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USA: Warum der «Blaue Punkt» in Nebraska die Wahlen entscheiden könnte

Nebraska: ce point bleu peut sauver Kamala Harris
Im Bundesstaat Nebraska setzen die Demokraten ganz auf den «Blue Dot».

Warum der «Blaue Punkt» in Nebraska die US-Wahlen entscheiden könnte

Nebraska ist einer der am stärksten republikanisch geprägten Bundesstaaten der USA. Das hindert eine kleine, von Demokraten bevölkerte Region jedoch nicht daran, der roten Welle zu trotzen. Das steckt hinter dem Wahlphänomen.
24.10.2024, 10:1324.10.2024, 10:41
Fred Valet
Fred Valet
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In zwölf Tagen werden die USA ihren 47. Präsidenten wählen. Das Rennen um das Weisse Haus ist so knapp, dass einige Experten schon von einem möglichen Unentschieden sprechen. Dieses Szenario ist zwar unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich. Die Stimmen der 538 Wahlleute können theoretisch genau in einem Unentschieden von 269:269 enden.

Ein solcher Fall ist seit dem 19. Jahrhundert nicht mehr vorgekommen, aber die amerikanische Verfassung hätte auch hierfür eine Lösung bereit. Sollten Trump und Harris genau gleich viele Wahlleute auf sich vereinen, würde der Präsident vom Repräsentantenhaus gewählt werden, während der Senat den Vizepräsidenten ermittelt.

Dass eine perfekte Gleichheit so unwahrscheinlich ist, liegt in erster Linie am Bundesstaat Nebraska. Der Cornhusker Staat («Maisschäler-Staat») liegt ziemlich genau im Zentrum des Landes und ist neben Maine der einzige, der die Stimmen seiner Wahlleute aufteilt. Einfach ausgedrückt: Hier werden drei der fünf Wahlmänner in Distrikten bestimmt. Das ist wichtig, weil in Nebraska eine grosse Mehrheit jeweils für den republikanischen Kandidaten stimmt – und dennoch auch die Demokraten auf Wahlleute aus dem konservativen Bundesstaat hoffen dürfen.

Ruth Huebner-Brown hangs a blue dot campaign sign, that represent Democratic-voting households in a state surrounded by Republican red, before a blue dot campaign sign get-together, Tuesday, Sept. 24, ...
Das Symbol der Demokraten: Ein blauer Punkt in Omaha.Bild: keystone

Dabei verwandelt sich Omaha, die bevölkerungsreichste Stadt des Staates, manchmal in einen blauen Punkt in einem Meer aus Rot. So etwa 2008 bei der Wahl von Barack Obama oder 2020 bei der Wahl von Joe Biden, als sich die beiden demokratischen Kandidaten über einen «Blue Dot» und damit Wahlleute in Nebraska freuen konnten. Die Stadt gilt deshalb als derart wichtig, dass innerhalb einer knappen Woche Robert Kennedy Jr. und der demokratische Vizekandidat Tim Walz in Omaha landeten, um zu versuchen, die Unentschlossenen zu überzeugen.

Democratic vice presidential nominee Minnesota Gov. Tim Walz, right, and his daughter Hope arrive at Eppley Airfield, Saturday, Oct. 19, 2024, in Omaha, Neb. (Chris Machian/Omaha World-Herald via AP)
Tim Walz in Omaha.Bild: keystone

In diesem Jahr hoffen die Demokraten besonders stark auf den blauen Punkt. Und das Engagement in Omaha ist gross: Ein Ehepaar etwa verbringt den ganzen Tag damit, Plakate zu sprayen und sie dann an ihre Nachbarn in einem Bezirk mit fast einer Million Einwohnern zu verteilen. Jason Brown und Ruth Huebner-Brown sind ziemlich stolz auf ihre Aktion.

«Es gibt zu viele Menschen in den USA, die meinen, dass ihre Wahl keine Rolle spielt. Das ist nicht falsch, wenn man in einem völlig roten oder völlig blauen Staat lebt.»
Ruth Huebner-Brownnew york times

Der Hype um den blauen Punkt ist so gross, dass dieser mittlerweile landesweit für Schlagzeilen sorgt. Diese Woche gingen die demokratischen Wähler von Omaha sogar so weit, dass sie in einem Park der Stadt in einem aufwändigen Video sich ganz in Blau als Punkt inszenierten.

Republikaner verärgert

Es überrascht deshalb nicht, dass die Konservativen die spezielle Regelung in Nebraska kritisch sehen und regelmässig versuchen, diese Stimmenteilung, die den republikanischen Kandidaten schwächt, zu stoppen. Im April dieses Jahres versuchten Donald Trump und der konservative Aktivist Charlie Kirk mit allen Mitteln, die Gesetzgeber des Staates davon zu überzeugen, das System zu überdenken.

«Die Legislative von Nebraska kann dafür sorgen, dass die Wählerstimmen ihres Staates dazu verwendet werden, den Kandidaten zu wählen, den die GROSSE Mehrheit des Staats bevorzugt.»
Charlie Kirk

Der Gesetzesentwurf wurde von der Legislative von Nebraska, die nur aus einer Kammer besteht (ja, dieser Staat macht nichts wie die anderen), nicht angenommen. Die Trumpisten im Distrikt revanchierten sich, indem sie die blauen Punkte mit einem roten mit Trump-Frisur kopierten.

In den nächsten zwei Wochen wird Omaha somit viele Augen auf sich ziehen. Die Stadt, die 2008 «Obamaha» genannt wurde, ist in dieser Woche zwangsläufig zu «Kamaha» geworden. Doch reicht das auch wirklich aus, um den blauen Punkt Tatsache werden zu lassen?

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65 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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winglet55
24.10.2024 10:38registriert März 2016
Ich bin froh wenn die Präsidentschaftswahl in den USA Geschichte ist. Dann ploppt hoffentlich nicht mehr im 12 Stundentakt eine Wahlspekulation auf.
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Der Micha
24.10.2024 10:46registriert Februar 2021
Das die Republikaner alles unternehmen um die Wahlen so zu beeinflussen, dass sie selbst davon profitieren, ist nichts neues.

Das machen sie immer wieder. Insbesondere das Abbauen von Wahllokalen in demokratischen Bezirken ist ein beliebtes Mittel.
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iudex
24.10.2024 10:35registriert April 2020
Lenzburg hat halt schon ein schönes Wappen :)
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