Polnische Regierungsvertreter warnen vor einem möglichen Wagner-Angriff aus Belarus: «Es gibt einen bestimmten Grund, weshalb die Wagner-Gruppe Söldner in Belarus stationiert. Bei der Ernte helfen wird es nicht sein», erklärte Staatssekretär Maciej Wasik am Montag im polnischen Rundfunk.
Noch konkreter wird Mateusz Morawiecki. Laut dem Ministerpräsidenten bewegt sich ein Trupp aus über hundert Wagner-Söldnern auf die Suwalki-Lücke zu. Gleichzeitig meldeten polnische Behörden am Mittwoch eine Luftraumverletzung durch zwei belarussische Kampfhelikopter.
Die polnische Regierung schlägt den Bogen zur Nazi-Invasion, mit der der Zweite Weltkrieg ausbrach. Zuvor hatten sich sowohl Frankreich wie auch England mit Verträgen als Schutzmächte Polens aufgespielt. Als der deutsche Einmarsch erfolgte, wurden sie den Versprechungen aber nicht gerecht. Dies wird in Polen bis heute als «Verrat des Westens» verstanden. Ein ähnliches Szenario könne sich nun wiederholen, suggeriert die aktuelle Regierung.
Als Suwalki-Lücke wird der 65 Kilometer lange Grenzabschnitt zwischen Polen und Litauen bezeichnet. Es ist die einzige Landverbindung der baltischen Staaten mit einem NATO-Verbündeten – und deshalb strategisch bedeutungsvoll. Sie gilt als Achillesferse der NATO in Europas Osten.
Auch Polens Staatspräsident Duda wird nicht müde, vor Wagner zu warnen. Als Grenzschützer verkleidet könnten die Söldner Migranten über die Grenzen schleusen. Oder noch schlimmer: selbst als Flüchtlinge getarnt in polnisches Gebiet eindringen.
Seit Jahren werfen Polen und die EU Belarus vor, gezielt Migranten über die Grenze zu «drücken». Duda nennt dieses Vorgehen «hybride Angriffe». Als erste Massnahme hat Polen damit begonnen, die militärischen Verbände in der Region zu verstärken.
Eine Massnahme, auf die Litauen verzichtet. Das kleine Land verfügt nur über 17’000 aktive Soldaten. An der Grenze zu Belarus sind internationale NATO-Verbände stationiert. Trotzdem wirken Regierungsvertreter entspannter. Den Grund liefert der Vorsitzende des litauischen Parlamentsausschusses für nationale Sicherheit und Verteidigung (NSGK), Laurynas Kasčiūnas: «Die aktuelle Anzahl Wagner-Söldner in Belarus stellt keine konventionelle militärische Bedrohung dar», erklärte er gegenüber dem halbstaatlichen litauischen TV-Sender LRT TV am Montag. Er glaubt an innenpolitische Spielchen in Polen: «Vergessen Sie nicht, dass in Polen Wahlen anstehen. Sie können Ihre eigenen Schlussfolgerungen ziehen.»
Ähnlich sieht das Kamil Kłysiński. Der Belarus-Experte des Zentrums für Oststudien in Warschau glaubt, dass der Vorstoss in Richtung Suwalki-Lücke eine reine Erfindung ist: «Es ist nicht wahr. Diese Informationen stammen von nicht verifizierten Telegram-Kanälen und -Konten», erklärt er gegenüber dem polnischen Nachrichtenmagazin oko.press. Kłysiński schätzt, dass aktuell etwa 5000 Wagner-Söldner in einem Zeltlager im Dorf Tsel stationiert sind.
Tsel befindet sich im Landesinnern, über 300 Kilometer von der polnischen Grenze entfernt. Kłysiński betont, dass die Wagner-Söldner über kein eigenes schweres Gerät verfügen: «Eine derart ausgerüstete Gruppe Wagner würde nicht einmal ein gut bewaffnetes Dorf erobern. Der Angriff auf eine polnische, litauische oder ukrainische Grenze wäre absurd.» Viel mehr als für Polen und Litauen seien die Wagner-Söldner für den Präsidenten von Belarus eine Gefahr: «Indem er die Wagner hereinliess, untergrub er [Lukaschenko] das Monopol seiner untergeordneten Strukturen auf Sicherheit, Kontrolle und Verteidigung des Landes. Jetzt gibt es auf dem Staatsgebiet Menschen, die schwer zu kontrollieren sind ... Er spielt nun ums Überleben. Er muss seinem Umfeld und den Menschen in Belarus erklären, warum die Wagner-Gruppe in seinem Land ist.»
Wie oko.press weiter berichtet, wird das Narrativ der Bedrohung aus dem Osten von Polens Regierungspartei PiS bewusst geschürt. Es soll ihr für die anstehenden Wahlen in die Karten spielen. Eine verängstigte Wählerschaft will Sicherheit und Stabilität – und keinen Regierungswechsel. Dieser aber könnte drohen, glaubt man den jüngsten Umfragen. Zwar liegt die rechtsnationale PiS weiterhin vorn. In den letzten Monaten konnte die oppositionelle Bürgerkoalition KO, die zweitstärkste Kraft im Land, aber einigen Boden gutmachen.
Im Herbst sollen in Polen nationale Parlamentswahlen durchgeführt werden. Den genauen Termin bestimmt der Staatspräsident.
Ausserdem dünkt mich schon auch,das die Wagner Gruppe ein wenig zu krass und stark präsentiert werden als sie sind.Viel erreicht haben die ja nicht.