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«Apple Watch Ultra» im Langzeit-Test: ihre Stärken und Schwächen

Apple Watch Ultra: Auch für Hobbysportler ist das Gerät ein nützliches Upgrade (Quelle: t-online / Jan Mölleken)
Auch für Hobbysportler ist das «Ultra»-Modell ein nützliches Upgrade.Bild: T-Online
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Das verrät Apples Fitness-Guru über die neue «Ultra»-Smartwatch

Die Apple Watch Ultra wird für Extremsportlerinnen und Extremsportler beworben. Dabei profitieren von den meisten Änderungen alle User. Wir müssen allerdings auch über den Preis reden.
15.01.2023, 20:3915.01.2023, 21:53
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Ein Artikel von
t-online

Im Herbst hat Apple die Watch Ultra vorgestellt. Eine grössere, leistungsfähigere und rundum besser geschützte Variante der äusserst erfolgreichen Apple Watch. Und irgendwie «ultra» scheint auch die Zielgruppe dafür zu sein.

Im zugehörigen Werbespot werden mit der Smartwatch am Handgelenk im Schneesturm zerklüftete Bergpässe erklommen, in sengender Hitze die Kämme von Sanddünen entlang gerannt oder auch die Schwärze der Unterwassertiefe durchtaucht.

Zugegeben – mit dem Alltag eines sportlich einigermassen aktiven Stadtbewohners hat das alles wenig zu tun. Wir haben das neue Topmodell dennoch in genau diesem Setting getestet und darüber mit Jay Blahnik gesprochen. Der Manager und Fitness-Guru ist bei Apple verantwortlich für alle Fitness-Technologien.

Wie sich das Gerät im Alltag von Durchschnittsmenschen schlägt, erfährst du in unserem Test.

Der Grössenunterschied ist bald vergessen

Was auf den ersten Blick auffällt, ist die Grösse. Beim ersten Anfassen im September in Cupertino hatten auch wir Zweifel, ob sich das am Handgelenk nicht zu gross anfühlen würde:

Apple Watch 8 und Apple Watch Ultra (rechts) im Vergleich (Quelle: t-online / Jan Mölleken)
Apple Watch 8 und Apple Watch Ultra (rechts) im Vergleich.Bild: T-Online

Im Vergleich zur «normalen» Watch Series 8 ist die Ultra jeweils um vier Millimeter (mm) auf 49 mm Höhe und 44 mm Breite angewachsen – also jeweils grob um zehn Prozent. Deutlich auffälliger hat sie aber in der Dicke zugelegt: Statt 10,7 mm misst die Ultra nun 14,4 mm.

Auch das Gewicht der Uhr ist deutlich höher: 61,3 Gramm – gut 20 Gramm mehr als die Apple Watch 8 in der grösseren Gehäuseausführung. Das hat auch mit dem Material zu tun. Die Watch 8 ist aus Aluminium gefertigt, das Gehäuse der Watch Ultra aus Titan. Das etwas teurere Watch-Modell aus Edelstahl ist hingegen nur rund 10 Gramm leichter als das Ultra-Modell.

Zu unserer Überraschung war der Grössen- und Gewichtsunterschied aber schon nach wenigen Stunden Tragezeit kein Thema mehr. Typische Herrenchronografen sind ohnehin oft doppelt oder dreimal so schwer.

Viele Vorteile – längst nicht nur für Extremsportler

Auch jenseits der Abmessungen ist die Watch Ultra augenfällig anders – erstmals seit der Einführung der Smartwatch, betont Jay Bahnik im Gespräch mit T-Online:

«Im Wesentlichen ist das Design der Apple Watch von Beginn an fast unverändert, weil es wirklich gut für die Menschen funktioniert.» Aber «vor ein paar Jahren» habe man bei Apple entschieden, dass man eine auch äusserlich angepasste Watch Ultra auf den Markt bringen werde.

Die Bedienelemente sind besser geschützt, das Displayglas ist ins Titangehäuse eingefasst.
Die Bedienelemente sind besser geschützt, das Displayglas ist ins Titangehäuse eingefasst.Bild: T-Online

Das fertige Produkt dieser Entscheidung sieht tatsächlich deutlich anders aus: So sind etwa die Krone (der Drehknopf) und der nebenliegende Knopf jetzt so ins Gehäuse eingefasst, dass sie besser geschützt sind. Der ist für Extremkletterer sicherlich wichtig – aber auch im Grossstadtalltag ist das praktisch. Beim Test geschah es erheblich seltener, dass die Bedienelemente durch starke Beugung des Handgelenks versehentlich betätigt wurden.

Gänzlich neu ist die Aktionstaste auf der anderen Seite des Watch-Gehäuses. Sie lässt sich in den Geräteeinstellungen mit zahlreichen Funktionen belegen: So kann man etwa ein bestimmtes Training beginnen, die Stoppuhr starten, einen Kurzbefehl ausführen – oder aktiviert so die Taschenlampe. Auch Apps von Drittanbietern können festgelegte Aktionen für die neue Taste anbieten – hier wird es in Zukunft sicherlich noch etliche weitere Anwendungen geben. Im Test erwies sich das schon jetzt als sehr praktisch.

Dass dieser Knopf überhaupt existiert, sei bemerkenswert, sagt Blahnik:

«Es ist wirklich eine Seltenheit für Apple, einem unserer Geräte einen neuen Knopf zu verpassen. Aber bei der Apple Watch Ultra fühlte es sich einfach richtig an, weil der neue Knopf sie auf ein neues Level hebt.»
Das ist die neue Aktionstaste auf der linken Seite der Watch Ultra. (Quelle: t-online / Jan Mölleken)
Das ist die neue Aktionstaste auf der linken Seite der Watch Ultra.Bild: T-Online

Es wäre vermutlich ohne grössere Ingenieursleistung möglich, eine solche Taste auch in die kommenden Modelle der normalen Apple Watch zu integrieren. Blahnik bleibt dazu Apple-typisch vage: «Wir haben diesen Wunsch von vielen Athleten gehört – ich sage mal: Sag niemals nie.»

Doppelte GPS-Frequenz und doppelte Helligkeit

Zum ersten Mal nutzt Apple bei diesem Watch-Modell übrigens neben L1 eine zweite GPS-Frequenz – L5 – für die Ortung der Uhr. Dies soll vor allem für Läufer hilfreich sein – allerdings nur unter bestimmten Bedingungen, sagt Blahnik:

«Es gibt Umgebungen, die für die L1-GPS-Frequenz sehr herausfordernd sind. Erstmals bieten wir in der Apple Watch Ultra nun zusätzlich die L5-GPS-Frequenz. L1 erfordert eine direkte Sichtlinie zum Satelliten. Bei L5 kann das Signal auch von der Umgebung reflektiert werden – etwa von Hochhäusern in engen Strassenschluchten.»

Wer also viel in Häuserschluchten joggt, könnte sich über diese Erweiterung freuen. Im Test war es zwar gar nicht so einfach, Orte zu finden, an denen das einfache GPS in der Apple Watch Series 8 überhaupt Probleme bekam. Dort klappte die GPS-Ortung der Watch Ultra dann teilweise genauer. Für die meisten Nutzerinnen und Nutzer dürfte dies jedoch kein schlagendes Kaufargument sein.

Ähnlich ist es mit dem neuen Display: Das kann mit einer Spitzenhelligkeit von beeindruckenden 2000 Nits bei direkter Sonneneinstrahlung nun doppelt so hell leuchten wie alle übrigen Modelle. Damit lässt sich die Uhr unter jeder Bedingung sehr gut ablesen – echte Probleme hat man bei der Watch 8 allerdings auch nicht, die mit 1000 Nits schon eine gute Lesbarkeit unter freiem Himmel bietet.

Deutlich positiver fällt jedoch der vergrösserte Bildschirm auf: Ein eigenes Watchface kann nun insgesamt acht Komplikationen anzeigen – drei mehr als auf der Watch 8 möglich sind. Auch die Bildschirmtastatur lässt sich gefühlt etwas besser bedienen – zu gross wirkt das neue Display zu keiner Zeit.

Ausserdem ist sie die erste Watch, die bis zu 100 Meter wasserdicht und besonders staubfest ist. Zudem bietet sie einen Tiefenmesser. Im Zusammenspiel mit der kostenpflichtigen App Oceanic+ wird die Uhr zum Tauchcomputer für Ferientaucherinnen und -taucher. Aber darum soll es in diesem Alltagstest nicht gehen.

Der Akku spielt in einer neuen Klasse

Der wichtigste Unterschied ist die Batterie. Die ist gefühlt doppelt so gross wie die in den üblichen Watch-Modellen. Reichte der Akku bei einer normalen Watch – auch beim neuesten Modell 8 – in der Regel einen Tag, so sind es bei der Watch Ultra zwei Tage.

Laut Apple-Manager Blahnik hatte man dabei vor allem Extremsportler im Sinn, die eine Apple Watch bislang nicht nutzen konnten: «Wir glauben, dass die meisten Athleten jetzt mit einer Akkuladung einen Ironman absolvieren können – und die maximal erlaubte Zeit beträgt hier 17 Stunden.»

Auch für Outdoor-Aktivitäten sei dies hilfreich:

«Man legt die Uhr am Freitagmorgen an, fährt nach der Arbeit direkt zum Camping, wandert am Samstag elf Stunden lang und hat am Abend immer noch etwas Akku übrig – ohne dass man die Watch Ultra zwischendurch aufladen musste.»

In unserem Test gab es weder Ironman-Durchläufe noch Campingtrips – der Vorteil eines grösseren Akkus war dennoch überall merkbar. Etwa für User, die ihre Uhr auch nachts tragen und die Schlaftracking-Funktion nutzen. Denn je nachdem, wie aktiv man die Watch am Tag nutzt, konnte es über Nacht bei den übrigen Modellen schon eng mit der Laufzeit werden. Nicht selten musste eine Apple Watch dann abends noch aufgeladen werden.

Die Watch Ultra schaffte im Test bei normaler Nutzung mit etwa einer Stunde Training pro Tag volle zwei Tage und zwei Nächte, bevor sie wieder aufgeladen werden musste. Im Alltag bedeutet das deutlich mehr Flexibilität: Statt sklavisch jeden Abend oder Morgen zu laden, kann man dies auch mal ausfallen lassen.

Im mehrwöchigen Test passierte es nie, dass man unerwartet den Heimweg auf dem Velo nicht mehr tracken konnte, weil die Energie nicht reichte. Das hat auch damit zu tun, dass die Warnung bei einem Akkustand von 10 Prozent dem User noch etwa doppelt so viel Laufzeit gibt wie die gleiche Warnung auf einer klassischen Watch.

Der neue Energiesparmodus hilft dabei ebenfalls: Hier werden die Aufzeichnungsintervalle von Pulsmessung und GPS-Standort etwas reduziert, dafür verlängert sich die Laufzeit auf bis zu 60 Stunden, verspricht Apple. Im Test haben wir das erreicht.

Hinzu kommt, dass mit den Jahren die Akkukapazität abnimmt und eine normale Watch kaum noch über den Tag kommt. Hier wird die Ultra auch auf lange Sicht grosse Reserven bieten.

All das weiss auch Apple. Blahnik sagt:

«Allein in den wenigen Wochen, die die Ultra jetzt auf dem Markt ist, haben wir gesehen, wie viele Kunden die Watch kauften, die einfach nur die tolle Batterielaufzeit haben wollen und nicht vorhaben, je einen Ironman zu absolvieren.»

Fazit: Noch Ultra, hoffentlich bald Standard

Die Apple Watch Ultra hat sich im Test als überraschend vielseitige und alltagsfreundliche Smartwatch gezeigt. Natürlich sind einige Sonderfunktionen gezielt auf Extremsportler und Freizeittaucher zugeschnitten. Aber vier Wochen Test in Berlin zeigen: Die Watch Ultra ist auch hier in vielen Belangen die bessere Apple Watch.

Doch für viele Nutzer dürfte der Kauf einer Watch Ultra dennoch nicht zur Debatte stehen und das liegt in erster Linie am Preis: Mit einem Listenpreis von 849 Franken (respektive 999 Euro) ist die Smartwatch fast doppelt so teuer wie die Watch Series 8 mit dem grösseren 45-Millimeter-Gehäuse (ab 429 Franken, respektive 539 Euro).

Für Freizeitsportlerinnen und -sportler und insbesondere für Laufbegeisterte sind mit dem aktuellen WatchOS 9 alle kompatiblen Apple-Watches zu einem ungleich besseren Fitnessbegleiter geworden – softwareseitig hat die Ultra ihnen hier nichts voraus. Dies zu erläutern, würde jedoch den Rahmen sprengen. Hardwareseitig ist die Ultra klar besser.

Die Preisdifferenz schrumpft jedoch, sobald man besser ausgestattete Modelle kauft. Soll die Series 8 ebenfalls ohne iPhone Verbindung zum Internet und Telefonnetz halten, werden für die LTE-Variante bereits 529 Franken (respektive 659 Euro) fällig.

Will man – wie bei der Ultra – zusätzlich noch kratzfestes Saphirglas auf dem Uhrdisplay, muss man bereits die Series 8 mit Edelstahlgehäuse kaufen (799 Franken, respektive 949 Euro). Das kann eigentlich aber niemandem empfohlen werden, denn für nur 50 Franken, respektive Euro, mehr gibt es die um Längen bessere Watch Ultra.

Innerhalb der Apple-Welt ist der Preis also durchaus angemessen – für das Gros der potenziellen Käuferinnen und Käufer sicher aber dennoch zu hoch.

Bleibt zu hoffen, dass Apple einen Teil der Vorteile künftig auch in die günstigeren Modelle einbaut – und sei es nur der neue Knopf und die bessere Batterie. Denn die Watch Ultra zeigt, wie viel besser die Apple Watch noch sein könnte – und das, obwohl sie schon jetzt allgemein als die beste Smartwatch auf dem Markt gilt.

Quellen

  • Hardware-Test von T-Online
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38 Kommentare
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wilbur
15.01.2023 21:56registriert März 2019
"Reichte der Akku bei einer normalen Watch – auch beim neuesten Modell 8 – in der Regel einen Tag, so sind es bei der Watch Ultra zwei Tage."
also meine garmin (300.-) hält ne woche ;)
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