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Warum die Chinesen Trump mit Mao vergleichen

Chinesen und Chinesinnen vergleichen Trump mit Mao auf Social Media. Donald Trump im Vordergrund über einem Bild von Mao Zedong, das von einer amerikanischen Flagge halb überdeckt wird.
Bild: watson/sda/reuters
Analyse

Warum die Chinesen Trump mit Mao vergleichen

Zusammen mit Elon Musk will der US-Präsident Amerika eine kulturelle Revolution verpassen.
10.03.2025, 18:3110.03.2025, 18:31
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Was sich derzeit in den Vereinigten Staaten abspielt, würde man eigentlich in China erwarten: unterwürfige offizielle Ankündigungen, Einschüchterung der Medien und Top-Manager, die dem Regierungschef schmeicheln. All dies geschieht derzeit jedoch nicht in Peking, sondern in Washington.

Altgediente chinesische Journalisten reiben sich daher die Augen, so beispielsweise Zhang Wenmin, die wegen ihrer kritischen Berichterstattung 2023 in die USA auswandern musste: «Mir kommt, was sich derzeit in Amerika abspielt, sehr bekannt vor, es fühlt sich wie China an», sagt sie gegenüber der «New York Times». «Ich bin soeben vom Regen in die Traufe geraten.»

Wang Jian, ebenfalls ein Journalist, postete derweil auf X: «Da ich aus einem autoritären Regime komme, weiss ich, dass es mehr als ein System ist – es geht letztlich um die nackte Macht. Wir wissen auch, dass die Kulturrevolution in China das Ziel hatte, die staatlichen Institutionen zu zerstören und so die Kontrolle auszuweiten.»

Mao Tse-tung is shown in 1966 at the beginning of China's Cultural Revolution. A founding member of the Chinese Communist Party in 1921, Chairman Mao became the communist leader of the People&#03 ...
Mao Zedong ruft 1966 die chinesische Kulturrevolution aus. Bild: AP

Zunächst ein kurzer historischer Rückblick für die Jüngeren unter euch: Zwischen 1966 und 1976 zettelte Mao Zedong, damals Chinas Diktator, die sogenannte Kulturrevolution an. Er hetzte Studenten gegen Professoren und Bauern und Arbeiter gegen ihre Manager auf, weil er eine vermeintliche Elite stürzen und eine permanente kommunistische Revolution in Gang halten wollte.

Die chinesische Kulturevolution war eine hässliche Sache. Millionen Menschen wurden umgebracht oder verhungerten. Es herrschten Willkür und Rechtlosigkeit. Kinder zeigten ihre Eltern an. Untaugliche, aber loyal zu Mao stehende Parteisoldaten wurden in führende Positionen gehievt. Die chinesische Wirtschaft sank auf Steinzeit-Niveau ab.

Okay, so weit ist es in den USA noch lange nicht. Trotzdem sind Chinesen, welche die Kulturrevolution noch erlebt haben, verstört. «Sie sind geschockt von der amerikanischen Politik unter Trump», schreibt die «New York Times». «Vor allem die Art und Weise, wie die Regierungsstellen in den sozialen Medien kommunizieren, verwirrt sie. Das töne wie die Propaganda der Kommunistischen Partei Chinas (KPC).»

epa11924657 US President Donald Trump (R) holds a hat reading 'Trump was right about everything' alongside Health and Human Services Secretary Robert F. Kennedy Jr. after signing executive o ...
Personenkult: Der Präsident verteilt Mützen mit der Aufschrift: «Trump was right about everything!»Bild: keystone

Auch der Personenkult um Trump erinnert fatal an Mao. Der US-Präsident verteilt neuerdings Baseball-Mützen mit der Aufschrift: «Trump hatte mit allem recht!» Sein Hunger nach Schmeicheleien ist unstillbar. «Selbst die Propaganda der KPC lobt nicht täglich Xi Jinping über den Klee», postet Deng Haiyan, ein ehemaliger chinesischer Polizeioffizier auf X.

Trumps Kulturrevolution hat jedoch das gleiche Ziel wie seinerzeit diejenige von Mao: Er will den bestehenden Staat und seine Institutionen zerstören. Deshalb gibt er seinem Schattenpräsidenten Elon Musk alle Kompetenzen und lässt dessen jugendliche Abwrack-Truppe ungebremst wüten. Ohne durch eine Wahl legitimiert zu sein, richtet das DOGE-Team in der amerikanischen Verwaltung Verwüstung an und entlässt per Knopfdruck Tausende von Angestellten. All dies erinnert an die aufgehetzten Jung-Revolutionäre zu Maos Zeiten.

Als Unternehmer kennt Musk keine Rücksichten. Er entlässt nicht nur skrupellos selbst verdiente Mitarbeiter, er geniesst es geradezu, wie Walter Isaacson das in seinem Buch «Elon Musk» immer und immer wieder schildert. Auch bei SpaceX, seinem Raumfahrtunternehmen, handelt Musk nach der Methode, wir probieren etwas so lange aus, bis es klappt und nehmen dabei grosse Risiken in Kauf. Deshalb explodieren seine Raketen immer mal wieder. Gerade letzte Woche hat sich einmal mehr ein Prototyp seiner grössten Rakete Starship in seine Einzelteile aufgelöst.

Was für ein privates Unternehmen ein vertretbares Risiko sein mag, ist für eine staatliche Verwaltung verheerend. «DOGE macht die Regierung nicht besser», stellt die «New York Times» in einem redaktionellen Kommentar fest. «Die willkürliche Zerstörungskampagne unterhöhlt stattdessen die Basis-Arbeit der Regierung und die Sicherheit und den Wohlstand des amerikanischen Volkes.»

Elon Musk holds a chainsaw handed to him by Argentine President Javier Milei, behind, at the Conservative Political Action Conference (CPAC) in Oxon Hill, Maryland, Feb. 20, 2025. (AP Photo/Jose Luis  ...
Kommt mit seiner Kettensäge nicht gut an: Elon Musk.Bild: keystone

Wie Maos aufgehetzte Revolutionäre richtet sich die Zerstörungswut der DOGE-Truppe gegen vermeintliche Woke-Hochburgen: gegen Universitäten und gegen die Medien. In ihrem planlosen Vorgehen machen sie teils eklatante Fehler. Sie entlassen die Spezialisten für nukleare Sicherheit, um sie umgehend wieder einstellen zu müssen. Oder sie feuern Biologen und Mediziner, welche die Vogelgrippe studieren und riskieren so eine neue Pandemie.

Trump hat derweil die USA und die ganze Welt auf einen wirtschaftlichen Horror-Achterbahn-Trip eingeladen. Welche Zölle wann noch gelten, welche temporär auf Eis gelegt worden sind oder kurz vor der Einführung stehen – selbst Spezialisten haben den Überblick verloren. Niemand kann sagen, ob er damit einen Plan verfolgt, und wenn, wie dieser Plan aussehen sollte. «Er sagt so viel, dass man ihn nicht festnageln kann», erklärt Julian Zelizer, Geschichtsprofessor an der Princeton University, in der «New York Times». «Es geht ihm dabei nicht darum, Widersprüche in die Welt zu setzen, er sucht Schutz.»

Ein grausames Verwirr-Spiel betreibt Trump auch mit der Ukraine. Er demontiert Wolodymyr Selenskyj und setzt die Militärhilfe und Geheimdienst-Informationen aus, um wenig später Putin mit Sanktionen zu drohen und zu versichern, die Ukraine erhalte weiterhin Zugang zu Starlink, dem für die Militärs extrem wichtigen Informationssystem von Musk.

Donald Trump und Wolodymyr Selenskyj geben sich an der Pressekonferenz Saures.
Grausames Spiel mit Wolodymyr Selenskyj.Bild: keystone/twitter

Mao konnte seine verheerende Kulturrevolution zehn Jahre lang durchziehen. Trump dürfte dies kaum gelingen. Der Unmut dagegen steigt bereits jetzt täglich. Sogar im Kabinett wird Kritik an DOGE laut. Aussenminister Marco Rubio und Musk sollen sich kürzlich ein heftiges Wortgefecht geliefert haben.

Auch Steve Bannon schiesst weiterhin aus allen Rohren gegen Musk. «Er ist kein Nationalist, er ist ein Globalist», erklärte Bannon jüngst in einem Interview mit der «New York Times». «Zwischen ihm und mir gibt es einen unüberbrückbaren Graben.»

Die Trump-Achterbahn verunsichert Manager und Investoren gleichermassen. Die Kurse an den Aktienbörsen sind letzte Woche massiv eingebrochen und haben alle Gewinne, die sie nach Trumps Wahlsieg errungen haben, wieder eingebüsst. Rapide sinkt auch die Konsumentenstimmung, und das Atlanta Federal Reserve, eine Teilstelle der Zentralbank, prophezeit gar, dass das Bruttoinlandprodukt im ersten Quartal um 2,4 Prozent einbrechen werde.

In seiner Rede vor dem Kongress hat Trump vollmundig erklärt, ein «neues goldenes Zeitalter» sei in Amerika angebrochen. Danach sieht es derzeit nicht aus. Der Ausdruck «Trump-Rezession» macht die Runde – und nicht einmal der Präsident mag dies dementieren. «Wir befinden uns in einer Übergangsphase, da kann man nichts ausschliessen», erklärte er gestern kleinlaut in einem Interview auf Fox News.

Erstaunlich auch, wie Trump heute über die Finanzmärkte spricht. Einst bejubelte er jeden Anstieg der Kurse als Zeichen seiner Wirtschaftskompetenz. Neuerdings behauptet er, dass ihm die Märkte gleichgültig seien. «Schaut, wir müssen ein starkes Land aufbauen», erklärte er im erwähnten Fox-News-Interview. «Da kann man nicht auf die Aktienmärkte starren. Schaut auf China, die haben eine 100-Jahr-Perspektive.» Womit wir wieder bei Maos Kulturrevolution angelangt wären.

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Welcome to China – das denkt das Internet über China
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Welcome to China – das denkt das Internet über China
Wenn schon ein Solarkraftwerk, warum dann nicht auch gleich in Form von Pandas?
quelle: reddit
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Hier teilt Mark Carney gegen Trump aus
Video: watson
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44 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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banda69
10.03.2025 20:13registriert Januar 2020
Und immer daran denken:

Alle SVPler haben Trump gewählt. Alle. Köppel, Dettling, Rösti, Blocher. Alle.

Die SVP hat in den letzten Jahren vieles versucht umzusetzen, was Trump ebenso versucht. Zum Glück hat die SVP nie ihr erklärtes Ziel von über 50% Wähleranteil erreicht. Es wäre eine Katastrophe. Bereits mit knapp 30% schadet die SVP bereits genug.

Und ja. Wer SVP wählt, wählt Trump. Es ist Hans was Heiri.
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memento
10.03.2025 19:57registriert September 2015
In den USA findet gerade ein massiver "Brain drain" statt. Hochqualifizierte Wissenschafter werden auf die Straße gestellt und werden wahrscheinlich auswandern. Das Land wandelt sich in rasender Geschwindigkeiten in eine Idiokratie.
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jaaduu
10.03.2025 20:06registriert Januar 2024
Holt unsere AHV Gelder zurück bevor Trump sie blockiert!
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