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Tierversuche bei Musk-Firma Neuralink: So stark leiden die Affen

Das Leiden der Affen bei Elon Musks Neuralink

Elon Musk will Gehirnchips bald am Menschen testen. Eine Recherche zeigt nun, dass bei Tierversuchen massive Komplikationen aufgetreten sind.
27.09.2023, 06:5627.09.2023, 08:56
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Elon Musks Unternehmen gelten als innovativ, doch bei der Entwicklung einer Gehirncomputerschnittstelle setzt das Neurotechnologie-Unternehmen Neuralink nicht etwa auf Fortschritt, sondern wendet ein altes Modell an: Tierversuche.

«Wir setzen dir einen Chip in dein Gehirn, um deine Gedanken zu kontrollieren», scherzte Musk einst. Das verkündete Ziel von Neuralink ist es, dass beeinträchtigte Menschen einen Computer oder ein Telefon über ihre Gedanken bedienen können – durch Mikrochips im Gehirn. Darüber hinaus sollen Krankheiten wie Alzheimer oder Epilepsie besser verstanden und bestenfalls geheilt werden. Musk hält Künstliche Intelligenz (KI) für gefährlicher als Atomwaffen – trotzdem möchte er mit ihr mithalten.

Allzu weit davon entfernt ist Neuralink nicht – zumindest nicht im Tiermodell. Vor zwei Jahren veröffentlichte das Unternehmen ein Video von einem Affen, der mit seinen Gedanken das Videospiel Pong spielt. Dem Tier sind dafür Prototypen der Hirnimplantate ins Hirn gepflanzt worden.

Doch der Fortschritt hat auch eine Schattenseite. Hinter dem Durchbruch steckt nicht nur viel Arbeit, sondern auch mutmasslich vermeidbares Tierleid. Berichten zufolge hat Musk die Entwicklung derart beschleunigen wollen, dass es zu verpfuschten Experimenten gekommen ist. Tests hätten wiederholt werden müssen, wodurch sich die Anzahl der Versuchstiere erhöht habe.

Schätzungen zufolge sind mindestens 1500 Versuchstiere bei Experimenten gestorben, darunter Schafe, Schweine und Affen. Ausserdem seien die Tiere alleine in Käfigen gefangen gehalten und bei Tests stundenlang festgebunden gewesen. Manche der Tiere seien bis zu zehnmal am Gehirn operiert worden.

Das Unternehmen räumte ein, dass Tiere gestorben seien, bestritt aber, dass die Tiere gequält und an den Folgen der Implantate gestorben seien. US-Behörden leiteten daraufhin eine Untersuchung ein. Diese liegt nun vor – und enthüllt die Einzelheiten zu den verstorbenen Primaten.

Die veröffentlichten Tierarztdokumente weisen darauf hin, dass die Tiere schwer gelitten haben und sehr wohl an den Folgen der Implantate gestorben sind.

So soll «Tier 15» angefangen haben zu zittern, als es Labor-Mitarbeitende zu Gesicht bekam. Nachdem es die Implantate erhalten hatte, habe es seinen Kopf ständig an den Käfigboden gedrückt und an seiner Sonde gezupft. Durch die Gitter habe «Tier 15» versucht, die Hände der anderen Insassen zu greifen. Der Zustand des Tiers habe sich immer weiter verschlechtert, bis es eingeschläfert wurde. Gemäss Autopsie erlitt das Tier eine Hirnblutung. «Tier 20» kratze seine Operationswunde am Kopf blutig auf. Dies löste eine Infektion aus, wodurch der Affe später eingeschläfert werden musste.

«Tier 22» wurde getötet, weil sich zwei Schrauben des Hirnimplantats gelöst hatten. Im Autopsiebericht heisst es: «Das Versagen kann als rein mechanisch gesehen werden und wurde nicht durch eine Infektion verschlimmert.» Sollten die Berichte zutreffen, würde dies Musks Aussage direkt widersprechen, dass kein Tier durch die Chips gestorben sei.

Auszug eines veröffentlichten Tierarztdokuments.
Auszug eines veröffentlichten Tierarztdokuments.bild: wired

Ehemalige Mitarbeitende von Neuralink bekräftigen die Vorwürfe, wollen aber aufgrund von Vergeltungsmassnahmen ihres ehemaligen Chefs anonym bleiben. Rund ein Dutzend Primaten mussten dem Bericht zufolge eingeschläfert werden.

Inmitten der Vorwürfe gab das Unternehmen bekannt, bald mit Versuchen am Menschen zu beginnen. Konkret ist eine klinische Studie geplant, bei der beeinträchtigte Menschen einen Computer oder Cursor steuern – allein durch die Kraft der Gedanken. Die Genehmigung hat das Unternehmen bereits erhalten. Die Suche nach Probandinnen und Probanden hat soeben begonnen.

Doch selbst wenn sich der Chip als erfolgreich erweist, könnte es Experten zufolge noch ein Jahrzehnt dauern, bis die Implantate für kommerzielle Zwecke zugelassen werden. Die Gehirnchips, die eine Verbindung zwischen Gehirn und Computer herstellen sollen, gelten als höchst umstritten. Musk spielt die Gefahren gekonnt herunter – und sieht darin bloss ein Fitnessarmband im Schädel.

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120 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Dante&Lupus
26.09.2023 12:08registriert November 2022
Brauchen wir wirklich solche Produkte,bei welchen Tiere diesen qualvollen Weg gehen müssen?!
Eigentlich gehört sowas bestraft.
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Schlaf
26.09.2023 11:58registriert Oktober 2019
Das perfekte Tier für solche Versuche wäre Musk selber.
Was würde es für schnellere Wege geben, als es gleich bei ihm auszuprobieren?

Er sagt doch, dass kein Tier wegen den Implantaten gestorben sei. Werden wohl an Altersschwäche gestorben sein.

Wann startet eigentlich der Käfigkampf?
Haben ihm genug Experten gesagt, dass er von Hr. Meta wohl ziemlich sicher aufs Dach kriegt?
Oder hat ihm das seine KI erzählt?
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Onyx
26.09.2023 11:50registriert Dezember 2014
Warum glaube ich den Laboren eines Unternehmens unter der Leitung eines narzisstischen, emotional instabilen, Grössenwahnsinnigen nicht im Bezug auf Tierleid? Vielleicht weil eben jener Musk auch bei X/Twitter Menschen unwürdig behandelt?

Daher gehört Forschung öffentlich finanziert, wobei jeder Tierversuch ethisch geprüft wird, um das (unvermeidbare!) Tierleid zu minimieren.
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