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Von der Lachnummer zur Killer-App: Das bietet das aufgemotzte Apple Maps

Die turbulente Geschichte von Apple Maps

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Die turbulente Geschichte von Apple Maps
Es war einmal ein amerikanischer Techkonzern, der wollte auf seinen Geräten nicht mehr die Software des grossen, datenhungrigen Rivalen installieren, sondern etwas Eigenes wagen ...
quelle: ap / patrick semansky
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Review

Das aufgemotzte Apple Maps ist (endlich) hier – was du jetzt tun solltest

Von der Lachnummer zur Killer-App? Apple bietet seinen stark verbesserten Kartendienst neu auch für die Schweiz und Liechtenstein an. Hier sind die wichtigsten Fragen und Antworten aus User-Sicht.
16.12.2022, 14:1317.12.2022, 18:22
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Vor zehn Jahren machte Apple mit Google Schluss und stampfte eine eigene Karten-App aus dem Boden. Als Apple Maps herauskam, war die Begeisterung allerdings schnell verflogen und die haarsträubenden Darstellungsfehler sorgten für negative Schlagzeilen (und neue Kunstformen).

Doch Apple war zum Erfolg verdammt. Zu gross war die Abhängigkeit vom grossen Silicon-Valley-Rivalen geworden. Und viel zu wichtig war schon damals alles, was mit mobilen Kartendiensten und Geodaten zu tun hatte.

Seit 2012 hat Apple kontinuierlich Fehler behoben, Schwachstellen ausgemerzt und seine Karten-App weiterentwickelt. Und tatsächlich ist es den Kaliforniern gelungen, den Vorsprung von Google grösstenteils wettzumachen.

Neue Funktionen werden traditionell zuerst im Heimatland, den USA und weiteren grossen «Märkten» lanciert, doch nun ist endlich auch die Schweiz dran. Seit Donnerstag (15. Dezember) ist ein grosses Upgrade verfügbar.

Was ist neu bei Apple Maps?

Apple hat seinen Kartendienst technisch überarbeitet und aufgemotzt. Die App umfasst nun viel eigenes Kartenmaterial sowie neue Funktionen für die Schweiz und Liechtenstein, Belgien, Luxemburg und die Niederlande.

Was sind die wichtigsten Features?

Das neue Apple Maps bietet unter anderem detailliertere Strasseninformationen, eine verbesserte Navigation, bekannte Sehenswürdigkeiten in 3D sowie Wegbeschreibungen «in natürlicher Sprache». Das (aus Sicht des Redaktors) spannendste Feature ist die «Look Around»-Funktion – das ist das Pendant zu Google Street View (dazu unten mehr).

Je grösser das Display ist, desto eindrücklicher wirkt das neue Apple Maps. Interessant: «Dichtestress» kommt bei Apples Street-View-Alternative selten auf.
Je grösser das Display ist, desto eindrücklicher wirkt das neue Apple Maps. Interessant: «Dichtestress» kommt bei Apples Street-View-Alternative selten auf. bild: watson

Wann ist das neue Apple Maps verfügbar?

Das «Rollout» startete am Donnerstag (15. Dezember). Es ist keine Aktualisierung erforderlich über den App-Store. Spätestens am Freitag sollten alle User die neuen Karten sehen und die neuen Funktionen ausprobieren können.

Im Gegensatz zu Google Maps funktioniert Apple standardmässig nicht in Webbrowsern, sondern nur als App auf Apple-Geräten (iPhone, iPad, Mac). Wer ein Android-Gerät oder Windows-Tablet nutzt, kann zwar über die datenschutzfreundliche Suchmaschine DuckDuckGo.com auf die Apple-Maps-Karten zugreifen, jedoch sind die neuen Features dort noch nicht verfügbar, wie ein Augenschein (am Freitag) ergab.

Was sollten Apple-User nun tun?

«Look Around» ausprobieren und sich umsehen. Insbesondere lohnt es sich, das eigene Zuhause und andere persönlich wichtige Adressen virtuell zu besuchen und zu schauen, ob man mit den Aufnahmen einverstanden ist.

Praktisch alle öffentlichen (befahrbaren) Strassen der Schweiz, des Fürstentum Liechtensteins und der drei Benelux-Staaten sind neu mit Apples 3D-Ansicht erkundbar. Die Funktion kann in der Karten-App über ein automatisch angezeigtes Feldstecher-Symbol aufgerufen werden.

Apple Maps lebt auch vom Crowdsourcing. Über die App lassen sich verschiedene Rückmeldungen machen. Und man kann Datenschutzbedenken anmelden.
Apple Maps lebt auch vom Crowdsourcing. Über die App lassen sich verschiedene Rückmeldungen machen. Und man kann Datenschutzbedenken anmelden.screenshot: watson

Anders als bei Googles «Street View» wird bei der Nutzung nicht statisch von Bild zu Bild gewechselt. Die Aufnahmen in Apple Maps sind dreidimensional aufbereitet, sodass man sich mit Doppel-Tippen geschmeidig bewegen kann.

Zum Schweizer Start hat sich Apple auf die Strassenansichten fokussiert, zum Teil können aber auch schon Fussgängerzonen mit «Look Around» erkundet werden.

In Deutschland ist die «Look Around»-Funktion seit Sommer verfügbar:

Wie steht es um den Datenschutz?

Apple positioniert sich auch mit Blick auf die Datenkrake Google als Unternehmen, das möglichst wenig persönliche Daten zu den Nutzerinnen und Nutzern sammelt.

Man erfasse keine persönlichen Daten, die mit der Verwendung der Karten-App in Verbindung gebracht werden können, heisst es, «ausser du sendest Informationen über ‹Bewertungen & Fotos› ein oder meldest ein Problem».

Die von Apples Kamera-Autos und mit speziellen Kamera-Rucksäcken erfassten Personen und Autonummern sind durch Verpixelung anonymisiert worden.

An den von watson besuchten Orten funktioniert das perfekt – ganz im Gegensatz zu den Anfängen von Googles «Street View», das 2009 aufgeschaltet wurde und wegen ungenügender Anonymisierungen juristischen Ärger verursachte.

Wenn man in der «Look Around»-Ansicht nach oben wischt, wird dieses Menü angezeigt. So kann man Apple am einfachsten ein «Problem melden».
Wenn man in der «Look Around»-Ansicht nach oben wischt, wird dieses Menü angezeigt. So kann man Apple am einfachsten ein «Problem melden».bild: watson

Wer die Verpixelung eines Gesichts, Nummernschildes oder des eigenen Hauses beantragen will, kann sich gemäss Apple-Webseite auch per E-Mail ans Unternehmen wenden.

«Apple führt weltweit vor Ort Datenerfassungen durch, um Daten (GPS-Traces, Bilder, LiDAR) zur Verbesserung von Apple Maps und zur Unterstützung der ‹Look Around›‐Funktion zu erfassen. Im Zuge dessen werden wir einige Orte wiederholt aufsuchen, um neue Daten zu sammeln und somit die Qualität einer hochwertigen, aktuellen Karte kontinuierlich aufrechterhalten zu können.»
quelle: maps.apple.com

Wie gut ist die neue Navigation?

Apple Maps bietet eine einfach verständliche Turn-by-Turn-Navigation für Autofahrten, den öffentlichen Verkehrs (ÖV) sowie Fussgängerinnen und Fussgänger an. Für einen ausführlichen Test hat's watson (noch) nicht gereicht.

Neu sollen die Sprachanweisungen im Verkehr deutlich einfacher gehalten sein. Siri berücksichtigt den Kontext und sagt zum Beispiel: «Bei der nächsten Ampel rechts abbiegen.»

Die Velo-Navigation soll laut Apple möglichst bald folgen. Das stehe weit oben auf der Prioritätenliste, heisst es.

Was sind «Immersive Fusswegrouten»?

Auf dem iPhone und Co. werden dann Zusatzinformationen eingeblendet. In der Schweiz gibt es diese Augmented-Reality-Routen allerdings vorerst nur in den drei grossen Städten Zürich, Basel und Genf, aber zum Beispiel (noch) nicht in der Landeshauptstadt Bern, in St.Gallen oder Lugano.

Welche Sehenswürdigkeiten gibt es in 3D?

Die (nicht abschliessende) Liste umfasst:

  • Basel: Münster
  • Bern: Bundeshaus
  • Bern: Münster
  • Bellinzona: Burgen
    (UNESCO-Weltkulturerbe)
  • Genf: UNO-Hauptsitz am «Palais des Nations»
  • St. Gallen: Kathedrale
  • St. Gallen: Stiftsbezirk
    (UNESCO-Weltkulturerbe)
  • Vaduz: Schloss
  • Veytaux: Schloss Chillon
  • Zürich: Landesmuseum
Schloss Chillon in der neuen Karten-App von Apple, die im Dezember 2022 lanciert wurde.
Bild: Apple

Was für Kartenmaterial wird verwendet?

Apple verwendet nun eigenes Kartenmaterial.

Das Unternehmen hat dafür seit Sommer 2021 mit speziell ausgerüsteten Autos wiederholt Aufzeichnungen von den hiesigen Strassen und Wegen erstellen lassen. Und auch mit Kamera-Rucksäcken wurden Kartendaten erfasst.

Das neue Kartenmaterial ist seit Anfang November von ausgewählten Schweizer Usern getestet worden.

Apple führt aber auch die langjährige Kooperation mit TomTom fort, wie aus den Quellenangaben zum Kartenmaterial (und der Einblendung in der App) hervorgeht.

Was fehlt noch?

Ein Offline-Modus wie bei Google Maps.

In Zeiten der Klimakrise würde es Apple Maps auch gut anstehen, die sparsamsten und umweltfreundlichsten Routen anzuzeigen, so wie es der grosse Rivale bereits tut.

Für welche Geräte ist das neue Apple Maps verfügbar?

Für alle Apple-Geräte, auf denen die aktuelle Karten-App installiert ist: iPhone, iPad, Mac, Apple Watch, iPod Touch.

War's das?

Wie watson erfahren hat, wird Apple seinen Kartendienst in den kommenden Monaten weiter ausbauen und die App mit zusätzlichem Kartenmaterial ergänzen.

Die Aufholjagd geht also weiter.

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29 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Silvan Munz
16.12.2022 14:27registriert März 2021
Schonmal von Thun nach Brig über Montreux gefahren? Da werden aber viele Zusatzliter Sprit verbraucht. Apple kennt die Autoverlade gar nicht!
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Connor McJesus
16.12.2022 14:24registriert November 2015
Ich nutze selber Apple-Produkte, aber da sehe ich jetzt wirklich keinen Grund zu wechseln. Navigation mit Google Maps funktioniert mir da zu gut. Weiss man, wie es mit Verkehrsaufkommen aussieht bei Apple Maps? Denn ohne das würde ich es erst recht nicht nutzen.
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Lushchicken
16.12.2022 15:40registriert Oktober 2014
Lustig, habe mich und meinen Mann schon gefunden. Wir sahen das Fahrzeug letzten Sommer unterwegs. Beide ausgezeichnet verpixelt, nichts einzuwenden. Mir fällt auf, dass die Streetview-Qualität wirklich ausgezeichnet ist.
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