Ende Oktober schloss Elon Musk den 44 Milliardendeal mit Twitter ab und wurde zu dessen Besitzer. Knapp einen Monat später kündigte er an, zuvor gesperrte Twitter-Accounts wieder freischalten zu wollen.
Natürlich nicht, ohne zuvor die Meinung von Twitterusern einzuholen:
Should Twitter offer a general amnesty to suspended accounts, provided that they have not broken the law or engaged in egregious spam?
— Elon Musk (@elonmusk) November 23, 2022
Nächste Woche soll die «Amnestie» beginnen, kündigte er am darauffolgenden Tag an.
Seither ist die Anzahl an Hassreden in die Höhe geschossen. Tauchten Beleidigungen gegen schwarze Amerikaner vor Musks Twitter-Übernahme im Schnitt noch 1'282 Mal täglich auf, tun sie das nun 3'876 Mal.
Ein ähnliches Bild zeichnete sich auch mit Beleidigungen gegenüber schwulen Männern: Vor Musks Übernahme wurden derartige Tweets 2'506 pro Tag abgesetzt, danach waren es 3'964. Antisemitische Beiträge stiegen derweil um 61 Prozent.
Zu diesen Ergebnissen kamen Untersuchungen des Center for Countering Digital Hate, der Anti-Defamation League, sowie anderen Gruppen, die sich mit Online-Plattformen auseinandersetzen.
Doch nicht nur rassistische Äusserungen, sondern auch islamistische Inhalte finden seit Musks Twitter-Übernahme vermehrt ihren Weg zurück auf die Plattform. Auch wenn die tatsächliche Anzahl noch gering ist, so steigt diese schnell an: In den ersten 12 Tagen nach Abschluss des Deals hat das Institut for Strategic Dialogue (ISD) 450 neue IS Twitter Accounts registriert. In den 12 Tagen zuvor waren es noch 267.
Wie aktiv der IS auf Twitter werden kann, zeigen Zahlen aus dem Jahr 2014. Im Rahmen einer Studie wurden zwischen Oktober und November 2014 mindestens 30'000 IS-Konten auf Twitter gefunden. Der Aufschrei war gross, weshalb als Reaktion darauf «The Global Internet Forum to Counter Terrorism» (GIFCT) gegründet wurde. Auch Twitter war an der Gründung beteiligt. Heute wird auf den meisten grossen Social-Media-Plattformen AI-Technologie eingesetzt, welche terroristische Inhalte automatisch erkennt. Doch auch die Dschihadisten wandten ausgeklügeltere Methoden an: Unter Umgehung der Moderation und Manipulation von Inhalten wurden 2019 590 IS-Accounts auf Twitter aktiv. Sie könnten nun wieder einfacher auf die Plattform gelangen.
Die Veränderungen auf Twitter sind laut Experten alarmierend. Noch nie sei in so kurzer Zeit ein so steiler Anstieg an Hassreden, problematischen Inhalten und ursprünglich gesperrten Accounts verzeichnet worden. Imran Ahmed, CEO vom Center for Countering Digital Hate, stellt fest:
Musk streitet bisher ab, dass Hassreden auf Twitter zugenommen hätten. Im Gegenteil: Seit er Twitter übernommen habe, hätten die Hassreden um ein Drittel abgenommen.
Hate speech impressions down by 1/3 from pre-spike levels. Congrats to Twitter team! pic.twitter.com/5BWaQoIlip
— Elon Musk (@elonmusk) November 24, 2022
Weiterführende Informationen hierzu – wie beispielsweise seine Definition von «hate speech» oder die genauen unterliegenden Zahlen – stellte er nicht zur Verfügung.
Forschende bei Twitter sagten währenddessen, dass die Zunahme von Hassreden und problematischen Inhalten schon vor Musks Lockerung der Inhaltsregelungen begonnen habe. Dies könnte bedeuten, dass ein weiterer Anstieg anstehe.
Sollte das tatsächlich passieren, könnte es für Musk eng werden, wie die New York Times schreibt:
Denn: Elon Musk feuerte kurz nach seiner Übernahme die Hälfte aller Mitarbeitenden. (saw)
Unhaltbare zustände...
manchmal wünsche ich mir geschlossene Irrenanstalten zurück.