen kapituliert, der Bus beim Wendemanöver steckengeblieben ist oder die Spikereifen deines Velos doch nicht so ideal sind: Das ist dein Problem, nicht jenes deiner Arbeitgeberin. Sie darf verlangen, dass du die verpasste Zeit nacharbeitest.
Du musst deswegen aber nicht den Kopf in den Schnee stecken, denn einige Ausnahmen und Kompensationsmöglichkeiten gibt es. Wenn du auf Dienstreise bist und nicht weiterkommst, muss dir die Arbeitgeberin die Zeit vergüten. Denn die für eine Dienstreise aufgewendete Zeit ist Arbeitszeit und dafür schuldet dir dein Chef Lohn, auch wenn sie witterungsbedingt länger dauert.
Seit dem 1. Januar 2021 müssen dich SBB und Co. zudem entschädigen, wenn ein Zug ausfällt oder mindestens 60 Minuten Verspätung hat. Keinen Anspruch hast du, wenn dein Ticket weniger als 5 Franken kostet oder wenn dich das ÖV-Unternehmen bereits vor dem Kauf des Billets über die Verspätung informiert hat.
Um zurück zu dem Schulkind zu kommen: Kann dein schulpflichtiges Kind nicht zur Schule, weil der zugeschneite Schulweg zu gefährlich oder gar nicht machbar ist, darfst auch du zuhause bleiben. Dies jedenfalls dann, wenn dein Kind zu klein ist, um alleine daheim zu bleiben. Denn hier erfüllst du deine gesetzliche Pflicht und deine Arbeitgeberin muss dir für diese Zeit den Lohn bezahlen.