Für Joe Biden geht dieser Tage nichts, aber auch gar nichts, nach Plan. So wurde am Montag ein festlicher Akt im Garten des Weissen Hauses gestört, an dem der amerikanische Präsident das erste Waffengesetz feiern wollte, das in den vergangenen drei Jahrzehnte heil durch das Parlament geschafft hatte. Ein aufgebrachter Vater, dessen Sohn während des Schulmassakers in Parkland (Florida) im Februar 2018 ermordet worden war, beschwerte sich mit wütenden Zwischenrufen über Biden. «Sie müssen mehr tun!», rief der Mann.
Mit dieser Kritik ist der aufgebrachte Vater nicht allein. Von links und rechts wird Biden derzeit attackiert. Der linke Flügel der Demokratischen Partei stört sich daran, dass der Präsident auf umwälzende Ereignisse angeblich zu zögerlich reagiere – so konterte Biden das historische Gerichtsurteil des Supreme Court über die Legalität von Schwangerschaftsabbrüchen nicht mit einer Palette von kantigen Dekreten und Kampfansagen an den politischen Gegner.
Die Demonstrantinnen und Demonstranten, die tagelang vor dem Gerichtsgebäude gegen die Entscheidung protestiert hatten, reagierten enttäuscht. «Es besteht der Wunsch nach Konfrontation und Reibung», sagte ein hochrangiger Berater des linken Senators Bernie Sanders kürzlich der «Washington Post».
In der Mitte hingegen wird Biden beschuldigt, seit Amtsantritt im Januar 2021 stetig nach links gerutscht zu sein und damit sein Wahlversprechen, als Versöhner regieren zu wollen, verraten zu haben. Auch kümmere sich das Weisse Haus nicht um den Abbau des Problembergs in Washington, der stetig wächst. Stichworte: die Wirtschaftslage, hohe Benzinpreise, die löchrige Grenze zu Mexiko, die Corona-Pandemie, der Krieg in der Ukraine und die steigende Kriminalität.
Die Republikaner, die bei der nationalen Parlamentswahl im November auf die Machtübernahme im Repräsentantenhaus und Senat hoffen, haben natürlich ein Interesse daran, diesen Konflikt zu schüren. Also porträtieren konservative Politiker den Präsidenten wechselweise als quasi-kommunistischen Diktator oder als Tattergreis, der von seinen Beratern manipuliert werde.
Das Weisse Haus findet sämtliche dieser Vorwürfe lächerlich. Biden sei Biden, heisst die oft gehörte Verteidigungslinie, ein Politiker, der seit 50 Jahren einen gradlinigen Kurs verfolge. Diese Argumentation ist nicht falsch. Es stimmt aber auch, dass sich der politische Betrieb in den vergangenen fünf Jahrzehnten stark verändert hat und Biden (und seine Berater) mit diesen Veränderungen nicht mithalten können.
Der Präsident wirkt deshalb zunehmend altbacken. Da hilft es natürlich auch nicht, dass Biden in vier Monaten seinen 80. Geburtstag feiern wird und ihm während seinen öffentlichen Auftritten immer wieder peinliche Schnitzer unterlaufen.
Die amerikanischen Wählerinnen und Wähler jedenfalls scheinen genug gesehen zu haben. Bidens Zustimmungswerte, die nach dem hastigen Rückzug der amerikanischen Streitkräfte aus Afghanistan im Sommer 2021 ins Minus kippten, sinken weiter. Derzeit sind nur noch 38 Prozent der Amerikaner zufrieden mit seiner Amtsführung, gemäss dem Umfrageportal FiveThirtyEight. Immer lauter werden deshalb die Rufe nach einer Verzichtserklärung des Präsidenten und einer frischen Kandidatin, einen frischen Kandidaten für die nächste Wahl im Jahr 2024.
Biden aber möchte für eine zweite Amtszeit kandidieren. Und, so absurd dies auch klingen mag, ganz ausgeschlossen ist eine solche erneute Kandidatur nicht. Denn Biden scheint immer noch der einzige Demokrat zu sein, der ein direktes Duell mit seinem ehemaligen Widersacher Donald Trump (76) gewinnen könnte. Sollten sich die Republikaner aber von ihrem Übervater abnabeln, dann wären auch die Stunden Bidens gezählt.
Das wirkliche Problem der Handlungsunfähigkeit kommt daher, dass viele Bürger in den USA nicht oft genug wählen gehen: Die Mehrheitsverhältnisse wären viel klarer, würden die Leute (insbesondere Demokraten) auch bei sämtlichen anderen Wahlen als nur für d. POTUS zur Urne gehen. Jetzt haben sie mal Druck im Herbst.
Meiner Meinung hätte Biden Harris jede Menge Schoggi-Jobs zuschieben sollen, in denen sie brillieren und die Herzen der Demokraten hätte gewinnen können. Beliebte Vizes haben einen gewaltigen Startvorteil. Stattdessen muss sich Harris aber um die Grenze zu Mexiko kümmern, wo man als Politiker eigentlich nur verlieren kann. Schade.
Man hat irgendwie den Eindruck er ist um einiges unbeliebter als die Orange, was für mich absolut unverständlich ist🙈🤷♂️