Es soll raues Wetter geherrscht haben, als Taiwans Küstenwache Anfang Januar unweit des taiwanischen Hafens Keelung ein Schiff unter kamerunischer Flagge stellen wollte. Deren Crew ist dringend verdächtig, das Trans-Pacific-Express-Unterseekabel, das die Inselrepublik Taiwan mit der Westküste der USA verbindet, beschädigt zu haben.
Kurz davor hat das taiwanische Unternehmen Chunghwa Telecom am 4. Januar Schäden an einem vieradrigen Kabel an der nördlichen Küste der Inselrepublik festgestellt. Taiwans Küstenwache identifizierte daraufhin das Frachtschiff mit dem chinesischen Namen Shunxing-39, das sich zur fraglichen Zeit in der Gegend aufgehalten hat. Laut Schiffsdaten von MarineTraffic fuhr die Shunxing-39 über zahlreiche Datenkabel im Meer nördlich von Taipeh hin und her. Am Ende war es der hohe Seegang, der die Küstenwache daran hinderte, den verdächtigen Frachter zu entern. Er entwischte und fuhr weiter Richtung der südkoranischen Hafenstadt Busan.
Der Frachter hat sieben chinesische Besatzungsmitglieder, ist in Kamerun als Shunxing-39 und in Tansania als Xingshun-39 registriert. Tatsächlich aber gehört er einer Firma in Hongkong namens Jie Yang Trading Limited. Deren Chef Guo Wenjie wiederum ist ein Chinese aus der Volksrepublik. Laut der Taipei Times bestritt Guo, dass das Schiff am Beschädigen der Kabel beteiligt war, bestätigte jedoch, dass es sich in dem Seegebiet aufgehalten hat. «Ich habe mit dem Schiffskapitän gesprochen und für uns war es eine normale Reise», sagte er der Zeitung.
Da Chinas Führung aber Taiwan mit einer gewaltsamen Übernahme durch die Volksbefreiungsarmee droht, könne «die Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden», dass das Schiff in sogenannte Grauzonen-Aktivitäten verwickelt gewesen sei, erklärte die taiwanische Küstenwache nach dem Kabelausfall. Direkte Beweise dafür wurden nicht vorgelegt.
Doch der Vorfall passt in das Bedrohungsraster Chinas der vergangenen Jahre: Mehrere Militärmanöver rund um die Insel sollten die Taiwanesinnen und Taiwanesen verunsichern. Gleichzeitig gewinnt die chinesische Armee dabei Erfahrungswerte für eine mögliche Invasion und für den Versuch, die Insel durch eine Blockade vom Rest der Welt abzuschneiden. In beiden Fällen wäre die Zerstörung der Kommunikationsinfrastruktur eine aus militärischer Sicht wichtige Massnahme.
Die mutmassliche Sabotage vor Taiwan erinnert fatal an jüngste Ereignisse in der Ostsee, bei denen auch Schiffe aus China in Verdacht geraten sind, an der Zerstörung von Unterseeinfrastruktur beteiligt zu sein. Vergangenen November hat ein chinesischer Frachter – die Yi Peng 3 – zwei Glasfaserkabel zwischen Finnland, Deutschland, Schweden und Litauen zerstört. Im Oktober 2023 wurden eine Gaspipeline und ein Kabel zwischen Estland, Finnland und Schweden beschädigt – durch das Containerschiff Newnew Polar Bear aus China. Die Schiffe liessen dabei ihre schweren Anker über den Meeresboden schleifen, wodurch der Schaden verursacht wurde.
Auch jetzt, vor der Küste Nordtaiwans, war das wohl wieder der Fall: GPS-Daten zufolge befand sich die Shunxing-39 bereits seit Anfang Dezember in den Gewässern, bis sein Signal ausgerechnet am Freitag, dem 3. Januar, letzte Woche abgeschaltet wurde. Taiwans Küstenwache verdächtigt die Shunxing-39deshalb, ihren Anker über das Unterseekabel gezogen zu haben.
Theoretisch können die dünnen Kabelleitungen unter Wasser auch durch Unfälle beschädigt werden. Doch aus Taiwan sei zu hören gewesen, es sei nicht entscheidend, ob hinter Schäden an Unterwasserkabeln im konkreten Fall eine Absicht steckt oder ein Unfall, sagt Daniel Voelsen, Leiter der Forschungsgruppe Globale Fragen bei der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), einem Thinktank in Berlin. Jeder Schaden zeige, wie anfällig die Infrastruktur und wie wenig resilient das System sei.
«Deutlich wird, dass China und Russland sehr genau auf die Kritische Infrastruktur schauen, diese als Ziel ausgemacht und ins Visier genommen haben. Für den Westen und auch für Taiwan bedeutet diese Gefahr, dass die Regierungen dort mehr Wert auf Resilienz legen müssen», sagt Voelsen im Gespräch mit ZEIT ONLINE.
Der Vorfall am Meeresboden vor Taiwan spiegelt sich mit Russlands Vorgehen auf der Ostsee. Das legt den Verdacht nahe, dass beide Staaten voneinander lernen und es gar eine niederschwellige Zusammenarbeit gibt. In der Ostsee zerstören etwa Frachter und Tanker, die zur sogenannten Schattenflotte Russlands gehören sollen, immer wieder Objekte der Kritischen Infrastruktur am Meeresboden.
An Weihnachten 2024 beschädigte die Eagle S mit ihrem Anker vier Glasfaser-Unterwasserkabel, die unter anderem Finnland mit den baltischen Staaten verbinden, sowie ein wichtiges Stromkabel. Die EU gab an, das Schiff gehöre zu Russland und transportiere russisches Öl, das über der von westlichen Staaten festgelegten Preisobergrenze gehandelt wurde. Die Ermittlungen in diesem Fall laufen noch. Zudem soll am Sonntag erneut ein Unterseekabel beschädigt worden sein - diesmal zwischen Schweden und Lettland. Beide Staaten untersuchen nun gemeinsam mit der Nato den Fall.
Die chinesische Yi Peng 3, die wenige Wochen zuvor die Internetverbindung zwischen Skandinavien und Westeuropa attackiert hatte, tat dies ebenfalls mit ihrem Schiffsanker und soll nach Einschätzung deutscher Sicherheitsbehörden von einem Kapitän mit russischem Pass gesteuert worden sein. Chinas Regierung verhinderte, dass Ermittler aus Nato- oder EU-Staaten an Bord durften, aber der Anker wies nach Angaben von Ermittlern verdächtige Spuren auf.
«Ich kann mir nicht vorstellen, dass es auf der Ostsee drei Sabotage-Vorfälle mit chinesischer Beteiligung gab, ohne dass die Regierung in Peking davon wusste», sagt Daniel Voelsen von der SWP. «Ich werte diese Fälle als ein aggressives Signal Pekings. Die chinesische Regierung scheint bereit zu sein, Russlands Vorgehen zu unterstützen», fährt der Experte fort.
Solche Attacken beunruhigen die Mitglieder der Nato, auch die Bundesregierung. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) warnte am 10. Januar vor den Gefahren der hybriden Angriffe gegen westliche Staaten in der Ostsee. «Es passiert täglich», sagte er bei einem Besuch der Marineflieger im niedersächsischen Nordholz. Es gebe «einige» in Deutschland, kritisiert der Sozialdemokrat, «die das immer noch nicht wahrhaben wollen». Bei dem Ostsee-Gipfel der Nato am Dienstag wurde auch über den Schutz vor Sabotage diskutiert. Nato-Generalsekretär Mark Rutte versprach, dass die Nato künftig Kabel und Leitungen in der Ostsee mit deutlich mehr Schiffen, Flugzeugen und Drohnen überwachen wird.
Doch Seekabel und Pipelines im Meer sind nur schwer zu schützen, vor allem wenn sie ausserhalb der Hoheitsgewässer von Staaten verlaufen und ausserhalb der Wirtschaftszonen, in denen noch Sicherheitskräfte eingesetzt werden können. Auf hoher See ist keine Marine und keine Polizeibehörde befugt, ein Schiff aus einem fremden Staat anzuhalten oder gar zu durchsuchen.
Doch auch die Methoden der Angreifer haben Grenzen. «Das ist keine Hightech-Kriegsführung. Ein Schiff lässt den Anker herunter und gibt Vollgas. Dieses Vorgehen funktioniert so aber nur in flachen Gewässern», erklärt Voelsen. Tiefliegende Kabel im Atlantik seien vor solchen Attacken sicher. Möglichkeiten, die Kritische Infrastruktur zu schützen, sind nach Ansicht des Experten vorhanden. Die Regierungen im Westen könnten etwa schlicht mehr Internetkabel verlegen lassen, damit einzelne Ausfälle leichter zu verschmerzen sind.
Gleichzeitig sollte die Satellitenkommunikation gestärkt werden, um Alternativen zu den Kabelverbindungen zu haben, empfiehlt Voelsen. Darüber hinaus müsse die Fähigkeit zur Reparatur von Unterwasserkabeln erhöht und die Patrouillen durch Polizei und Militär an der Kritischen Infrastruktur ausgebaut werden. «Ich habe aber den Eindruck, dass in Europa bereits entschlossener auf diese Form hybrider Kriegsführung reagiert wird», sagt der Experte.
Zumindest klangen die Warnungen der Geheimdienste vor dem Vorgehen des Kriegsaggressors Russlands und auch China nie so deutlich wie jetzt. So heisst es beim Militärischen Abwehrdienst der Bundeswehr (MAD), dass die Angriffe gegen die eigenen Streitkräfte «hauptsächlich durch die Nachrichtendienste Russlands und Chinas» unternommen würden. Im aktuellen MAD-Report gibt es zur Volksrepublik China ein eigenes Kapitel, in dem es heisst:
Auch der Ton der Nato wird China gegenüber deutlicher. So warnt der seit Oktober im Amt befindliche Generalsekretär Mark Rutte: «In den vergangenen Jahren haben Russland und China versucht, unsere Nationen durch Sabotageakte, Cyberangriffe, Desinformation und Erpressung im Bereich der Energieversorgung zu destabilisieren und uns einzuschüchtern.»
Taiwan dagegen gehört keinem Militärbündnis an und hat bereits vergleichbare Vorfälle erlebt, die eine Schikane Chinas nahelegen. So wurden Anfang Februar 2023 zwei Unterseekabel durchtrennt, die die Insel Matsu mit der Hauptinsel Taiwan verbinden. Matsu liegt unmittelbar vor der Küste der Volksrepublik. Verdächtigt werden ein Fischerboot und ein Frachter, beide aus China. Taiwans Regierung konnte einen Vorsatz nicht nachweisen. Allerdings sollen die Kabel in den vergangenen Jahren bereits mehr als 20 Mal beschädigt worden sein.
Wie latent aber die Sorge Taiwans vor Unterwassersabotage bleibt, zeigt aktuell die mysteriöse Fahrt der Vasiliy Shukshin. Der in Hongkong registrierte Frachter aus Russland fährt unter der Flagge Belizes und hat offenbar 3000 Kilometer von seinem Heimathafen Vostochny aus bis zur Südwestküste Taiwans zurückgelegt, um dort dreieinhalb Wochen lang ohne ersichtlichen Grund hin und her zu kreuzen.
Einen Hafen in Südtaiwan hat das Schiff nicht angesteuert. Dafür ist es in der Nähe der taiwanischen Kabelanlandestation Fangshan herumgefahren, wo die sogenannte Südostasien-Japan-Verbindung ankommt. Am Montag meldet Taiwans Küstenwache, dass die Vasiliy Shukshin nach Vostochny zurückkehrt. Schäden, die möglicherweise von dem Schiff verursacht wurden, sind nicht bekannt geworden.
Dieser Artikel wurde zuerst auf Zeit Online veröffentlicht. Watson hat eventuell Überschriften und Zwischenüberschriften verändert. Hier geht’s zum Original.
Diese dreisten
Sabotage-Angriffe auf sie Sicherheit Europas häufen sich und der Westen schaut tatenlos zu.
Dazu kommt die Wahlmanipulation und die offene aktive Unterstützung rechter und rechtsextremer Pitik (SVP, AfD, Orban, Fico, usw.) zur Destabilisierung demokratischer Staaten.
aund in der Schweiz? Ja, da haben die mordenden Terror-Russen Freunde bis in die höchten politischen Ebenen (SVP).