Seit Donnerstag kursieren neue Aufnahmen von Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin im Netz. Es wurde befürchtet, dass der Söldnerführer - diesmal aus Belarus kommend - wieder im Ukraine-Krieg eingreifen oder sogar das Nato-Land Polen angreifen könnte.
Stattdessen übt er sich am Rande des Russland-Afrika-Gipfels in St. Petersburg im Händeschütteln. Neue Bilder zeigen ihn zusammen mit dem Botschafter der Zentralafrikanischen Republik, Freddy Mapouka, in einem St. Petersburger Hotel, das gemäss Medienberichten ihm selbst gehört.
Das Auftreten sorgt für Rätselraten. Erst vor wenigen Wochen wagte Prigoschin den Aufstand gegen Wladimir Putin, lenkte dann aber ein. Putin bezeichnete Prigoschin daraufhin als Verräter. Die Behörden fahndeten nach ihm wegen Hochverrats.
Schliesslich, so die Darstellung des Kremls, einigte man sich nach einer Vermittlung des belarussischen Autokraten Lukaschenko darauf, dass Prigoschin mit seinen Söldnern ins belarussische Exil geht. Der Auftritt am Afrika-Gipfel ist das erste Mal, dass sich Prigoschin seither in Russland zeigt.
Zuvor war Prigoschin vergangene Woche in Belarus. Einschlägige Telegramkanäle verbreiteten ein Video, in dem er Wagner-Kämpfer begrüsst und die Geschehnisse an der Front in der Ukraine scharf kritisiert.
Zum Auftakt des Russland-Afrika-Gipfels am Donnerstag verkündete Wladimir Putin, dass Russland bereit sei, Getreideexporte aus der Ukraine zu ersetzen.
Die Ausfuhren aus der Ukraine sind abrupt abgebrochen. Russland stieg Mitte Juli aus einem Getreideabkommen aus, das der Ukraine den Export ihrer Agrarprodukte ermöglichte. Zusätzlich beschiesst Russland seit über einer Woche ukrainische Getreideinfrastruktur am Schwarzen Meer.
Prigoschin taucht nun trotz der Exil-Abmachung plötzlich in St. Petersburg auf und mischt am Gipfel kräftig mit. Warum duldet Putin das? Und was treibt Prigoschin überhaupt am Rande des Gipfels?
Hinweise könnten Geschehnisse in Afrika liefern. Laut afrikanischen Medienberichten sind vergangene Woche Hunderte Wagner-Söldner in der Zentralafrikanischen Republik eingetroffen. Vermutet wird ein Zusammenhang mit einer Abstimmung, die am kommenden Sonntag stattfindet.
Der Präsident des Landes, Faustin Touadera, will die Verfassung so umändern lassen, dass er weiterregieren kann. Wegen einer aktuell gültigen Amtszeitbeschränkung müsste er die Macht bald abgeben.
Auch der aktuelle Putsch in Niger könnte mit Prigoschins Auftritt am Afrika-Gipfel zu tun haben. Im Telegram-Kanal «Orchestra Wagner» wird behauptet, dass Wagner in den Umsturz involviert sei. Nigers Regierung war der letzte Verbündete des Westens in der von islamistischen Extremisten bedrohten Sahel-Region.
«Jewgeni Prigoschin verstärkt die Stellung und den Einfluss Russlands und der Wagner-Gruppe in Afrika weiter. Der Coup in Niger beweist das», so die Aussage auf Telegram weiter. Prigoschin könnte den Gipfel also nutzen, um Stärke zu demonstrieren.
Verifizierbar sind diese Angaben nicht. Bekannt ist aber, dass die Söldner-Gruppe in Nigers Nachbarland Mali und auch in der Zentralafrikanischen Republik schon seit längerer Zeit aktiv ist. (aargauerzeitung.ch)