Die Macher des populären Online-Spiels «Fortnite» können nun doch weiter daran arbeiten, in der EU auf das iPhone zurückzukehren. Apple liess den wenige Tage zuvor ausgesperrten schwedischen Entwickler-Account von Epic Games am Freitag wieder zu. Damit kann Epic wie geplant seinen eigenen «Epic Games Store», den es bereits auf Windows-PCs gibt, auch auf iOS bringen.
Zuvor hatte die EU-Kommission, die die Einhaltung der DMA-Vorgaben (neues Digitalmarktgesetz der EU) überwacht, von Apple umgehend Erklärungen zum Rauswurf gefordert und klargestellt, dass man das Vorgehen mit hoher Priorität prüfen werde. Apple krebste darauf zurück, stellte das Einlenken aber als Einlenken von Epic Games dar. Der aufmüpfige Spielehersteller habe zugesagt, Apples Regeln zu befolgen.
EU-Kommissar Thierry Breton führte Apples Kehrtwende hingegen auf die Kontakte der Behörde mit dem Konzern zurück: «Ich nehme mit Befriedigung zur Kenntnis, dass Apple nach unseren Kontakten beschlossen hat, seine Entscheidung zum Ausschluss von Epic zurückzunehmen», sagte Breton. Dies zeige, dass der DMA (Digital Markets Act) konkrete Ergebnisse bringe.
Seine Kollegin, die für Digitales zuständige Margrethe Vestager, schrieb als Reaktion auf Twitter: «Lasst die Spiele beginnen!» – offensichtlich eine Anspielung auf «Fortnite».
🚨Under the #DMA, there is no room for threats by gatekeepers to silence developers.
— Thierry Breton (@ThierryBreton) March 7, 2024
I have asked our services to look into Apple’s termination of Epic’s developer account as a matter of priority.
To all developers in 🇪🇺 & 🌍: now is the time to have your say on gatekeepers’…
Der deutsche EU-Parlamentsabgeordnete Andreas Schwab hatte zuvor gegenüber dem Technologie-Portal Wired gesagt, Apples Herangehensweise «vermittelt mir den klaren Eindruck, dass sie unbedingt die Ersten sein wollen», die gegen den DMA (Digital Markets Act) verstossen und sich eine Klage einhandeln könnten.
Apples Einlenken ist auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Sperrung nicht nur gegen den DMA, sondern gegen weitere EU-Gesetze hätte verstossen können, namentlich gegen den Digital Services Act (DSA).
Bereits vor einigen Wochen hatte EU-Kommissar Breton eine öffentliche Warnung an Apple ausgesprochen. Sollte man zu dem Schluss kommen, dass der iPhone-Hersteller den DMA nicht einhält, werde man «harte Massnahmen» ergreifen.
Mit dem Greifen des Digitalgesetzes DMA muss Apple in der EU seit Donnerstag vergangener Woche erstmals zulassen, dass auf dem iPhone auch Anwendungen aus anderen Quellen als dem hauseigenen App Store heruntergeladen werden dürfen. Epic will das nutzen, um das seit August 2020 aus dem App Store verbannte «Fortnite» zumindest in der Europäischen Union auf das iPhone zurückzubringen. Hierzu will der Spiele-Entwickler seinen eigenen Epic Games Store auch für iOS veröffentlichen – bislang wurde dies von Apple verboten.
Epic hatte die neue Kontroverse am Mittwoch vergangener Woche in einem Blogeintrag öffentlich gemacht. Demnach sperrte Apple bereits am 2. März einen wenige Wochen zuvor eingerichteten schwedischen Entwickler-Account von Epic Games aus. In dem ebenfalls veröffentlichten Brief der Apple-Anwälte heisst es, Epic sei «nachweislich nicht zu vertrauen».
Apple sagte gegenüber US-Medien, der Epic-Account sei zunächst durch ein Versehen automatisiert und ohne Wissen des Apple-Managements freigegeben worden, hätte aber eigentlich nicht freigegeben werden sollen. Apple glaube nicht, dass sich der Spiele-Entwickler an vertragliche Verpflichtungen halte.
Epic hingegen hatte die Verbannung als Vergeltung für die scharfe Kritik von Firmenchef Tim Sweeney an Apples Umsetzung der DMA-Vorgaben bezeichnet. Er hatte die geplanten Apple-Regeln – insbesondere neue Gebühren – für andere App-Stores unter anderem als «Müll» bezeichnet und dem Konzern vorgeworfen, damit den Wettbewerb verhindern zu wollen.
In die gleiche Kerbe wie Epic schlugen 33 andere Unternehmen und Organisationen, die sich in einem öffentlichen Brief an die EU über Apples Umsetzung des DMA beschwerten. Darunter befinden sich auch die auf Sicherheit und Datenschutz bedachten Schweizer Apps Proton und Threema.
Nebst neuen Gebühren, welche alternative App-Stores unattraktiv machten, versuche Apple die User auch mit irreführenden Warnhinweisen von App-Stores anderer Anbieter fernzuhalten, kritisieren die Unternehmen.
Epic-Chef Sweeney legte zuletzt noch nach und schrieb, Apple versuche, App-Entwickler einzuschüchtern.
Auslöser für den langen Streit war ein Versuch von Epic, 2020 mit Hilfe eines Tricks die Abgabe von 15 oder 30 Prozent vom Kaufpreis zu umgehen, die Apple bei Geschäften in seinem App Store einbehält.
An den App-Prüfern des Konzerns wurde eine Version des «Fortnite»-Spiels mit verstecktem Software-Code durchgeschleust, der Nutzer virtuelle Artikel auch an Apple vorbei kaufen liess. Epic stellte so Apples App-Store-Kontrolle bloss und provozierte mit dem Regelverstoss den Rauswurf. Epic zog darauf gegen Apple vor Gericht in den USA, verlor aber in allen Instanzen. Apple sah sich daher im Recht, Epic auch in der EU das Recht auf einen eigenen App-Store zu verwehren.
Hintergrund des neu entbrannten Konflikts ist der Digital Markets Act (DMA), mit dem die Europäische Union übermächtige Grosskonzerne einschränken und den Wettbewerb fördern will.
Apple wurde von der EU-Kommission als eines der sechs «Gatekeeper»-Unternehmen (Torwächter) genannt, für die gemäss DMA striktere Vorgaben beim Wettbewerb gelten.
Apple muss daher in der EU, aber nicht in der Schweiz, alternative App-Stores erlauben. Apple versucht die neuen Spielregeln der EU jedoch «auszutricksen», indem es in den neuen Bedingungen für alternative App-Stores unter anderem nach einer Million Downloads einer App in einem Zwölfmonatszeitraum eine Abgabe von 50 Cent für jede weitere Erstinstallation erhebt. Für populäre Apps, die ausserhalb des Apple App-Stores angeboten werden, können so üppige Kosten entstehen.
Die Entwickler können aber auch im alten Modell bleiben und ihre Apps nur über Apples App Store vertreiben. Wechseln sie jedoch ins neue System, gibt es keinen Weg zurück zu den bisherigen Bedingungen. Laut Kritikern sind die Bedingungen so ausgestaltet, dass sich der Wechsel zu alternativen App-Stores für viele Apps finanziell nicht lohnt.
Unternehmen wie Spotify werfen Apple daher vor, mit der DMA-Umsetzung den Vertrieb über andere App-Stores für App-Entwickler wirtschaftlich nicht tragbar machen zu wollen.
Apple nennt App-Installationen aus anderen App-Stores zudem ein Sicherheitsrisiko. Die Entwickler der Chat-App Threema widersprechen dieser Sichtweise vehement. Es sei «stossend», dass Apple «als Begründung für die Verweigerung einer echten Öffnung die Sicherheit von iOS-Nutzern vorschiebt», schreibt das Schweizer Unternehmen.
(oli/sda/dpa)