Michail Sergejewitsch Gorbatschow ist tot – Nemesis von Stalins Ideologie, letzter Generalsekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU), letzter Staatspräsident der Sowjetunion, Kopf hinter Glasnost und Perestroika, Friedensnobelpreisträger, Kritiker von Amerikas Präsident George W. Busch als auch von Russlands Präsident Wladimir Putin, Gründer der Gorbatschow-Stiftung, Friedens-Förderer, Grammy-Gewinner.
Das war sein Leben in Bildern:
Gorbatschow wurde am 2. März 1931 in eine Bauernfamilie geboren: Sein Vater, Sergej Gorbatschow, arbeitete als Mähdrescherfahrer. Seine Mutter, Maria Gorbatschowa, war Bäuerin in einer Kolchose.
Auf diesem Foto des Kommunistischen Jugendverbands (Kommsomol) posiert Gorbatschow mit einem «Orden des Roten Banners der Arbeit», der Leistungen in der Arbeit oder im öffentlichen Dienst auszeichnet. Er hat den Orden für das Fahren eines Mähdreschers in den Ebenen Südrusslands erhalten.
Nachdem Gorbatschow verschiedenen Posten in lokalen Parteibüros bekleidet hatte, wird er 1978 nach Moskau ins Zentralkomitee der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU) befördert. Am 11. März 1985 wird Gorbatschow Generalsekretär der KPdSU. Dieses Amt hat er bis August 1991 inne.
Ein ikonisches Bild aus seiner Zeit als Generalsekretär: Der historische Bruderkuss zwischen Michail Gorbatschow und dem Staatsratsvorsitzender der DDR, Erich Honecker, am Ostberliner Flughafen Schönefeld im Jahr 1987.
1988 wird Gorbatschow zum Vorsitzenden des Präsidiums des Obersten Sowjets gewählt und löst damit Andrei Gromyko als Staatsoberhaupt ab.
1989 ist Gorbatschow zu Gast bei Fidel Castro in Kuba. Es war seine erste Reise nach Lateinamerika. Mehr als 600'000 Kubanerinnen und Kubaner begrüssten den Besucher jubelnd am Flughafen.
Zwei Tage vor dem Fall der Berliner Mauer findet in Moskau die Feier zum Jahrestag der Oktoberrevolution statt. Gorbatschow winkt während der Feierlichkeiten von der Tribüne auf dem Roten Platz.
Gorbatschow leitete einen Prozess des Wandels in der Sowjetunion ein, der als Glasnost (Offenheit) und Perestroika (Umbau) bezeichnet wird: Ein Programm von Reformen sollte die Wirtschaft des maroden Staates auf den Weg zu einer sozial orientierten Marktwirtschaft bringen.
Zudem näherte sich Gorbatschow dem Westen an und leitete durch Abrüstungsverhandlungen mit dem grossen Feind, den USA, das Ende des Kalten Krieges ein.
1984 trifft Gorbatschow sich mit der ehemaligen britischen Premierministerin Margaret Thatcher in London. «Ich mag Herrn Gorbatschow, wir können mit ihm ins Geschäfte kommen», bekannte die «Eiserne Lady» damals. Das Treffen war der Auftakt seiner Karriere als Medienstar im Westen.
1985 besucht Gorbatschow die Schweiz. Er trifft den damaligen amerikanischen Präsidenten Ronald Reagan während eines zweitägigen Gipfeltreffens zwischen den Supermächten UDSSR und USA in Genf.
Die beiden Staatsoberhäupter markieren 1987 einen Meilenstein auf dem Weg der Entspannung zwischen Ost und West, als sie im Dezember im Weissen Haus in Washington einen Abrüstungsvertrag über nukleare Mittelstreckenraketen unterzeichnen.
1988 spricht Gorbatschow bei seinem wohl grössten Auftritt vor der UNO-Generalversammlung in New York, wo er sich zu den Abrüstungsbemühungen bekannte:
«Reissen Sie diese Mauer nieder!», appelliert Ronald Reagan am 12. Juni 1987 während einer Rede am Brandenburger Tor an Michail Gorbatschow. Zwei Jahre später, am 9. November 1989, fällt die Berliner Mauer, und Deutschland wird 1990 nach 41 Jahren Trennung wiedervereinigt.
Bevor Litauen als erste Sowjetrepublik die Unabhängigkeit erklärte, sprach Gorbatschow vor dem Lenin-Denkmal in Vilnius am 11. Januar 1990 zu den Litauern.
Am 18. Oktober 1991 unterzeichneten die Präsidenten der ehemaligen Sowjetrepubliken ein historisches Wirtschaftsabkommen in Moskau.
Am 25. Dezember 1991 unterschreibt Michail Gorbatschow im Kreml in Moskau das Dekret, mit dem er die Kontrolle über die Atomwaffen an Boris Jelzin abgibt. Im Anschluss verkündet er seinen Rücktritt in einer live im Fernsehen übertragenen Ansprache an die Nation und zieht so einen Schlussstrich unter mehr als 74 Jahre Sowjetgeschichte.
Nach seinem Rücktritt gründet er die «The International Foundation for Socio-Economic and Political Studies (The Gorbachev Foundation)», die sich als erste unabhängige Denkfabrik Russlands deklariert. 1993 gründete er die Umweltschutzorganisation Internationales Grünes Kreuz.
Michail Gorbatschow nimmt am 22. September 1999 mit seiner Tochter Irina Abschied seiner verstorbenen Frau. Als Ehefrau des ehemaligen Präsidenten war Raissa Maximowna Gorbatschowa in der Sowjetunion und in Russland eine einflussreiche Frau. Nach dem Tod von Gorbatschowa spielt die Familie – seine Tochter Irina, die Enkelinnen Ksenya und Anastasya sowie die Urenkelin Alexandra – eine grosse Rolle in seinem Leben.
Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion beerdigte Gorbatschow seine politischen Ambitionen nicht vollständig: 1996 nahm er aktiv an den Wahlen in Russland teil und wurde als Kandidat für das Präsidentenamt der Russischen Föderation nominiert. Er scheiterte kläglich. Er war Vorsitzender von mehreren Parteien und verstand sich stets als Kritiker des ungezügelten Kapitalismus.
Auch Wladimir Putin kritisierte Gorbatschow scharf:
Einer der letzten öffentlichen Auftritte von Michail Gorbatschow: Am 8. November 2018 nimmt er an der Premiere eines Films des deutschen Regisseurs Werner Herzog und des britischen Filmemachers André Singer teil. Er sitzt neben Dmitry Muratow, Gründer der unabhängigen Zeitung «Novaya Gazeta».
(yam/cst)