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Ukraine: Diese Webseite entlarvt Putins Kriegsverbrechen

Diese Webseite entlarvt Putins Kriegsverbrechen

Eine Online-Community überprüft im Internet veröffentlichte Fotos und Videos aus dem Ukrainekrieg. Verifizierte Angriffe gegen Zivilisten werden gesammelt und auf einer Online-Karte für alle sichtbar gemacht.
19.03.2022, 09:3120.03.2022, 21:24
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Zerbombte Wohnblöcke, Spitäler und Schulen: Mit jedem Tag werden die Kriegsverbrechen in der Ukraine offensichtlicher. Russland hält am Narrativ der «Befreiungsmission» fest, doch eine Online-Karte der britischen Nichtregierungsorganisation Centre for Information Resilience (CIR) räumt jeden Zweifel aus der Welt.

Auf der interaktiven Karte zum Krieg gegen die Ukraine werden signifikante Vorfälle wie zivile Opfer, Schäden an zivilen Einrichtungen und vieles mehr mithilfe investigativer Journalisten und freiwilliger Helferinnen und Helfer gesammelt, überprüft und für alle sichtbar gemacht.

Mithilfe der Netz-Community werden auch Bombardierungen, Truppenbewegungen, militärische Verluste auf beiden Seiten und Schäden an der Infrastruktur minutiös erfasst. Bislang wurden der öffentlich verfügbaren Karte weit über 1000 verifizierte Fotos und Videos hinzugefügt, die Russlands Invasion und diverse Kriegsverbrechen dokumentieren.

Jede Stecknadel stellt ein Kriegsereignis dar, das auf verifizierten Videos, Fotos oder Satellitenbildern festgehalten ist

Jeder Eintrag auf der Karte wurde überprüft, um festzustellen, wo und wann die Aufnahmen gemacht wurden.

Jeder Pin auf der Karte repräsentiert ein Foto oder Video, das öffentlich gepostet wurde.
Jeder Pin auf der Karte repräsentiert ein Foto oder Video, das öffentlich gepostet wurde.

Die Karte lässt sich filtern und nach Schlagworten durchsuchen. Die roten Pins markieren unabhängig verifizierte Vorfälle mit zivilen Opfern.

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Für jedes Ereignis werden Datum, Koordinaten, Art des Angriffs, Link zur Quelle und eine Kurzbeschreibung angegeben. Ein Hinweis zum Ausmass der Gewalt warnt vor schwer zu ertragenden Bildern.

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Die grünen Pins gehen teils auf die Zeit vor der Invasion zurück und zeigen, wo sich russische Truppen vor dem Einmarsch positioniert hatten.

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Das Ziel: Kreml-Propaganda widerlegen

Das erste Opfer des Krieges ist die Wahrheit. Meist enden Meldungen über Bombardierungen und Opferzahlen in den Medien mit dem Satz: «Die Angaben können nicht unabhängig überprüft werden.» Dem soll diese Karte entgegenwirken, indem Transparenz geschaffen wird.

Überprüft werden die Vorfälle unter anderem von Bellingcat, einer in den Niederlanden ansässige Gruppe für investigativen Journalismus, die sich auf Faktenprüfung und Open-Source-Informationen spezialisiert hat. Bellingcat wird unterstützt von einer breiten Online-Community, die bei der Analyse von Videos, Satellitenbildern und Desinformationskampagnen mithilft.

«Der Kreml ist bekannt dafür, dass er Informationen als Waffe einsetzt und verzerrt. Deshalb ist es wichtig, Open-Source-Methoden einzusetzen, um Transparenz, Verantwortlichkeit und Wahrheit in die Berichterstattung über den Konflikt zu bringen», sagt Ross Burley, Mitgründer des CIR.

«Ziel ist es, politische Entscheidungsträger, Journalisten sowie Justiz- und Rechenschaftsorgane mit zuverlässigen Informationen über die Entwicklung der Lage vor Ort und im Internet zu versorgen», schreiben die renommierten Fakten-Checker von Bellingcat. Das soll helfen, der russischen Desinformations-Propaganda entgegenzuwirken und «die Behauptungen der russischen Staatsmedien und des Kremls zu widerlegen».

Zu einem späteren Zeitpunkt könnte die Karte, respektive die in einer Datenbank gespeicherten Informationen, bei der Aufarbeitung der Kriegsverbrechen eine wichtige Rolle übernehmen.

So funktioniert die Karte und so werden die Aufnahmen geprüpft

Überprüft werden öffentlich zugängliche Fotos und Videos, die zu Hunderten in sozialen Netzwerken gepostet werden. Beispielsweise kann ein auffälliges Gebäude, ein farbiges Dach oder ein Strassenschild im Hintergrund eines Fotos, das mit Google Maps abgeglichen wird, den genauen Ort der Aufnahme verraten.

Bevor neue Inhalte auf die Karte gelangen, werden sie laut Eigenaussage von erfahrenen Mitarbeitern des CIR überprüft, um sicherzustellen, dass die Informationen korrekt sind. Die vom CIR bestätigten Vorfälle kann wiederum jeder selbst nachprüfen.

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Wichtig in diesem Kontext: Allein das Sammeln von Videos, die beispielsweise die Zerstörung von Schulen zeigen, reicht nicht als Beweis für ein Kriegsverbrechen. Als Kriegsverbrechen gilt der Vorfall erst dann, wenn die Schule gezielt angegriffen oder die Zerstörung als Kollateralschaden in Kauf genommen wird und die erwartbaren Opfer und Schäden in keinem Verhältnis zum eigentlichen Ziel stehen.

Die Fakten-Prüfer beim CIR und ihre freiwilligen Helferinnen und Helfer versuchen daher auch abzuklären, ob Wohnquartiere gezielt oder flächendeckend bombardiert werden oder ein wahlloser Beschuss ziviler Wohngebäude vorliegt.

Übrigens: Das CIR und die Online-Community haben schon vor Kriegsbeginn die Lage beobachtet und den Truppenaufmarsch an der Grenze zur Ukraine dokumentiert.

Das CIR warnte beispielsweise kurz vor der Invasion, dass Russland entgegen seiner Behauptung keine Truppen von der Grenze abgezogen, sondern den Aufmarsch beschleunigt und die Truppen in Gefechtspositionen gebracht hatte.

Die interaktive Karte kannst du hier ansehen.

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43 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Bob Dalyn
19.03.2022 09:40registriert März 2017
Der Schlächter Putin muss für seine Taten zur Rechenschaft gezogen werden. Die internationale Staatengemeinschaft muss alles in ihrer Macht stehende unternehmen, diesen Irren zu eliminieren.
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Lienat
19.03.2022 10:11registriert November 2017
Jeder Kanal, welcher die russischen Kriegsverbrechen transparent macht, ist absolut zu begrüssen. Allerdings habe ich meine Zweifel, dass das ausreichen wird, um die russische Propagandamaschinerie im eigenen Land zu durchbrechen - leider.
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Kong
19.03.2022 10:07registriert Juli 2017
"...Zerstörung als Kollateralschaden in Kauf genommen wird und die erwartbaren Opfer und Schäden in keinem Verhältnis zum eigentlichen Ziel stehen..."
Die Zivilisten können ja nicht alle fliehen. Die Infrastrukturen sind gegeben. Gegner können sich in Städten überall verstecken. Wie will man diesen Irrsinn in ein Verhältnis setzen? Jedes Opfer ist eines zuviel. Solange die sich in den Städten bekriegen wird das noch schlimmer. Der sinnlose Wahnsinn muss durch Rückzug beendet werden.
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