US-Präsident Donald Trump hat den Juristen Brett Kavanaugh am Montag für den Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten nominiert. So weit, so überraschungsfrei: Der 53-Jährige galt als einer der Favoriten für die Nachfolge des zurückgetretenen Richters Anthony Kennedy. Eher überraschend ist hingegen, dass der Widerstand gegen Kavanaugh nicht nur von links kommt.
Die christliche-konservative American Family Association rief ihre Anhänger auf, die Senatoren ihres Bundesstaats zu kontaktieren und sie aufzufordern, gegen Brett Kavanaugh zu stimmen. Sie nennt dafür mehrere Gründe. Ein wesentlicher Aspekt ist die Befürchtung, dass er in der Abtreibungsfrage zu wenig «verlässlich» urteilen könnte.
Nach Rücktritt von Kennedy, der in Sachen Schwangerschaftsabbruch eher liberal eingestellt war, hatten Vertreter der religiösen Rechten die Hoffnung geäussert, Trump werde einen harten Abtreibungsgegner für die Nachfolge nominieren. Brett Kavanaugh hingegen hatte 2006 erklärt, er wolle das Grundsatzurteil von 1973, das die Abtreibung in den USA legalisiert hatte, «getreu und vollständig» einhalten.
Allerdings hat der Jurist in Abtreibungsfällen auch schon eine eher restriktive Linie vertreten. Andere Vertreter der religiösen Rechten zeigten sich erfreut über seine Nominierung. Obwohl Brett Kavanaugh nicht als Hardliner gilt, dürfte der Supreme Court mit ihm weiter nach rechts rücken. Demokratische Politiker kündigten am Montag an, dass sie seine Ernennung bekämpfen werden.
In den 90er Jahren gehörte Kavanaugh zum Team des Sonderermittlers Kenneth Starr, als dieser die Skandale von Präsident Bill Clinton untersuchte. Später arbeitete er als Rechtsberater von George W. Bush. Damals sei er «zu einem strammen und unbeugsamen Verfechter präsidialer Macht geworden», sagte der Rechtsprofessor Stephen Vladeck der «Washington Post».
Das dürfte Donald Trump, der gerne per Dekret regiert, sehr gefallen haben. Noch vorteilhafter aus seiner Sicht ist ein Artikel, den Kavanaugh 2009 für die Minnesota Law Review verfasst hat. Darin argumentierte er, ein Präsident solle während seiner Amtszeit «nicht durch Zivilklagen, Strafuntersuchungen oder Befragungen durch Ankläger oder Verteidiger abgelenkt werden».
Ein Schelm, wer da nicht an die Untersuchung von Sonderermittler Robert Mueller in der Russland-Affäre denkt. Die Frage, ob Trump vom ehemaligen FBI-Direktor verhört werden soll, wird derzeit intensiv diskutiert. Es gilt zudem als sicher, dass ein mögliches Verfahren bis an den Supreme Court weitergezogen wird. Ein Richter wie Brett Kavanaugh könnte da hilfreich sein.
In seinem Artikel hatte er betont, seine Meinung beziehe sich auf die Justiz. Ein Impeachment durch den Kongress sei möglich. Für den demokratischen Senator Cory Booker aus New Jersey aber ist klar, dass Trump bei der Wahl von Kavanaugh in erster Linie an sich selbst gedacht hat, «um sich vor dieser Strafuntersuchung zu schützen», wie er dem Sender MSNBC sagte.
Wie weit derartige Motive bei Präsident Trumps Entscheidung eine Rolle spielten, ist unklar. Sie würden aber perfekt zu seiner Persönlichkeit passen. Trump geht es immer nur um Trump, Ideologie ist für ihn höchstens ein Mittel zum Zweck. Ein Indiz in diese Richtung ist die Tatsache, dass er laut Politico bei der Kennedy-Nachfolge von Anfang an zu Brett Kavanaugh tendiert hat.
Mit dem relativ jungen Juristen dürfte der neunköpfige Gerichtshof auf absehbare Zeit eine konservative Schlagseite erhalten. Nach dem Rücktritt von Anthony Kennedy besteht er aus je vier rechten und linken Richtern. Sie werden auf Lebenszeit ernannt, Kavanaugh könnte folglich während Jahrzehnten im Amt bleiben. Das dürfte weitreichende Folgen für die Politik in den USA haben, denn der Supreme Court hat in vielen wichtigen Fragen das letzte Wort.
Die Aussicht auf einen Backlash bei Themen wie Abtreibung und Homo-Ehe ist für die amerikanische Linke eine Horrorvision. Weshalb diverse Ideen kursieren, etwa eine personelle Aufstockung des Gerichts oder eine Amtszeitbeschränkung für die Richter. Im extrem polarisierten Politklima der USA sind sie so gut wie chancenlos.
Ähnliches gilt für die Hoffnung der Demokraten, die Bestätigung von Brett Kavanaugh durch den Senat zu verhindern. Die republikanischen Senatorinnen Susan Collins und Lisa Murkowski, die das Recht auf Abtreibung befürworten, werden kaum mitmachen, dafür ist der umgängliche Jurist zu wenig radikal. Unter Druck stehen vielmehr mehrere demokratische Senatoren aus republikanisch dominierten Bundesstaaten, die sich im November zur Wiederwahl stellen.
Alles deutet darauf hin, dass Brett Kavanaugh als neuer Richter vereidigt wird. Und Donald Trump in mehrfacher Hinsicht einen Triumph feiern kann.