Der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius wird neuer Verteidigungsminister. Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wolle Pistorius am Mittag offiziell als Nachfolger von Christine Lambrecht bekanntgeben, wie mehrere Medien und auch t-online aus Regierungskreisen erfuhren.
Christine Lambrecht (SPD) hatte am Montagmorgen schriftlich erklärt, dass sie Scholz um Entlassung gebeten habe. Die SPD-Politikerin stand bereits seit Monaten in der Kritik, unter anderem wegen eines missglückten Silvestervideos und der Zögerlichkeit bei Waffenlieferungen an die Ukraine. Hier lesen Sie mehr dazu.
Lambrecht hinterlässt der künftigen Ressortleitung eine ganze Reihe von Baustellen. So steht die Modernisierung der Bundeswehr unter anderem mithilfe des 100 Milliarden Euro umfassenden Sondervermögens ganz am Beginn. Bisher wurden erst Verträge über gut zehn Milliarden Euro geschlossen. Die Aufrüstung hatte Kanzler Scholz nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine im Februar vergangenen Jahres verkündet.
Unklar ist auch, wie es mit den Waffenlieferungen an die Ukraine weitergeht. Nachdem die Bundesregierung zuletzt die Lieferung von Marder-Schützenpanzern beschlossen hatte, drehen sich die aktuellen Debatten darum, dem angegriffenen Land Leopard-Kampfpanzer bereitzustellen. Dauerbaustellen bei der Truppe sind auch Mängel bei zahlreichen Waffensystemen wie zuletzt beim Schützenpanzer Puma und Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Munition.
Auch der geordnete Rückzug aus dem UN-Einsatz Minusma in Mali steht auf der Agenda des oder der künftigen «Ibuk», des Inhabers oder der Inhaberin der Befehls- und Kommandogewalt. Nach einer Entscheidung der Bundesregierung soll das bis Mai 2024 geschehen.
Der CDU-Aussenpolitiker Roderich Kiesewetter wies darauf hin, dass sich am Freitag Vertreter der westlichen Verbündeten der Ukraine auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz treffen. Wer Lambrechts Nachfolge antrete, müsse «sofort die Führung und Koordinierung der militärischen Unterstützung der Ukraine übernehmen oder zumindest die deutsche Blockade beenden», sagte Kiesewetter den Zeitungen der Funke Mediengruppe. «Denn Deutschland sollte endlich die Führung bei der Koordinierung einer Leopard-Allianz übernehmen, um dem selbstgesetzten Anspruch einer Führungsrolle gerecht zu werden.»
Auch Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Bundestags, forderte zum wiederholten Mal Bewegung in Sachen Kampfpanzer. Der Dreh- und Angelpunkt bleibe das Kanzleramt, betonte sie in der ARD. Sie hoffe, dass jetzt sehr schnell entschieden wird. «Die Europäer und auch die Nato-Staaten erwarten von Deutschland Führung.»
(tonline/dpa)