International
Donald Trump

Trump denkt bei der Richterwahl nur an sich selbst

President Donald Trump talks with Judge Brett Kavanaugh his Supreme Court nominee, and his family in the East Room of the White House, Monday, July 9, 2018, in Washington. (AP Photo/Alex Brandon)
Donald Trump mit Brett Kavanaugh und dessen Familie.Bild: AP/AP

Trump bleibt Trump: Bei der Richterwahl denkt er nur an sich selbst

Mit Brett Kavanaugh dürfte der Oberste Gerichtshof der USA weiter nach rechts rücken. Er findet, Präsidenten sollten während ihrer Amtszeit nicht durch Strafverfahren belastet werden. Das wird Donald Trump sehr gefallen.
10.07.2018, 15:0010.07.2018, 22:10
Mehr «International»

US-Präsident Donald Trump hat den Juristen Brett Kavanaugh am Montag für den Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten nominiert. So weit, so überraschungsfrei: Der 53-Jährige galt als einer der Favoriten für die Nachfolge des zurückgetretenen Richters Anthony Kennedy. Eher überraschend ist hingegen, dass der Widerstand gegen Kavanaugh nicht nur von links kommt.

Die christliche-konservative American Family Association rief ihre Anhänger auf, die Senatoren ihres Bundesstaats zu kontaktieren und sie aufzufordern, gegen Brett Kavanaugh zu stimmen. Sie nennt dafür mehrere Gründe. Ein wesentlicher Aspekt ist die Befürchtung, dass er in der Abtreibungsfrage zu wenig «verlässlich» urteilen könnte.

epa06875999 Activists with four anti-abortion groups hold a vigil 'to support Trump's promise to overturn Roe' (the landmark Supreme Court ruling that legalized abortion) outside the Wh ...
Abtreibungsgegner demonstrierten am Montag vor dem Weissen Haus.Bild: EPA/EPA

Nach Rücktritt von Kennedy, der in Sachen Schwangerschaftsabbruch eher liberal eingestellt war, hatten Vertreter der religiösen Rechten die Hoffnung geäussert, Trump werde einen harten Abtreibungsgegner für die Nachfolge nominieren. Brett Kavanaugh hingegen hatte 2006 erklärt, er wolle das Grundsatzurteil von 1973, das die Abtreibung in den USA legalisiert hatte, «getreu und vollständig» einhalten.

Ein Verfechter präsidialer Macht

Allerdings hat der Jurist in Abtreibungsfällen auch schon eine eher restriktive Linie vertreten. Andere Vertreter der religiösen Rechten zeigten sich erfreut über seine Nominierung. Obwohl Brett Kavanaugh nicht als Hardliner gilt, dürfte der Supreme Court mit ihm weiter nach rechts rücken. Demokratische Politiker kündigten am Montag an, dass sie seine Ernennung bekämpfen werden.

In den 90er Jahren gehörte Kavanaugh zum Team des Sonderermittlers Kenneth Starr, als dieser die Skandale von Präsident Bill Clinton untersuchte. Später arbeitete er als Rechtsberater von George W. Bush. Damals sei er «zu einem strammen und unbeugsamen Verfechter präsidialer Macht geworden», sagte der Rechtsprofessor Stephen Vladeck der «Washington Post».

Das dürfte Donald Trump, der gerne per Dekret regiert, sehr gefallen haben. Noch vorteilhafter aus seiner Sicht ist ein Artikel, den Kavanaugh 2009 für die Minnesota Law Review verfasst hat. Darin argumentierte er, ein Präsident solle während seiner Amtszeit «nicht durch Zivilklagen, Strafuntersuchungen oder Befragungen durch Ankläger oder Verteidiger abgelenkt werden».

FILE - In this June 21, 2017, file photo, former FBI Director Robert Mueller, the special counsel probing Russian interference in the 2016 election, departs Capitol Hill following a closed door meetin ...
Robert Mueller untersucht Donald Trumps Kontakte mit Russland.Bild: AP/AP

Ein Schelm, wer da nicht an die Untersuchung von Sonderermittler Robert Mueller in der Russland-Affäre denkt. Die Frage, ob Trump vom ehemaligen FBI-Direktor verhört werden soll, wird derzeit intensiv diskutiert. Es gilt zudem als sicher, dass ein mögliches Verfahren bis an den Supreme Court weitergezogen wird. Ein Richter wie Brett Kavanaugh könnte da hilfreich sein.

Trump will sich schützen

In seinem Artikel hatte er betont, seine Meinung beziehe sich auf die Justiz. Ein Impeachment durch den Kongress sei möglich. Für den demokratischen Senator Cory Booker aus New Jersey aber ist klar, dass Trump bei der Wahl von Kavanaugh in erster Linie an sich selbst gedacht hat, «um sich vor dieser Strafuntersuchung zu schützen», wie er dem Sender MSNBC sagte.

Wie weit derartige Motive bei Präsident Trumps Entscheidung eine Rolle spielten, ist unklar. Sie würden aber perfekt zu seiner Persönlichkeit passen. Trump geht es immer nur um Trump, Ideologie ist für ihn höchstens ein Mittel zum Zweck. Ein Indiz in diese Richtung ist die Tatsache, dass er laut Politico bei der Kennedy-Nachfolge von Anfang an zu Brett Kavanaugh tendiert hat.

Konservative Schlagseite

Mit dem relativ jungen Juristen dürfte der neunköpfige Gerichtshof auf absehbare Zeit eine konservative Schlagseite erhalten. Nach dem Rücktritt von Anthony Kennedy besteht er aus je vier rechten und linken Richtern. Sie werden auf Lebenszeit ernannt, Kavanaugh könnte folglich während Jahrzehnten im Amt bleiben. Das dürfte weitreichende Folgen für die Politik in den USA haben, denn der Supreme Court hat in vielen wichtigen Fragen das letzte Wort.

Die Aussicht auf einen Backlash bei Themen wie Abtreibung und Homo-Ehe ist für die amerikanische Linke eine Horrorvision. Weshalb diverse Ideen kursieren, etwa eine personelle Aufstockung des Gerichts oder eine Amtszeitbeschränkung für die Richter. Im extrem polarisierten Politklima der USA sind sie so gut wie chancenlos.

Demokraten unter Druck

Ähnliches gilt für die Hoffnung der Demokraten, die Bestätigung von Brett Kavanaugh durch den Senat zu verhindern. Die republikanischen Senatorinnen Susan Collins und Lisa Murkowski, die das Recht auf Abtreibung befürworten, werden kaum mitmachen, dafür ist der umgängliche Jurist zu wenig radikal. Unter Druck stehen vielmehr mehrere demokratische Senatoren aus republikanisch dominierten Bundesstaaten, die sich im November zur Wiederwahl stellen.

Alles deutet darauf hin, dass Brett Kavanaugh als neuer Richter vereidigt wird. Und Donald Trump in mehrfacher Hinsicht einen Triumph feiern kann.

Wenn sich Kleinkinder vor Gericht selbst verteidigen müssen

Video: watson
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
47 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
raues Endoplasmatisches Retikulum
10.07.2018 15:55registriert Juli 2017
Für die Zukunft viel interessanter: Ruth Bader Ginsburg ist 85, Stephen Breyer 79 Jahre alt, auch diese liberalen Richter können möglicherweise noch in den nächsten beiden Jahren zurücktreten oder sterben, Trump könnte also noch mehr Richter ernennen.
524
Melden
Zum Kommentar
avatar
who cares?
10.07.2018 15:46registriert November 2014
Die Geschichte von Trump erinnert mich an Biedermann und die Brandstifter. Er und seine Jünger im Weissen Haus sind die Brandstifter und die Politelite sowie auch ein grosser Teil der Bevölkerung die Biedermänner. Sie schauen einfach zu, nehmen es hin, auch wenn es so offensichtlich ist. Bis die ganze Sache in Flammen aufgeht.
6318
Melden
Zum Kommentar
avatar
raues Endoplasmatisches Retikulum
10.07.2018 15:52registriert Juli 2017
Eine Amtszeitbeschränkung wäre sicher eine gute Sache, bezeichnen ist allerdings auch, dass dieser Vorschlag natürlich von der im Court unterlegenen Partei kommt, während sich die Mehrheitspartei mit Händen und Füsse dagegen wehren wird.
Die jetzige Situation ist de Folge, das die D unter Obama über 1000 Sitzte auf Local und State level verloren haben, dies schlägt sich nun in den grossen Kammern nieder. Zusätzlich haben die D aus Frustration über die Blockade der R, formele Hürden abgeschaft, die es ermöglichten, die Wahlen der Richter herauszuzögern oder zu verhindern, das rächt sich jetzt.
244
Melden
Zum Kommentar
47
Kroatien: Bürgerliche Regierungspartei bleibt wohl an der Macht
Der bürgerliche kroatische Ministerpräsident Andrej Plenkovic hat gute Chancen, nach der Parlamentswahl Regierungschef zu bleiben.

Wie die Wahlkommission nach Auszählung von 86,85 Prozent der Stimmzettel in der Nacht zu Donnerstag bekannt gab, erhielt seine Partei HDZ mit ihren Verbündeten 35,04 Prozent der Wählerstimmen. Damit hätte Plenkovic zwar noch keine absolute Mehrheit, jedoch gilt es als möglich, dass er kleinere Parteien sowie Vertreter der ethnischen Minderheiten für eine Koalition gewinnen könnte. Ähnlich war die vorige Wahl 2020 ausgegangen.

Zur Story