Gut sechs Wochen nach der Bundestagswahl haben CDU, CSU und SPD in Deutschland ihre Verhandlungen über die Bildung einer neuen Regierung abgeschlossen und sich auf einen Koalitionsvertrag verständigt. Das bestätigten Vertreter aller drei Seiten der Deutschen Presse-Agentur.
Die Parteien müssen dem Vertrag nun noch zustimmen, bevor er dann unterzeichnet und CDU-Chef Friedrich Merz im Bundestag zum Kanzler gewählt werden kann. Bei der SPD stimmen die Mitglieder darüber ab, bei der CDU soll ein kleiner Parteitag darüber entscheiden, bei der CSU der Vorstand.
Das sind die neusten Entwicklungen.
Beim heutigen Bürgergeld für Langzeitarbeitslose planen Christdemokraten und Sozialdemokraten in Deutschland deutliche Verschärfungen.
Das bisherige System soll nach der Einigung von CDU/CSU und SPD auf einen Koalitionsvertrag zu «einer neuen Grundsicherung für Arbeitssuchende» umgestaltet werden. Vermittlung in Arbeit soll bei arbeitsfähigen Menschen Vorrang haben. Vorgesehen ist nach dem Entwurf des schwarz-roten Koalitionsvertrags dazu die Beseitigung von Vermittlungshürden.
Mitwirkungspflichten und Sanktionen sollen «im Sinne des Prinzips Fördern und Fordern» verschärft werden. Schneller als heute sollen Sanktionen durchgesetzt werden. Leistungen sollen vollständig entzogen werden, wenn Menschen, die arbeiten können, wiederholt zumutbare Arbeit verweigern. Geltende Schonzeiten für Vermögen sollen abgeschafft werden; die Höhe des Schonvermögens soll an die Lebensleistung gekoppelt werden.
Die von der «Ampel»-Regierung in Deutschland beschleunigte Einbürgerung nach drei Jahren für besonders gut integrierte Zuwanderer soll wieder abgeschafft werden. Darauf haben sich CDU, CSU und SPD bei ihren Koalitionsverhandlungen geeinigt.
An der Reduzierung der Wartefrist für normale Einbürgerungen von acht auf fünf Jahre und an der Erlaubnis für den Doppelpass will man demnach aber festhalten.
Zur Entlastung der deutschen Wirtschaft wollen Christdemokraten und Sozialdemokraten das deutsche Lieferkettengesetz abschaffen. Das geht aus dem Koalitionsvertrag hervor.
«Es wird ersetzt durch ein Gesetz über die internationale Unternehmensverantwortung, das die Europäische Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) bürokratiearm und vollzugsfreundlich umsetzt.» Die Berichtspflicht nach dem deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz «wird unmittelbar abgeschafft und entfällt komplett», wie es im Koalitionsvertrag heisst.
Das seit Anfang 2023 geltende Gesetz soll sicherstellen, dass bei Produkten, die im Ausland für den deutschen Markt hergestellt werden, bestimmte Arbeits- und Umweltstandards eingehalten werden. Die betroffenen Unternehmen klagen jedoch über Wettbewerbsnachteile und hohen bürokratischen Aufwand. Vor wenigen Monaten war ein europäisches Lieferkettengesetz beschlossen worden, das von den EU-Staaten binnen zwei Jahren umgesetzt werden muss.
Die europäische Regelung wird allerdings voraussichtlich ein Jahr später in Kraft treten, nachdem das Europaparlament vor Kurzem den Weg freigemacht hat für eine Verschiebung.
Bis eine schwarz-rote Regierung loslegen kann, wird es trotzdem noch eine Weile dauern. Das Mitgliedervotum der SPD wird etwa zwei Wochen in Anspruch nehmen. Das Ergebnis wird also erst nach Ostern verkündet. Der kleine Parteitag der CDU dürfte Ende April stattfinden.
Geht alles glatt, kann die Wahl des Kanzlers im Bundestag und die Vereidigung des Kabinetts Anfang Mai stattfinden. Im Gespräch ist der 7. Mai. Dann hätte Deutschland fast auf den Tag genau ein halbes Jahr nach dem Bruch der «Ampel»-Koalition von SPD, Grünen und FDP am 6. November 2024 eine neue Regierung.
CDU/CSU und SPD haben sich in Deutschland auf die Einrichtung eines Nationalen Sicherheitsrates im Bundeskanzleramt verständigt.
Dieser solle wesentliche Fragen einer integrierten Sicherheitspolitik koordinieren, eine gemeinsame Lagebewertung vornehmen und somit das Gremium der gemeinsamen politischen Willensbildung sein, heisst es in dem von den Spitzenvertretern vereinbarten Koalitionsvertrag.
Die angehenden Regierungspartner wollen auch ein neues und zunächst auf Freiwilligkeit basierendes Wehrdienstmodell einführen. Noch in diesem Jahr sollten dazu die Voraussetzungen für eine Wehrerfassung und Wehrüberwachung geschaffen werden, heisst es in dem von den Spitzenvertretern vereinbarten Koalitionsvertrag.
Beide Seiten wollen Telekommunikationsanbieter künftig dazu verpflichten, IP-Adressen für mögliche Ermittlungen drei Monate lang zu speichern. Das geht aus dem Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD hervor, auf den sich die Verhandler verständigt haben. Wegen rechtlicher Unsicherheiten war die alte Regelung zur Vorratsdatenspeicherung seit 2017 nicht mehr genutzt worden.