Niemand weiss exakt, wie viele Personen sich in einem Land mit dem Coronavirus angesteckt haben. Die wichtigste Bedingung, um die Entwicklung der Epidemie zu beobachten und die entsprechenden Massnahmen abzuleiten, sind genügend durchgeführte Tests.
Werden viele Personen getestet, sind sowohl der Anteil der positiven Tests als auch die Dunkelziffer der unentdeckten Fälle kleiner. Im Mai empfahl die Weltgesundheitsorganisation, die Positivitätsrate unter 5 Prozent zu halten – sie sei einer von mehreren Indikatoren, dass die Epidemie unter Kontrolle sei.
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Von dieser Empfehlung ist die Schweiz aktuell noch weit entfernt. In den Sommermonaten konnte die Positivitätsrate zwar tief gehalten werden – mit der zweiten Welle im Oktober wurde aber auch die Unsicherheit über die Ausbreitung der Epidemie wieder grösser.
Inzwischen lassen sich zwar weniger Leute testen – gemäss dem BAG zu wenige –, doch auch die Positivitätsrate sinkt wieder. Am Dienstag lag sie bei 16 Prozent, der in der Grafik eingezeichnete 7-Tage-Schnitt hinkt entsprechend etwas hinterher.
In keinem Land stellen sich mehr durchgeführte Tests als positiv heraus als in Mexiko: sechs von zehn Tests fallen positiv aus.
In Europa liegt Polen an der Spitze, immer noch knapp die Hälfte (45,6 Prozent) der getesteten Polen ist positiv. Gleich danach folgen Bulgarien (40,6 Prozent) und Nordmazedonien (37,8 Prozent).
Die Entwicklung der Epidemie am besten beobachten können folgende drei Länder mit den tiefsten Positivitätsraten europaweit:
Island ist naturgemäss in einer anderen Ausgangslage als die Schweiz: Als Inselstaat lässt sich deutlich einfacher kontrollieren, wer ins Land einreist. Und das wird auch gemacht: Wer keinen negativen Coronatest vorlegen kann, wird direkt in eine 14-tägige Quarantäne geschickt.
Der Tourismus ist mit rund 40 Prozent einer der grössten Wirtschaftszweige in Island. Entsprechend versucht das skandinavische Land, die Hotels und Airbnbs wieder zu füllen. Dafür wurde ein eher aussergewöhnlicher Ansatz gewählt: Island will reiche Angestellte anlocken, die ihre Arbeit digital von Island aus erledigen – dieses «Home-Office-Visum» ist für alle mit einem Einkommen ab 1 Million isländischen Kronen pro Monat (rund 6700 Franken) erhältlich.
Statt Massentourismus ein paar wenige Menschen, die dafür mehr Geld liegen lassen – das ist ein Teilstück der isländischen Strategie, um das Coronavirus möglichst von der Insel fernzuhalten.
Während Dänemark Anfang November den Peak der zweiten Welle erreichte, ist der R-Wert schon vor zwei Wochen auf unter 1 gefallen – die Neuinfektionen nehmen wieder deutlich ab.
Ein ähnliches Bild zeigte sich zur gleichen Zeit in vielen europäischen Ländern, darunter in der Schweiz. Trotzdem schaffte es Dänemark, die Positivitätsrate seit April immer unter 2 Prozent zu halten. Möglich war das dank sehr vielen Tests: Täglich wurden während der zweiten Welle fast vier Mal so viele Menschen getestet wie in der Schweiz (siehe Vergleichsgrafik unten).
Dänemark hat inzwischen mehr Tests durchgeführt als das Land Einwohner hat.
Finnland hält die Positivitätsrate unter anderem dank strikten Einreiseregelungen tief. Das skandinavische Land hat die Grenzen für Reisende aus Risikoländern als eines der ersten Länder geschlossen. Die für Risikoländer geltende Grenze lag anfangs bei nur gerade 8 Fällen pro 100'000 Einwohner in den letzten 14 Tagen. Inzwischen ist sie bei 25 angesetzt; trotzdem sind bei den aktuellen Fallzahlen nur Einwohner aus sehr wenigen Ländern berechtigt, nach Finnland zu reisen.
Finnland selbst hat zurzeit um 50 Fälle pro 100'000 Einwohner und überlegt daher, diese Grenze zu erhöhen oder Personen mit negativem Testresultat ins Land zu lassen.
Ausserdem versucht Finnland, die Fallzahlen mit einigen Massnahmen tief zu halten: Restaurants und Bars dürfen beispielsweise nur die Hälfte der regulären Kundschaft empfangen.
Ebenfalls unter der von der WHO empfohlenen 5-Prozent-Marke lagen in den letzten sieben Tagen die europäischen Länder Zypern, Irland, Norwegen und Malta.
Weltweit gesehen gibt es noch diverse Länder, die mit Positivitätsraten gegen Null auftrumpfen können, darunter Australien, Singapur, Vietnam und Neuseeland.
Das folgende Gif zeigt, wie viele Länder die Positivitätsrate im Sommer weit unter 5 Prozent drücken konnten. Inzwischen liegt kaum noch ein Land unter dieser Grenze.
Nebst dem bereits erwähnten «Positivitäts-König» Dänemark testen auch andere Länder viel. Weltweite Spitze ist Luxemburg: In den letzten sieben Tagen wurden 15 Personen pro 1000 Einwohner auf Covid-19 getestet. Positiv waren dabei 5,9 Prozent – Luxemburg liegt also knapp über der WHO-Empfehlung.
Auch Malta (6,9 Tests pro 1000 Einwohner), Zypern (6,8) und Grossbritannien (4,6) haben in der vergangenen Woche fleissig getestet. In der Schweiz wurden in den letzten sieben Tagen 2,6 Tests pro 1000 Einwohner durchgeführt
Am wenigsten testen in Europa die Länder Ukraine (0,9 Tests pro 1000 Einwohner) und Bulgarien (1,2). Auf dem drittletzten Platz liegt Polen (1,3), das ja mit knapp 50 Prozent eine extrem hohe Positivitätsrate aufweist.
Ist den Behörden aber wohl zu teuer.