Als Joe Biden die Wahl gegen Donald Trump gewann, sah die Welt noch ganz anders aus. Der Ex-Präsident hatte sich völlig unfähig gezeigt, die Covid-Krise in den Griff zu bekommen. (Erinnert ihr euch an seinen Rat, Desinfektionsmittel zu spritzen?) Die Wirtschaft war eingebrochen und die Arbeitslosigkeit in den zweistelligen Prozentbereich hochgeschnellt. Unter diesen Umständen war Biden der ideale Gegner für Trump: pragmatisch, seriös und vertrauenswürdig. Er war der erfahrene Manager, der das Chaos, das Trump hinterlassen hatte, wieder aufräumen konnte.
Paradoxerweise hat Biden seinen Job zu gut erledigt. Vier Jahre später haben die Amerikaner nur noch vage Erinnerungen an die turbulente Trump-Ära. Anstatt sich dankbar dafür zu zeigen, dass Biden eine Rezession vermeiden konnte und die amerikanische Wirtschaft sich weit schneller und besser erholte als alle anderen, ärgern sie sich über Inflation und Immigration. Das fortgeschrittene Alter des Präsidenten trug ebenfalls nicht dazu bei, die Stimmung zu verbessern.
Kurz, um eine zweite Amtszeit von Trump zu verhindern, brauchte es eine Alternative. Kein verlässlicher Manager ist jetzt gefragt, sondern jemand, der Aufbruchstimmung, Hoffnung und Freude verbreiten kann.
Auftritt Kamala Harris: Die Vize-Präsidentin hat diese Aufgabe zur allgemeinen Überraschung brillant gemeistert. «Sie wächst direkt vor unseren Augen», schwärmt etwa Frank Bruni in der «New York Times». «Sie lernt in kürzester Zeit. Und ihre Rede am Donnerstagabend war ein hoffnungsvoller Tribut daran, dass Ausbildung, Geschwindigkeit und Gründlichkeit uns vor einem zweiten ruinösen Tanz mit Donald Trump bewahren können.»
Sicher, das Rennen ist noch längst nicht entschieden. Kamala Harris ist jedoch ein spektakulärer Meinungsumschwung gelungen. Verschiedene Umfragen zeigen, dass sie nicht nur Bidens Rückstand auf Trump aufholte. Sie hat derzeit gar bessere Chancen, ins Weisse Haus einzuziehen als der Ex-Präsident. Daher drängt sich die Frage auf: Wie wird eine Präsidentin Harris regieren?
Die Antwort fällt nicht leicht, denn in einem Punkt haben die konservativen Harris-Kritiker recht: Was konkrete Absichten betrifft, gibt sich die Vize-Präsidentin bisher vage. «Ms. Harris versuchte zwar, eine Vision ihrer Präsidentschaft aufzuzeigen», bemängelt daher das «Wall Street Journal», «aber es waren hauptsächlich leere Plattitüden.»
Harris hat jedoch gute Gründe, zum jetzigen Zeitpunkt keine detaillierten Pläne vorzulegen. «Ihr übergeordnetes Ziel besteht darin, Trump zu schlagen», stellt der «Economist» fest. «Und dieses Ziel ist überlebenswichtig. Deshalb sind List und Täuschung erlaubt. (…) Wären detaillierte Pläne und eine Menge von Politik-Papers der Schlüssel zum Wahlerfolg, dann hätte Hillary Clinton 2016 nicht verloren.»
Die Harris-Kritiker betonen auch immer wieder, dass die Vize-Präsidentin ihre Meinung in drei entscheidenden Fragen geändert hat. Tatsächlich hat sie sich 2019 als Präsidentschaftskandidatin noch für eine Einheitskrankenkasse ausgesprochen. Sie wollte auch das Fracking verbieten und illegale Einwanderer entkriminalisieren. Von diesen Positionen ist sie mittlerweile abgerückt. Man kann dies als Opportunismus verurteilen, oder man kann sich an ein legendäres Zitat von John Maynard Keynes halten: «Wenn sich die Fakten ändern, ändere ich meine Meinung. Was tun Sie?»
Zudem ist es auch nicht richtig, dass sich Harris um konkrete Antworten drückt. In ihrer Rede vor dem Parteitag hat sie in groben Zügen umrissen, wofür sie steht. Sie gab sich betont pragmatisch und realistisch und als Champion des Mittelstandes, dem sie Steuersenkungen in Aussicht stellte. Ihr Ziel sei eine «Wirtschaft, die allen Chancen ermöglicht», führte sie aus. Ebenso versprach sie, den Wohnungsmangel zu beheben und bezahlbare Krankenkassen-Prämien für Senioren sicherzustellen.
Anders als Trump stellt Harris auch die Nato nicht infrage. Auch die Hilfe an die Ukraine steht für sie nicht zur Diskussion. Trump wirft sie derweil vor, sich «bei Tyrannen und Diktatoren wie Kim Jong-un einzuschleimen».
Konkrete Pläne vorzulegen macht auch deshalb wenig Sinn, weil noch unsicher ist, wie weit sie überhaupt umsetzbar sind. Am 5. November wird nämlich nicht nur entschieden, wer ins Weisse Haus einziehen wird. Auch die Zusammensetzung des Kongresses wird neu bestimmt. Die Demokraten haben dabei gute Chancen, ihre Mehrheit im Abgeordnetenhaus zurückzuerobern. Bei den Wahlen in den Senat – ein Drittel der Mitglieder wird neu gewählt – haben jedoch die Republikaner die besseren Karten.
Aller Wahrscheinlichkeit nach werden die Demokraten ihren Sitz in West Virginia verlieren, da der bisherige Inhaber Joe Manchin nicht mehr antritt. In den Bundesstaaten Pennsylvania, Nevada, Wisconsin, Michigan, Arizona, Ohio und Montana müssen sie sich in sehr engen Wahlen behaupten. Ihre knappe Mehrheit von 51 Sitzen ist daher äusserst wackelig, und bei einem 50:50-Patt muss Harris die Präsidentschaftswahlen gewinnen, damit ihr Vize Tim Walz im Senat das Zünglein an der Waage spielen kann.
Zum Glück können die Demokraten auf ihren wichtigsten Wahlhelfer zählen, auf Donald Trump. Obwohl der Rücktritt von Joe Biden nicht wirklich überraschend gekommen ist, ist es dem Wahlkampfteam des Ex-Präsidenten bisher nicht gelungen, sich auf die neue Ausgangslage einzustellen. So postete Trump während der Rede von Harris etwas hilflos: «WO IST HUNTER». Oder: «Walz war nur ASSISTENZ-Coach, nicht COACH.»
Damit ist kein Blumentopf, und schon gar keine Präsidentschaftswahl zu gewinnen. «Die Republikaner müssen die politischen Pläne der Vize-Präsidentin zutage fördern, Pläne, welche diese bis zum Ende zu vertuschen suchen wird», stellt das «Wall Street Journal» fest. «Es wird nicht reichen, sie als ‹Genosse Kamala› anzusprechen, auch nicht, sie mit Bezeichnungen wie ‹Marxistin› oder ‹Kommunistin› zu verunglimpfen.»
Trump würde so oder so zuerst einen Rachefeldzug starten um sich dann zum König der USA zu krönen. Danach regiert er wie putin oder Kim Jong un.
Da ist mir persönlich Harris lieber. Ich hoffe die US Amerikaner sehen das auch so.
Demnach ist die Messlatte für Harris sehr niedrig. Es ist ihr zweifellos zuzutrauen, dass sie die richtigen Leute um sich schart, um den Laden am Laufen zu halten und die erfolgreiche Ära Biden weiterzuführen.
Wie würde Kamala Harris regieren?"
Prognosen sind schwierig, vor allem wenn sie die Zukunft betreffen