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Russische Soldaten richten drei Brüder hin – doch Mykola überlebt

Russische Soldaten richten drei Brüder hin – doch Mykola überlebt

Im Haus befand sich eine Uniform der ukrainischen Armee – das war das Todesurteil für Mykola und seine Brüder. Doch der junge Mann hatte Glück und konnte seinem Grab wieder entsteigen.
16.05.2022, 11:5516.05.2022, 11:55
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Ein Artikel von
t-online

Es war der 18. März, als russische Soldaten ins Haus von Mykola Kulichenko und seiner zwei Brüder in einem Dorf bei Tschernihiw kamen. Da hatte Putins Invasionsarmee die Stadt nordöstlich von Kiew schon wochenlang belagert und beschossen. Hunderte Menschen in der Region wurden während der Besatzung bis Anfang April getötet.

Im Haus befand sich eine Uniform der ukrainischen Armee – das war das Todesurteil für Mykola und seine Brüder. Doch der junge Mann hatte Glück und konnte seinem Grab wieder entsteigen.
Mykola Kulichenko: Die Staatsanwaltschaft in der Ukraine hat bestätigt, dass seine Brüder durch Schüsse in den Kopf starben.Screenshot: youtube/Суспільне Чернігів

Zwei von ihnen waren Dima und Eugen, der ältere und der jüngere Bruder von Mykola Kulichenko. Und wäre es nach den Besatzern gegangen, würde auch Mykola bei seinen Brüdern in einem Erdloch liegen, berichtet er dem ukrainischen Nachrichtenportal «Suspil'ne novyny». Auch das «Wall Street Journal» berichtet über den Vorfall.

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Zum Verhängnis sollen den Kulichenkos Eugens Armeeuniform und die Orden des Grossvaters geworden sein, die die Russen im Haus fanden. Nachdem die Soldaten Eugen vor dem Haus verprügelt hatten, verbanden sie den drei Brüdern die Augen und brachten sie in einem Militärfahrzeug aus dem Dorf, erzählt der Überlebende. Erst später wurde Mykola klar, dass die Russen sie in ein verlassenes Sägewerk etwa 40 Kilometer entfernt gebracht hatten.

In diesem verlassenen Sägewerk wurden Mykola und seine Brüder gefoltert und verhört.
In diesem verlassenen Sägewerk wurden Mykola und seine Brüder gefoltert und verhört.screenshot: youtube/суспільне чернігів

«Mykola wurde für mich zur Familie»

Drei Tage lang wurden Mykola und seine Brüder in der Ruine verhört, geschlagen und gefoltert, heisst es in dem Bericht. Dann wurden die drei nach draussen geführt, die Augen verbunden, an Händen und Füssen gefesselt. Das Erdloch für die Leichen der Kulichenkos hatten die Soldaten schon gegraben. «Hier lag ich neben meinem älteren Bruder, mein jüngerer lag ein wenig weiter weg», erzählt Mykola an dem Ort stehend, wo seine Brüder starben.

Im Haus befand sich eine Uniform der ukrainischen Armee – das war das Todesurteil für Mykola und seine Brüder. Doch der junge Mann hatte Glück und konnte seinem Grab wieder entsteigen.
Mykola Kulichenko an dem Grab, das russische Soldaten für ihn und seine Brüder geschaufelt hatten: «Eugen wurde zuerst erschossen und in die Grube geworfen.»screenshot: youtube/Суспільне Чернігів

«Eugen wurde zuerst erschossen und in die Grube geworfen, dann Dima. Dann schossen sie auf mich, ich wurde getreten und fiel auf Dima.» Zum Schluss bedeckten die Soldaten die Leichen der Brüder mit Erde.

Doch Mykola war nicht tot. Die Kugel, die ihn umbringen sollte, ging durch glatt durch seine Wange, ohne lebenswichtige Organe zu treffen. Trotz seiner gefesselten Arme und Beine konnte er sich aus der flachen Grube befreien und schaffte es ins nächste Dorf, wie er berichtet.

Im Haus befand sich eine Uniform der ukrainischen Armee – das war das Todesurteil für Mykola und seine Brüder. Doch der junge Mann hatte Glück und konnte seinem Grab wieder entsteigen.
Der Schuss ging durch Mykolas Wange.Bild: youtube/Суспільне Чернігів

Dort las Valentina Petrowna den verletzten jungen Mann auf, brachte ihn in ihr Haus und versorgte ihn. «Wenn wir uns jetzt treffen, umarmen wir uns immer. Mykola wurde für mich zur Familie», berichtet die Bewohnerin.

Im Haus befand sich eine Uniform der ukrainischen Armee – das war das Todesurteil für Mykola und seine Brüder. Doch der junge Mann hatte Glück und konnte seinem Grab wieder entsteigen.
Eugen und Dima, die beiden Brüder Mykolas.screenshot: youtube/Суспільне Чернігів

Körperlich hat Mykola Kulichenko die russische Besatzung gut überstanden. Ausser der Schusswunde stellten Ärzte zwei gebrochene Rippen bei ihm fest.

Die Staatsanwaltschaft in der Ukraine hat den Tatort inzwischen untersucht und Mykolas Darstellung bestätigt, so «Suspil'ne novyny». Der Fall gehört jetzt zu mehr als 10'000 mutmasslichen russischen Kriegsverbrechen, die die ukrainischen Behörden verfolgen. (t-online,mk)

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42 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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FrancoL
16.05.2022 12:19registriert November 2015
Ich weiss solche Berichte gehören ins Netz. Bei mir erzeugen Sie eine immer stärker werdende Wut auf die Menschen die solche schändlichen Tagen verüben. Ich weiss das ist der Krieg, doch die Wut weiss es nicht, sie wächst und wächst.
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René Obi
16.05.2022 13:27registriert Oktober 2015
Entweder hat die russische Führung ihre Armee absolut nicht im Griff oder diese tausenden Menschenrechtsfälle sind wirklich vom Kreml gewollt. Beides ist extrem schlimm.
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Überdimensionierte Riesenshrimps aka Reaper
16.05.2022 12:16registriert Juni 2016
Das ist ein Markerschütternder Bericht
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