Istanbul wappnet sich für den grossen Gipfel zwischen Russland und der Ukraine am Donnerstag. Auf einen Waffenstillstand vorab lässt sich Kreml-Chef Wladimir Putin nicht ein. Auch wird er aller Voraussicht nach nicht persönlich in die Türkei reisen. Obwohl der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskyj Putin aufforderte, in die Türkei zu kommen, wird die russische Delegation von Aussenminister Sergej Lawrow angeführt.
CH Media hat Alexander Gabujew, den Direktor des Carnegie-Zentrums Berlin, zu den Aussichten der Gespräche befragt.
Was erhofft sich Wladimir Putin von den Verhandlungen in Istanbul?
Alexander Gabujew: Für Russland besteht das wichtigste Druckmittel im Moment darin, die Kampfhandlungen fortzusetzen. Russland hat jetzt einen Vorteil auf dem Schlachtfeld, es hat mehr Soldaten, Ausrüstung und Munition, und es setzt dies in kleine Gebietsgewinne um. Trotz hoher Verluste entwickelt sich der Krieg für Putin vorteilhafter als für Kiew. Deswegen wird der Kreml kein Druckmittel für einen 30-tägigen Waffenstillstand aufgeben, um Trump zu gefallen, ohne zu wissen, was er im Gegenzug dafür bekommt.
Was ist Putins Plan?
Russland stellt harte Bedingungen für einen Friedensdeal. Eine davon ist die Entmilitarisierung der ukrainischen Streitkräfte, damit sich die Ukraine nicht weiter gegen eine mögliche neue russische Aggression verteidigen kann. Indem Putin vorschlägt, diese Verhandlungen zu beginnen, will er sicherlich keine Ultimaten in Form eines Waffenstillstands akzeptieren, weil er dann sofort sein wichtigstes Druckmittel verlieren würde. Denn sobald er einem Waffenstillstand zustimmt und am Verhandlungstisch nicht bekommt, was er will, würde er den Waffenstillstand vor den Augen der ganzen Welt wieder brechen. Deshalb ist es für Putin jetzt wichtig, keine Vorbedingungen zu stellen.
Einige Experten glauben, dass Putin Donald Trump manipuliert. Andere meinen, Putin würde alles tun, um Trump zufriedenzustellen. Wie sehen Sie das?
Es ist schwer, mit Sicherheit zu sagen, was der US-Präsident am Ende erreichen will. Trump geht es um Frieden, um ein Ende des Tötens. Putin hingegen vertritt einen anderen Standpunkt: Er begann den Krieg in der Ukraine, um bestimmte Ziele zu erreichen, die er in seinen Reden oft wiederholte. Obwohl diese Ziele bislang verpasst wurden, scheinen sie für ihn nicht unerreichbar zu sein. Deshalb will Putin nicht auf Trumps Bedingungen eingehen, nur um ihm zu gefallen. Putins Logik ist folgende: Es wäre schlecht, Trumps Zorn zu provozieren, also muss das Scheitern der Verhandlungen und die Fortsetzung des Krieges der Ukraine angelastet werden. Für Putin ist es wichtiger, seine Ziele diplomatisch oder militärisch zu erreichen, als mit Donald Trump gute Beziehungen zu pflegen.
Was sind die Risiken für Russland und die Ukraine im Falle eines Scheiterns der Verhandlungen in Istanbul?
Wenn die Verhandlungen in Istanbul scheitern oder nicht zu einem Friedensabkommen führen, was sehr wahrscheinlich ist, kann Russland neue Sanktionen und eine negative Überraschung von den USA in Form von Waffenlieferungen an die Ukraine in einem viel grösseren Umfang als bisher erhalten. Auch könnte Trump seine Haltung ändern und nicht mehr die Entspannung suchen, sondern Russland bestrafen. Das Risiko für die Ukraine besteht darin, dass der Krieg weitergeht. Ausserdem könnte das Scheitern der Verhandlungen die Einheit Europas untergraben: In der Gesellschaft könnten Fragen aufkommen, wie lange der Krieg noch andauern wird und was unsere Theorie vom Sieg ist.
Selenskyj will Putin persönlich in Istanbul treffen. Nun soll die russische Delegation jedoch von Aussenminister Sergej Lawrow geleitet werden. Warum will Putin nicht persönlich am Verhandlungsprozess teilnehmen?
Ich denke, Putin möchte nur mit Donald Trump persönlich verhandeln und mit ihm nicht nur über die Ukraine, sondern auch über die globale Geopolitik und strategische Stabilität sprechen. Zweitens ist es für Putin unmöglich, sich mit Selenskyj zu treffen, solange die Einzelheiten des Verhandlungsmarathons nicht geklärt sind. Putin hegt offensichtlich eine persönliche Abneigung gegen den ukrainischen Präsidenten, den er als illegitim bezeichnet. Er hält ihn nicht für einen ernsthaften Verhandlungspartner, und die Anwesenheit von Selenskyj könnte vom Kreml als Versuch gewertet werden, diese Verhandlungen zu torpedieren. Es gibt auch ein Element der Strassenlogik: Es stellt sich heraus, dass der ukrainische Präsident Putin zu dem Treffen einlud, wodurch er die Initiative ergriff und ihn in eine untergeordnete, schwache Position brachte. Putin wird das natürlich nicht tun.
An Putins grosser Militärparade am 9. Mai war Chinas Präsident Xi Jinping anwesend. Putin kündigte an, dass er China im September besuchen werde. Wie kann sich ein Verbündeter wie China auf Russlands Verhandlungsposition auswirken?
Da China Russland beim Wiederaufbau seiner Rüstungsindustrie unterstützt und Rohstoffe kauft, hält die Republik die russische Wirtschaft und den militärisch-industriellen Komplex in Schwung. Dies ist ein starker Impuls für Russland. Er bestärkt Putins Wunsch, die Ukraine weiter unter Druck zu setzen und keine Angst vor westlichen Drohungen zu haben. (aargauerzeitung.ch)
Ich befürchte die werden sich einfach was neues ausdenken. Vernunft anzunehmen ist einfach zu anstrengend.
Wo sind die Sanktionen gegen China...?
Es scheint mir, als ob China die westlichen Sanktionen gegen Russland auszugleichen scheint und sich auch nicht darum kümmert, was Europa macht.
Hier sollten wir China an den Eiern packen und chinesische Waren, äh ja, boykottieren.
Auch der Chinese spricht Geld!
Wenn der Europäische Markt für China wegfallen würde, dann wäre im "Reich der Mitte" sicherlich einiges los...
Diese Analyse ist russisches Wunschdenken. Die entscheidende Frage lautet: Kann Putin diesen Krieg noch gewinnen? Wenn Europa mit den Waffenlieferungen und Sanktionen entschlossen weiter macht, kann Russland auch in 10 Jahren diesen Krieg nicht gewinnen, sich aber komplett ruinieren. Macron, Stramer, Merz und Tusk haben genau das in Aussicht gestellt.