Schweiz
Alkohol

Alkoholfreie Wein-Alternativen überzeugen noch nicht

weine, wein, alkohol, weinflasche
Die Entwicklung von überzeugenden Wein-Alternativen ohne Alkohol stösst auf einige Hindernisse.Bild: shutterstock

Alkoholfreie Wein-Alternativen überzeugen noch nicht

23.12.2023, 16:22
Mehr «Schweiz»

Wein ist im wachsenden Markt für alkoholfreie Getränke ein Spezialfall. Trotz steigender Nachfrage ist es noch immer schwierig, geschmacklich überzeugende Wein-Alternativen ohne Alkohol zu finden. Ihre Entwicklung läuft, es gibt aber diverse Hindernisse.

Das erste Problem ergibt sich für die Produzenten schon bei der Bezeichnung ihres Produktes. «Die grundlegende Definition von Wein der Internationalen Organisation für Rebe und Wein umfasst ausschliesslich ein Getränk, das durch die vollständige oder teilweise alkoholische Gärung von Weintrauben entsteht», sagt Hélène Noirjean, Direktorin des Schweizerischen Weinbauverbands Swiss Wine.

Der Mindestgesamtalkoholgehalt liege laut der Organisation bei mindestens 7 Prozent. Alkoholfreier Wein könne deshalb nicht als «Wein» bezeichnet werden, sagt sie. Gängige Begriffe sind etwa «Getränk auf Weinbasis», «entalkoholisierter Wein» oder auch «alkoholfreier Wein», wobei ein solcher – anders als «Wein ohne Alkohol», der gar keinen Alkohol enthalten darf – einen Alkoholgehalt von maximal 0.5 Prozent aufweisen darf.

Weinproduzenten fehlt Kapazität für Entwicklung

Ein weiteres Hindernis ist die starke Fragmentierung des Weinmarktes. Anders als etwa die Märkte für Bier oder Spirituosen wird der Weinmarkt kaum von grossen, internationalen Konzernen beherrscht.

Dabei wäre genau das für die Entwicklung von alkoholfreiem Wein förderlich. «Ein multinationaler Konzern hat die Mittel, ausreichend in Forschung und Entwicklung zu investieren, um am Ende ein zufriedenstellendes Produkt zu haben», sagt Ettore Müller, kaufmännischer Leiter von Gialdi Vini in Mendrisio, der eine Dissertation zum Thema verfasst hat.

Dadurch kommt die Entwicklung weniger schnell voran, als das etwa beim Bier der Fall ist. Alkoholfreies Bier komme dem Geschmack des Originals oft schon sehr nahe, so Müller. Dessen Herstellung sei jedoch auch einfacher, denn man müsse Bier weniger Alkohol entnehmen als Wein, der bekanntlich einen höheren Alkoholgehalt hat.

Um den Alkoholgehalt zu senken, muss der Wein bei niedrigen Temperaturen destilliert werden. Dabei verliere er einen Grossteil seines Geschmacks. «Alkohol ist ein bisschen wie Salz in einem Gericht, daher bedeutet das Entfernen von Alkohol, dass der Wein fader wird», erklärt Müller.

Einige Aromen würden zwar isoliert und später dem Wein wieder beigefügt. Darum würden teils auch Zusatzstoffe beigefügt, um das Getränk dem Original anzunähern. Hélène Noirjean von Swiss Wine verweist auf Versuche, die gezeigt hätten, dass die Wein-Alternativen «nicht überzeugend» seien.

Teure Gerätschaften nötig

Auch beim Preis sehen sich die Hersteller vor Herausforderungen gestellt. Alkoholfreier Wein wird zuerst wie das Original hergestellt und dann im Nachgang mithilfe von teuren Gerätschaften entalkoholisiert. Somit ist er in der Herstellung teurer als «normaler» Wein.

Doch dies wird über den Verkaufspreis nicht ausgeglichen: Alkoholfreier Wein werde in der Regel sogar günstiger verkauft als das Original, sagt Müller.

So sei der Druck für Schweizer Winzer aktuell noch gering, alkoholfreie Weinalternativen herzustellen. Nach Müllers Kenntnis gibt es hierzulande noch keinen Hersteller. Auch Zweifel an den Absatzmöglichkeiten des Produkts, das von «echten» Weinliebhabern noch nicht ausreichend anerkannt werde, bremste die Investitionen.

Doch die Nachfrage steigt. Gerade die Hotellerie und Gastronomie wolle mit Alternativen auf der Weinkarte die internationale Kundschaft – etwa aus dem Nahen Osten – zufriedenstellen, die immer öfter entalkoholisierten Wein verlange. Insgesamt werde der Markt wohl «in fünf Jahren dort sein, wo der Biermarkt vor 20 Jahren war», so Müller. (sda/awp)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
So schmuggelt man Alkohol richtig: 13 Tipps
1 / 17
So schmuggelt man Alkohol richtig: 13 Tipps
bild: imgur

Auf Facebook teilenAuf X teilen
«Gibt es irgendeinen Grund, Tee zu trinken?»
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
33 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Mallz
23.12.2023 17:02registriert April 2022
Also alkoholfreier Wein wäre nichts für mich. Dann würde im Restaurant eher einen peppigen Fruchtsaftdrink bestellen.
Und wenn es zuhause kein Alkohol sein soll, dann trinkt man halt einfach keinen Wein und macht sich einen Tee.
Ich liebe und ehre die Wirkung des Alkohols bei Rotwein...wundervoll! Vom herrlichen Geschmack eines leckeren Rioja oder Amarone müssen wir gar nicht reden...😋🤓
4511
Melden
Zum Kommentar
avatar
Jamaisgamay
23.12.2023 18:16registriert April 2016
Entalkoholisierung ist ein massiver technischer-physikalischer Eingriff. Nicht erstaunlich, dass da viel Qualität verloren geht. Zudem eine grundsätzliche Veränderung der fragilen Struktur eines Weines. Das kann nicht mehr vergleichbar sein. Und dann gehe ich davon aus, dass die auf dem Markt verfügbaren Produkte aus industriell- und eher minderwertigem Wein hergestellt werden. Guter Wein wäre ja auch zu schade dafür. Und zu teuer.
282
Melden
Zum Kommentar
avatar
Bee89
23.12.2023 17:41registriert Mai 2018
An alle, die sagen, „dann trink halt Wasser/Cola/sonst ein langweiliges Getränk“.
Die meisten von uns trinken Alkohol doch in einer sozialen Situation und weil es gut schmeckt… wenn man keinen Alkohol trinken darf, weil z.b schwanger oder trocken. Dann ist meiner Erfahrung nach, einfacher zz verzichten, wenn man auch was gut schmeckendes zu trinken hat, das nicht nur ne Cola ist.
Alkoholfreier Sekt z.B schmeckt teilweise genau gleich wie normaler Sekt, und man hat danach keine Kopfschmerzen, wo ist also das Problem wenn es tolle alkoholfreie Alternativen gibt?
2411
Melden
Zum Kommentar
33
Zürcher Regierung will keine Bezahlkarte für Asylsuchende

Der Zürcher Regierungsrat hält eine Bezahlkarte für Asylsuchende, wie sie in Deutschland beschlossen wurde, für eine aufwändige und wenig zielführende Idee. In Zürich gab es bereits ein Gutscheinsystem, das wegen Misserfolgs aufgegeben wurde.

Zur Story