Was beim neuen ChatGPT nur im Kleingedruckten steht
OpenAI hat in der Nacht auf Freitag sein neuestes Sprachmodell GPT-4.5 angekündigt, das den KI-Chatbot ChatGPT leistungsfähiger machen soll. Firmenchef Sam Altman bezeichnete es als riesiges und «teures» Sprachmodell, bei dem es sich so anfühle, «als würde man mit einer aufmerksamen Person sprechen».
Die PR-Strategie scheint aufzugehen.
GPT-4.5 sei eine Weiterentwicklung des GPT-4o-Modells und «noch klüger, freundlicher und sicherer», ist unkritischen Medienberichten zu entnehmen.
Die Vermenschlichung einer an sich dummen Maschine, die nicht mehr tut, als die wahrscheinlich am besten passenden Antworten zu berechnen, geht also weiter. In diesem Zusammenhang von «emotionaler Intelligenz» zu sprechen, ist an Irreführung kaum zu überbieten.
Auffällig sind auch die gut klingenden, aber wenig aussagekräftigen Vergleiche mit bereits verfügbaren Produkten: GPT-4.5 sei «mehr als zehnmal leistungsfähiger als sein Vorgänger GPT-4», heisst es etwa.
Immerhin sind auch kritische Stimmen zu hören, wie der Co-Gründer des KI-Start-ups Writer, Waseem Alshikh. Er sagt, GPT-4.5 fühle sich an «wie ein glänzender neuer Anstrich auf demselben alten Auto».
Sicher ist: Die vollmundigen Marketing-Versprechen von OpenAI sind mit grösster Vorsicht zu geniessen. Sie lassen sich nicht durch unabhängige Dritte überprüfen und erinnern an die Produktvorstellungen von Apple, die die Techbranche massgeblich geprägt haben.
Apple hat es vorgemacht
OpenAI scheint auf die gleiche Geschäftsstrategie wie der iPhone-Hersteller zu setzen: Lanciere regelmässig Produkte, die nur marginale Verbesserungen bringen, rühre aber kräftig die Werbetrommel.
Und auch bei der Preispolitik scheint sich OpenAI von Apple inspirieren zu lassen: Wer GPT-4.5 ab sofort nutzen will, muss das teuerste Abo abschliessen und blättert dafür 200 US-Dollar pro Monat hin. Nächste Woche sollen die weniger teuren Abos hinzukommen. Wer die Gratis-Version benutzt, muss sich gedulden.
Hier ist in Erinnerung zu rufen, dass OpenAI zwar angeblich noch immer gemeinnützige Zwecke verfolgt, in Tat und Wahrheit aber von knallharten Geschäftsinteressen der Grossaktionäre angetrieben wird. Und dabei gilt, was immer gilt im Silicon Valley: Grösser ist besser, dem Wachstum wird alles andere untergeordnet.
Der KI-Hype geht also weiter. Bestehen bleiben aber auch die negativen gesellschaftlichen Folgen, wie etwa der immense Stromverbrauch oder die ausbeuterischen Bedingungen in Zulieferbetrieben, die die vermeintlich schlauen Chatbots massentauglich machen.
