Am Mittwoch verkündete Bundesrätin Simonetta Sommaruga überraschend ihren Rücktritt. Die SP wird versuchen, ihren Bundesratssitz zu verteidigen – und die Chancen dazu stehen nicht schlecht. Es stellt sich also die Frage, wer von der SP Sommaruga beerben könnte.
«Für uns ist klar, dass die Nachfolge eine Frau sein muss», sagte SP-Präsidentin Mattea Meyer. Die SP wolle der Bundesversammlung ein Zweierticket mit zwei Frauen präsentieren. Kandidaturen seien aus allen Landesteilen möglich. Das ist etwas überraschend, da die SP mit Alain Berset bereits einen Bundesrat aus der Romandie hat.
Auf die Frage, ob sie selber kandidieren wolle, sagte Meyer, dass sie sich auf den Wahlkampf im Herbst 2023 konzentrieren möchte. Nachfolgend eine Liste mit möglichen Kandidatinnen fürs Zweierticket.
Die ehemalige Aargauer National- und Ständerätin Pascale Bruderer hat der Politik 2019 den Rücken gekehrt. Wendet sie sich ihr jetzt wieder zu? Nein, gab sie am Montagabend via Linkedin bekannt. Ihr sei bewusst geworden, wie sehr ihr das unternehmerische Engagement am Herzen liege. Bruderer ist Teilhaberin sowie exekutive Verwaltungsrätin beim IT-Startup Crossiety.
Schlechte Chancen hätte die ehemalige Nationalratspräsidentin wohl nicht gehabt, hätte sie ins Rennen gehen wollen. Sie wurde im Aargau jeweils mit Glanzresultaten gewählt, ist in Bern nach wie vor gut vernetzt und galt als weit über die SP-Grenzen hinaus als wählbar.
Die einzige SP-Ständerätin aus der Deutschschweiz ist Eva Herzog. Die 60-Jährige sitzt seit 2019 für den Kanton Basel-Stadt in der kleinen Kammer. Zuvor war sie während 14 Jahren Regierungsrätin und Vorsteherin des Finanzdepartements.
In den Bundesrats-Hearings würde sie bei der FDP, der Mitte und der GLP dank ihrer grossen Erfahrung wahrscheinlich gut abschneiden. Falls Herzog sich für eine Kandidatur entscheidet, stehen ihre Chancen nicht schlecht.
In der Stadt Zürich sind immer wieder Plakate mit dem Slogan «Jacky for President» zu sehen. Die Nationalrätin ist bei der Parteibasis äusserst beliebt und schafft es auch, über die Parteigrenzen hinaus die Leute mitzureissen.
Dass Badran tatsächlich bald Bundespräsidentin sein wird, ist hingegen eher unwahrscheinlich. Sie selbst betonte in der Vergangenheit immer wieder, dass sie gerne Geschäftsführerin ihres Software-Unternehmens bleiben möchte.
Viel in der Öffentlichkeit war in den vergangenen Jahren Priska Seiler Graf. Seit 2015 ist die Klotnerin im Nationalrat. Aktuell kandidiert sie für den Zürcher Regierungsrat.
Sie hat ihren Verzicht auf die Nachfolge von Bundesrätin Simonetta Sommaruga bekanntgegeben. Sie wolle sich auf den Zürcher Regierungsrat konzentrieren, schrieb sie am Donnerstag auf Twitter.
Ebenfalls aus dem Kanton Zürich stammt Jacqueline Fehr. Die 59-jährige Regierungsrätin wollte 2010 schon einmal Bundesrätin werden, zog gegen Simonetta Sommaruga aber den Kürzeren.
Jetzt verzichtet sie aber auf deren Nachfolge. Der Regierungsrat bleibe ihre grosse Leidenschaft, teilte sie am Donnerstag auf Twitter mit.
Alle oben Genannten haben das Problem, dass sie bereits etwas älter sind. Die SP dürfte darauf achten, auch jüngere Personen vorzuschlagen. Erst 40 Jahre alt ist Rebecca Ruiz. Seit 2019 ist sie Staatsrätin im Kanton Waadt und steht dem Gesundheitsdepartement vor. Zuvor gehörte sie dem Nationalrat an.
Am Samstag verkündete Ruiz dann aber, dass sie nicht kandidieren möchte. Sie möchte sich auf ihr Amt als Gesundheitsdirektorin konzentrieren, teilte Ruiz am Samstag via Twitter mit.
Die 52-jährige Waadtländer Staatsrätin galt als mögliche Kandidatin für den frei werdenden SP-Sitz im Bundesrat. Auch sie hat sich aber am Samstag aus dem Rennen um die Nachfolge von Bundesrätin Simonetta Sommaruga genommen. Die Waadtländerinnen und Waadtländer könnten weiterhin auf ihr Engagement im Staatsrat zählen, teilte Gorrite in einer Mitteilung mit.
Von 2017 bis Frühling dieses Jahres leitete Gorrite die Waadtländer Kantonsregierung. Sie war die erste Frau in dieser Position. Zurzeit ist sie Vorsteherin des Departements für Infrastruktur, Kultur und Personelles.
Einen Namen, den man für die Sommaruga-Nachfolge auf der Liste haben sollte, ist jener von Evi Allemann. Die 42-Jährige ist Mitglied der Berner Kantonsregierung. Sie gilt als Pragmatikerin, die bis weit in die politische Mitte Allianzen schmieden kann.
In der Deutschschweiz eher unbekannt ist Elisabeth Baume-Schneider. Die Ständerätin aus dem Kanton Jura arbeitete vorher in der Kantonsregierung und hat damit bereits Exekutiverfahrung gesammelt. Interessante Voraussetzungen für eine allfällige Kandidatur.
Flavia Wasserfallen wird schon länger als mögliche Nachfolgerin von Sommaruga gehandelt. Die 43-jährige Bernerin war mehrere Jahre Co-Generalsekretärin der SP und sitzt seit 2018 im Nationalrat. Zuletzt wurde sie von ihrer Kantonalpartei für die Ständeratswahlen nominiert. Doch nun ist sogar der Sprung in den Bundesrat denkbar. Die Nationalrätin überlegt sich gemäss Tamedia-Zeitungen eine Kandidatur.
Am Donnerstag meldete die Berner Nationalrätin, dass sie sich eine Kandidatur überlegen werde, nach Gesprächen mit Familie und Partei.
Die Tessiner SP-Ständerätin Marina Carobbio will nicht in den Bundesrat. Die 56-Jährige kandidiert bereits für einen Sitz in der Tessiner Regierung.
Sie wolle sich auf diese Aufgabe konzentrieren, erklärte SP-Tessin-Co-Präsidentin Laura Riget auf Anfrage von Keystone-SDA. Marina Carobbio wurde 2019 in den Ständerat gewählt. Davor war sie während 12 Jahren Mitglied des Nationalrats.
Anfang September gab die auf Palliativpflege spezialisierte Ärztin bekannt, für den freiwerdenden Sitz in der Tessiner Regierung zu kandidieren. SP-Regierungsrat Manuele Bertoli tritt bei den Wahlen im April 2023 nicht mehr an.
Die Männer, denen immer wieder Bundesrats-Format attestiert wird, müssen sich voraussichtlich noch etwas gedulden. Nationalrat Jon Pult sagt gegenüber watson, er sei der Ansicht, dass eine Frau die Nachfolge von Sommaruga antreten solle. «Nur zwei Frauen im Bundesrat im Jahr 2023 wäre nicht auf der Höhe der Zeit.»
Auch Daniel Jositsch werden immer wieder Bundesrats-Ambitionen nachgesagt. Er findet das von seiner Partei vorgesehene Ticket mit zwei Frauen diskriminierend. Dadurch werde eine Männer-Kandidatur verhindert.
Persönlich denke er über eine Kandidatur nach, sagte er am Freitagabend in der Sendung «Forum» des Westschweizer Radios RTS. Zurzeit diskutiere er mit Fraktionsmitgliedern darüber und vor allem mit seiner Familie. Wenn er kandidiere, werde er auch um einen Platz auf dem Ticket kämpfen.
Nach der jahrhundertelangen Diskriminierung der Frauen, seien nun die Männer von dem Phänomen betroffen, fuhr er fort. Er werde der SP-Fraktion vorschlagen, keine Grenzen für die Bundesratskandidaturen abzustecken.
Er plädiere nicht unbedingt für einen Mann. Entscheide die Fraktion, zwei Frauen seien die beste Wahl, würden zwei Frauen auf dem Ticket stehen. Für ihn seien die Kompetenzen und die Fähigkeit, in einer Kollegialbehörde mit zu regieren, aber wichtiger als das Geschlecht.