Das bernische Obergericht muss entscheiden, ob der Bieler Rentner Peter Hans Kneubühl verwahrt wird. Der Mann, welcher 2010 vor der Zwangsräumung seines Hauses auf Polizisten schoss, wehrt sich gegen diese Massnahme.
Kneubühl hat gegen das entsprechende Urteil des Bieler Regionalgerichts von März 2020 beim Berner Obergericht Beschwerde eingereicht. Am Mittwochmorgen eröffnete die Beschwerdekammer des Berner Obergerichts die Verhandlung. Kneubühl hätte anwesend sein müssen. Doch erschien er nicht.
Wie Oberrichter Jürg Bähler bekanntgab, stellt Kneubühl die Unabhängigkeit des Obergerichts in Zweifel. Vor Gericht erschienen ja nur Leute, welche schon gegen ihn ausgesagt hätten. Sein Nichterscheinen sei als «Streik» gegen die «Korruption der Berner Behörden» aufzufassen, liess er das Obergericht vom Regionalgefängnis Thun aus in einem Brief wissen.
Die Beschwerdekammer entschied, auf Kneubühls Anwesenheit zu verzichten. Kneubühls Position sei ja aus seinen vielen Eingaben an die Gerichte bestens bekannt, sagte Bähler. Auch Kneubühls Verteidiger war damit einverstanden.
Noch im November wollte Kneubühl in Bern erscheinen. Damals wurde ein erster Termin kurzfristig abgesagt. Wie anlässlich der neuen Verhandlung bekannt wurde, litt Kneubühl damals an der Covid-19-Krankheit.
Der heute 77-Jährige wurde 2010 landesweit bekannt, als er vor der Zwangsräumung seines Hauses in Biel auf Polizisten schoss und einen von ihnen schwer verletzte. Nach einem mehrtägigen Katz-und-Maus-Spiel mit der Polizei wurde der Rentner schliesslich oberhalb von Biel gefasst.
Das Regionalgericht Berner Jura-Seeland kam 2013 zum Schluss, Kneubühl leide an einer schweren wahnhaften Störung. Es taxierte den Angeklagten als schuldunfähig und verordnete deshalb eine stationäre psychiatrische Massnahme. Das bernische Obergericht und das Bundesgericht bestätigten dieses Vorgehen.
Im Rahmen der stationären Massnahme solle sich Kneubühl therapieren lassen, so die Idee. Packe er diese Chance nicht, drohe ihm eine Verwahrung, warnten seinerzeit die Richter.
Doch der als «renitenter Rentner» und «Behördenschreck» bekannt gewordene Kneubühl bestreitet, dass er an Verfolgungswahn leidet. Laut den Behörden verweigerte er jegliche Therapie und medikamentöse Behandlung. Aus diesem Grund stellten die Bewährungs- und Vollzugsdienste (BVD) des Kantons Bern beim Bieler Gericht den Antrag, die stationäre Massnahme wegen Aussichtslosigkeit des Unterfangens durch eine Verwahrung abzulösen.
Das erstinstanzliche Gericht entsprach im März vor einem Jahr diesem Antrag unter anderem mit der Begründung, die Rückfallgefahr bei Kneubühl sei hoch. Dies sei der Fall, wenn der renitente Rentner sich in die Enge getrieben fühle.
Der Gerichtspräsident wies damals auch darauf hin, dass Kneubühl nie verriet, wo er sein Gewehr versteckte. Den neuen Besitzern des zwangsversteigerten Hauses habe er geschrieben, er werde nicht ruhen, bis der «illegale Hauskauf» rückgängig gemacht sei. Er werde ihnen «den Hals umdrehen».
Vor der Beschwerdekammer des Berner Obergerichts wiederholten am Mittwoch Staatsanwalt Manus Widmer und BVD-Vertreter Markus D'Angelo ihre Positionen von März 2020: Eine Verwahrung sei in diesem Fall verhältnismässig, sagte etwa Widmer mit Verweis auf das versteckte Gewehr.
Eine Gefahr für seine Mitmenschen könne Kneubühl schon werden, wenn er sich nur schon subjektiv unter Druck gesetzt fühle, sagte D'Angelo. Von Gefahr sei nicht nur bei objektiv vorhandenem Druck auszugehen. D'Angelo wies zudem darauf hin, dass Verwahrungen gewisse Lockerungen wie Ausgänge nicht ausschliessen und die Massnahme immer wieder überprüft wird.
Ein psychiatrischer Gutachter, auf den sich die Anklage und das Gericht im Wesentlichen stützten, habe Kneubühl nie persönlich getroffen: Das sagte Kneubühls Verteidiger Sascha Schürch. Die Rückfallgefahr sei gemäss dem in diesem Fall zur Anwendung gekommenen Prognoseinstrument HCR-20 gar nicht so gross.
Es sei unverhältnismässig, für Kneubühl die Verwahrung anzuordnen, ohne es zuvor mit einer bedingten Entlassung unter Auflagen versucht zu haben. Das Urteil wird am Donnerstagmorgen bekanntgegeben. (aeg/sda)