Der 26-jährige Tobias Schär hat eine Mission: «Vielen Menschen in unserem Land bleibt der Zugang zur digitalen Welt verwehrt, weil ihnen die finanziellen Mittel zur Beschaffung der entsprechenden Infrastruktur fehlen. Das darf nicht sein. Mit unserem Projekt ‹Wir lernen weiter› wollen wir dazu beitragen, das zu ändern.»
Der Gedankenblitz kam dem jungen Merenschwander Ende März im Lockdown: «Als wegen der Pandemie die Schulen geschlossen wurden, fragte ich mich: Was machen jetzt minderbemittelte Eltern, die sich die nötigen Geräte fürs Homeschooling ihrer Kinder nicht leisten können?»
Als Unternehmensberater im Softwarebereich und Student der Wirtschaftsinformatik wusste Schär, dass in vielen Schweizer Haushalten, Unternehmen und Schulen unbenutzte ältere Laptops stehen. Dieses Potenzial versuchte er über seine persönlichen Beziehungen und auch über die umgehend geschaffene Plattform wir-lernen-weiter.ch zu nutzen.
Innerhalb kurzer Zeit hat der initiative Mann im Frühling auf diese Weise 100 Geräte eingesammelt, aufbereitet und an bedürftige Familien vermittelt. Inzwischen hat sich das uneigennützige Hilfsprojekt stark ausgeweitet: Vor wenigen Tagen ist der 1000. aufbereitete Laptop ausgeliefert worden, weitere 230 funktionstüchtige Geräte liegen im Dachgeschoss des alten Merenschwander Pfarrhauses bereit.
Das Projekt hat sich in den vergangenen acht Monaten gewaltig entwickelt und Tobias Schär gefordert.
Für seine Mission überlässt der engagierte junge Mann nichts dem Zufall. Die aufgebaute technische Infrastruktur erlaubt es dem Verein, 33 Laptops gleichzeitig neu aufzusetzen. Dabei werden die auf den Geräten vorhandenen Daten unwiederbringlich gelöscht und ein neues Betriebssystem sowie die für den Einsatz notwendige Software installiert.
Schär erklärt:
Jedem Gerät wird zudem eine spezifische Betriebsanleitung beigelegt. «Damit kann der Benutzer den Laptop in Betrieb nehmen und er sieht daraus auch, wo und wie er allenfalls weitere für seine Arbeit nötige Gratis-Tools herunterladen kann. Einen weiteren Support können wir nach der Auslieferung aber aus zeitlichen Gründen nicht leisten», erklärt Schär.
Für den Initianten von «Wir lernen weiter» ist das, was er tut, mittlerweile mehr als bloss ein soziales Engagement: «Mit unserer Tätigkeit wird mir immer deutlicher bewusst, wie auch in unserem Land benachteiligte Menschen im Stich gelassen werden. Meiner Meinung nach ist der Zugang zur digitalen Welt heute für die berufliche Wiedereingliederung und Weiterbildung, sowie auch im Migrationsbereich, unabdingbar», findet Schär. Deshalb müsste allen Leuten ermöglicht werden, an der digitalen Transformation mitzumachen.
«Wenn beispielsweise Stellensuchende sich kaum oder nur schwer bewerben können, weil die EDV-Infrastruktur fehlt und sie so länger arbeitslos bleiben, steigen die Ausgaben im Sozialbereich. Ergo müssten doch der Staat und die Sozialämter eingreifen.» Doch diese, bilanziert Schär aufgrund seiner Erfahrungen, seien diesbezüglich mit Investitionen sehr zurückhaltend. So gesehen übernehme sein Verein mit der Vermittlung von EDV-Infrastruktur ein Stück weit eine Gemeindeaufgabe.
Der Verein habe den Kontakt mit Gemeinden in der ganzen Schweiz gesucht. «Die Gemeinden, beziehungsweise deren Sozialämter, sollten die Leute kennen, die von unserem Engagement profitieren könnten.» Mittlerweile hat der Verein bereits mit über 100 Gemeinden in der ganzen Schweiz entsprechende Vereinbarungen abschliessen können.
«Wir lernen weiter» bietet den Sozialämtern aufbereitete Geräte an, welche diese dann selbst an Bedürftige verteilen können. «In diesem Fall», erklärt er, «verrechnen wir pro versendetes Gerät 150 Franken, um unseren Aufwand zu decken. Portokosten sind inbegriffen. Das sehen allerdings nicht alle Gemeinden gerne.»
So hätten ihm schon Sozialvorsteher aus Gemeinden in der Region zu verstehen gegeben: «Warum soll unsere Gemeinde solche Geräte vermitteln und dafür noch bezahlen? Wir schicken die Bedürftigen lieber direkt bei Ihnen vorbei. Dann erhalten sie die Geräte gratis und unsere Gemeinde kann sich die Ausgaben sparen.»
«Für solche Reaktionen», sagt Tobias Schär, «fehlt mir schlichtweg das Verständnis.». Schär: «Jede Gemeinde weiss, dass für 150 Franken auf anderem Weg kein Gerät beschafft werden kann.»
Spenden sind über die Twint-App möglich. Die nötigen Informationen sind auf der Projekt-Website zu finden.
(aargauerzeitung.ch)
Die Idee gefällt mir sehr gut. Und 33 Rechner auf einmal neu aufzusetzen und nach immer gleichen Regeln automatisch zu konfigurieren bekommen heute noch viele Firmen nicht hin. Alleine dieses Know-How zu erarbeiten ist die Sache wert.
Weiter so! ;-)
Jetzt muss ich mal schauen, dass die bestehenden Kommentare noch eine Antwort erhalten. Danke, dass Ihr mit diesen Zeilen auf unsere Zwecke aufmerksam macht <3