Von einer «Smoking gun» spricht man, wenn ein eindeutiger Beweis vorliegt, dass ein Verbrechen begangen wurde. Bei der Abklärung der Ereignisse rund um den 6. Januar 2021 wurde offenbar ein solcher rauchender Colt im letzten Moment zum Verschwinden gebracht.
Joseph Cuffari, der Inspector General des Homeland Security’s Office, hat in einem Brief an die entsprechenden Gremien im Kongress mitgeteilt, dass alle Daten der Sicherheitsbeamten des Weissen Hauses rund um den Sturm auf das Kapitol verschwunden seien. «Das Departement hat uns mitgeteilt, dass viele Text-Botschaften des U.S. Secret Service (USSS) vom 5. und 6. Januar im Rahmen eines technischen Updates gelöscht worden sind», heisst es in dem Brief.
Der USSS gehört zum Homeland Security’s Office. Der Wachhund Cuffari wurde noch von Donald Trump ernannt. USSS-Sprecher Anthony Guglielmi dementiert, dass die Taten in «bösartiger Absicht» gelöscht worden seien. Das sei vielmehr im Rahmen eines technischen Updates geschehen.
Beim Ausschuss sieht man dies anders. Der Vorsitzende Bennie Thompson liess ausrichten: «Es ist beunruhigend. Für uns ist es sehr wichtig, zu erfahren, wie dies passieren konnte.»
Warum ist der Vorfall so wichtig? Es kursieren seit Längerem Gerüchte, wonach das Trump-Lager beim Sturm auf das Kapitol im letzten Moment versucht haben soll, Vize-Präsident Mike Pence zu entführen. Er hätte vom USSS an einen sicheren Ort gebracht werden sollen. Damit wäre zwar die Gefahr für Leib und Leben abgewendet worden, Pence wäre dann aber auch nicht in der Lage gewesen, die Wahl von Joe Biden zu zertifizieren.
Am Hearing vom 20. Juni hat Greg Jacob, der Rechtsberater von Pence, bestätigt, dass sein Boss hätte weggeschafft werden sollen, dass er sich jedoch geweigert habe, ins Auto des USSS einzusteigen.
Sollte der Befehl, Pence aus dem Kapitol zu entfernen, aus dem Weissen Haus oder gar von Trump persönlich ergangen sein, dann wäre dies eine Smoking Gun erster Güte. Niemand könnte dann noch daran zweifeln, dass Trump wirklich einen Staatsstreich unternehmen wollte. Deshalb will der Ausschuss alles unternehmen, um diese Daten wieder herzustellen.
Gleichzeitig soll nun auch Mike Pence zu einer Zeugenaussage bewogen, ja notfalls auch gezwungen werden. Das meldet das «Wall Street Journal». Dass der ehemalige Vize persönlich vor dem Ausschuss erscheinen wird, ist unwahrscheinlich. Adam Kinzinger, ein Mitglied des Ausschusses, tönt jedoch an, dass die Option geprüft werde, wonach Pence seine Aussagen auch schriftlich einreichen könne.
Derweil gerät der USSS immer mehr ins Zwielicht. Cassidy Hutchinson, die Assistentin von Trumps Stabschef Mark Meadows, hat in ihren spektakulären Zeugenaussagen unter anderem geschildert, wie der Ex-Präsident nach seiner legendären Rede den USSS nicht nur angewiesen habe, ihn zum Kapitol zu chauffieren. Als sich der Fahrer geweigert habe, habe im Trump ins Lenkrad gegriffen und ihn gewürgt.
Hutchinson machte diese Aussage aus zweiter Hand. Zwei direkt beteiligte USSS-Mitglieder erklärten daraufhin, dieser Vorfall habe so nie stattgefunden, und sie seien auch bereit, dies unter Eid zu bezeugen. Die beiden Agenten gelten als Trump-Vertraute. Sie haben bisher ihr Versprechen nicht eingelöst. Stattdessen hat sich ein weiterer USSS-Agent gemeldet, der die Aussagen von Hutchinson bestätigt.
Auch das nächste Hearing, das voraussichtlich am kommenden Donnerstag stattfinden wird, verspricht, spektakulär zu werden. Es soll erhellen, was sich in den langen 187 Minuten im Weissen Haus abspielte, bevor Trump den Mob dazu aufrief, das Kapitol zu verlassen.
Liz Cheney, die Vize-Präsidentin des Ausschusses, hat dazu bereits einen Teaser geliefert: «Ihr werdet erfahren, dass Donald Trump an diesem Tag niemals den Telefonhörer in die Hand genommen hat, um Hilfe anzufordern», so Cheney. «Darüber gibt es keine Zweifel. Er hat das Militär nicht angerufen. Sein Verteidigungsminister hat keinen solchen Anruf erhalten. Er hat auch seinen Justizminister nicht angerufen.»
Es war keine gute Woche für das Trump-Lager. Ein Bundesrichter in Washington hat zum zweiten Mal ein Anliegen von Steve Bannon abgeschmettert, seinen Termin vor einem Geschworenengericht am kommenden Montag zu verschieben. Trumps ehemaliger Chefstratege muss sich nun ernsthaft mit dem Gedanken auseinandersetzen, möglicherweise bis zu zwei Jahren ins Gefängnis zu wandern.
Der Ex-Präsident selbst hat einmal mehr stark angedeutet, noch vor den Zwischenwahlen seine Präsidentschaftskandidatur bekannt zu geben. Er hat dafür mehrere Gründe: Einerseits will er damit die Konkurrenz in den eigenen Reihen, vor allem Ron DeSantis, zurückbinden.
Andererseits will Trump mit einer solchen Ankündigung auch dem Justizminister Merrick Garland den Wind aus den Segeln nehmen. Er könnte so ein allfälliges Strafverfahren als politische Hexenjagd diffamieren. Angesichts der erdrückenden Beweislage wird ein solches Strafverfahren immer wahrscheinlicher.
Justizminister Garland hat jedoch gute Gründe, sich zurückzuhalten. Mit einem Strafverfahren gegen den Ex-Präsidenten würde er geradezu Benzin auf ein ohnehin schon loderndes Feuer schütten. Immer mehr besorgte Experten warnen vor einem drohenden Bürgerkrieg, so auch Stephen Marche in seinem soeben erschienen – übrigens sehr lesenswerten – Buch «Aufstand in Amerika» (auch auf Deutsch erhältlich).
Er schreibt: «Der kommende Bürgerkrieg ist nicht länger Science-Fiction. Die Pläne für die erste Schlacht wurden bereits entworfen. Und zwar nicht von Schriftstellern. Sondern von ranghohen Offizieren.»
Ähä, genau.
In diesen Institutionen wird normalerweise alles doppelt und dreifach abgespeichert, etliche backups werden angelegt.
aber genau diese 2 Tage sind unwiederbringlich gelöscht?
schlechteste Ausrede ever!! 😂😂😂😂
Und ja. Rechtspipulisten schaden. Immer. Und überall.