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Thailand

Weltweite Anteilnahme nach Kita-Bluttat mit 37 Toten in Thailand

Kita-Bluttat in Thailand – nur ein einziges Kind soll unverletzt geblieben sein

07.10.2022, 06:4707.10.2022, 15:12
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Der blutige Angriff auf eine Kindertagesstätte im Nordosten von Thailand mit 37 Todesopfern hat das Land in tiefe Trauer gestürzt und Diskussionen über die geltenden Waffengesetze ausgelöst.

Die Flaggen in dem südostasiatischen Land wehten am Freitag auf halbmast, auch die deutsche Botschaft in Bangkok trug Trauerbeflaggung. Am Abend wollten König Maha Vajiralongkorn und Königin Suthida zum Ort der Tragödie reisen und unter anderem die Verletzten im Krankenhaus besuchen. Das Massaker ist eine der schlimmsten Gewalttaten in der jüngeren Geschichte des Landes.

Ein wegen Drogendelikten aus dem Dienst entlassener Polizist hatte am Donnerstag die Kita in der Provinz Nong Bua Lamphu gestürmt. Mit einer Schusswaffe und einem Messer ging er wahllos auf Betreuer und Kinder los. Unter den Opfern sind nach Polizeiangaben 24 Kleinkinder im Alter zwischen zwei und vier Jahren.

Viele Spitzenpolitiker aus aller Welt von der britischen Premierministerin Liz Truss bis zum australischen Regierungschef Anthony Albanese drückten Thailand ihre Anteilnahme aus. Papst Franziskus schrieb in einem Beileidstelegramm, er sei zutiefst traurig über «die schreckliche Attacke». Das Oberhaupt der katholischen Kirche sprach von einem «Akt unaussprechlicher Gewalt gegen unschuldige Kinder» und betonte, er bete für die Heilung der Verletzten sowie für die trauernden Familien.

Das Kinderhilfswerk Unicef schrieb, kein Kind solle jemals Ziel oder Zeuge von Gewalt sein. «Unicef verurteilt alle Formen von Gewalt gegen Kinder.» Frühkindliche Entwicklungszentren, Schulen und alle Lernräume müssten sichere Zufluchtsorte sein, in denen Kinder lernen, spielen und wachsen könnten.

Die meisten Kinder waren gerade beim Mittagsschlaf, als ihr Mörder kam. Nur ein einziges kleines Mädchen soll dem Täter unverletzt entkommen sein, möglicherweise habe er es nicht bemerkt, hiess es. Fast ein Dutzend Menschen wurden verletzt, einige davon schwer.

Später fuhr der Mann in einem Pick-up zu seinem Haus und tötete auf dem Weg weitere Menschen. Dann zündete er den Wagen an. Als die Polizei das Gebäude umstellte, erschoss er den Ermittlern zufolge zunächst seine Frau, seinen Sohn (3) und dann sich selbst.

Das Motiv des 34-Jährigen ist weiter unklar. Jedoch gibt es Vermutungen, dass er unter Drogen oder Medikamenten gestanden haben könnte. Er war im Juni entlassen worden, nachdem Methamphetamin-Pillen bei ihm gefunden wurden. Gegen ihn lief ein Verfahren. Kurz vor der Bluttat soll eine Anhörung stattgefunden haben. Nachdem der Angeklagte das Gericht verlassen hatte, habe er gestresst gewirkt und Beruhigungsmittel eingenommen, zitierte Vize-Polizeichef Torsak Sukwimol die Mutter des Täters. Anschliessend habe er eine Paranoia entwickelt. Er habe zu seiner Waffe gegriffen und sei in die Kindertagesstätte gefahren.

Am Freitag versammelten sich zahlreiche trauernde Angehörige am Ort der Tragödie und legten weisse Rosen nieder. Auf Bildern waren in Tränen aufgelöste Menschen zu sehen, die Babydecken und Milchfläschchen an sich drückten. Viele lagen sich in den Armen und versuchten, gegenseitig Trost zu spenden. Die Gesichter zeugten von grenzenlosem Schmerz und Fassungslosigkeit.

epa10228488 Relatives of the deceased mourn, at a crime scene after a mass shooting by a former policeman at a children care center in Nong Bua Lamphu province, northeastern Thailand, 07 October 2022. ...
Angehörige der Getöteten trauern.Bild: keystone
epa10228491 Relatives of the deceased mourn, at a crime scene after a mass shooting by a former policeman at a children care center in Nong Bua Lamphu province, northeastern Thailand, 07 October 2022. ...
Angehörige der Getöteten trauern.Bild: keystone

Ministerpräsident Prayuth Chan-o-cha legte am Freitag an der Kita ebenfalls einen Strauss weisser Blumen nieder. Die Regierung und das Königshaus versprachen den Familien Unterstützung.

Die jungen Opfer waren am späten Donnerstag in goldverzierten Särgen in Rosa und Weiss auf eine Polizeistation gebracht worden. Der Einsatzleiter beschrieb die Bilder, die sich den Rettungskräften vor Ort boten, als erschütternd. «Das war eine Szene, die niemand sehen will. Es war grauenhaft. Das waren kleine Kinder, die gerade schliefen», zitierte die Nachrichtenseite «The Thaiger» den Mann.

epa10226541 A handout photo made available by Ruamkatanyu Foundation shows Ruamkatanyu Foundation's rescue workers carrying a coffin for the mass shooting victims at a childcare center in Nong Bu ...
Transport der Leichen auf die Polizeistation.Bild: keystone

In einem Kommentar hiess es: «Massenschiessereien scheinen eher etwas zu sein, das man in Amerika sieht, deshalb hat die Nachricht von dem Amoklauf in Thailand die Bürger bis ins Mark erschüttert.» Tatsächlich hat Thailand generell recht strenge Waffengesetze, die aber relativ leicht - und oft - umgangen werden. Die meisten Schusswaffen im Land sind illegal. Es kommt auch immer wieder zu Gewalt, häufig auch mit Todesfolge - jedoch sind Verbrechen mit vielen Todesopfern sehr selten.

Der Täter soll die Pistole aber legal besessen haben. Als Ex-Polizist sei er geübt im Umgang mit Schusswaffen gewesen, sagte der Kriminologe Krisanaphong Poothakool von der Rangsit-Universität in Zentralthailand dem Sender ThaiPBS. Der Experte forderte, eine psychiatrische Untersuchung und eine Prüfung des Strafregisters für jeden einzuführen, der einen Waffenschein erwerben möchte.

Zum möglichen Auslöser für die Tat sagte der Professor, eventuell hätten eine Kombination aus Drogen, Frustration und Stress zu dem Gewaltexzess geführt. Der Mann sei eine tickende Zeitbombe gewesen. Jedoch müsse der Fall noch genau untersucht werden.

Vor zweieinhalb Jahren stand Thailand bereits einmal unter Schock. Im Februar 2020 hatte ein Soldat bei einem Amoklauf in einem Einkaufszentrum in Nakhon Ratchasima im Nordosten des Landes 29 Menschen getötet. Es gebe eine Parallele zu dem neuen Fall, erklärte Poothakool: Auch der damalige Täter sei geübt im Umgang mit Waffen gewesen. Später wurde der Mann von Einsatzkräften erschossen.

(yam/sda/dpa)

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4 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Ricco Speutz
07.10.2022 09:10registriert November 2014
Als frischer Papa.... mir wird grad schlecht und ich könnte heulen.
Unvorstellbar...
575
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Macrönli
07.10.2022 09:09registriert April 2018
Horror 😔da fehlen einem echt die Worte.
361
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