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Coronavirus

Omikron: Corona-Infektionen werden immer später entdeckt

Wegen Omikron-«Wand»: Infektionen werden bald immer später entdeckt

Eine watson-Auswertung zeigt: Die Labore haben seit November immer länger, um Corona-Tests auszuwerten. Die neue Virusvariante Omikron dürfte dieses Problem verschärfen.
30.12.2021, 14:2931.12.2021, 13:36
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Das modellierte Omikron-Szenario der wissenschaftlichen Corona-Taskforce des Bundes kennen wir mittlerweile: Es geht davon aus, dass in den kommenden Tagen fast schon eine «Omikron-Wand» auf die Schweiz zukommen wird. Die befürchteten Folgen sind dramatisch: Die jetzt schon belasteten Spitäler werden noch mehr ans Limit kommen.

Relativierend sei hier gesagt: Die Taskforce lag mit ihren Modellrechnungen nicht immer richtig. Kommt hinzu, dass nach derzeitigem Kenntnisstand die Omikron-Variante mildere Krankheitsverläufe verursacht. Länder wie Frankreich oder Italien verzeichnen aber in diesen Tagen Rekordzahlen bei den Neuinfektionen. Bestätigt sich diese Entwicklung auch in der Schweiz, bleibt das Szenario der Taskforce glaubhaft, wonach auch hier die Fallzahlen in die Höhe schnellen werden und bei einem zahlenmässig grossem Bruchteil der Infizierten schwerere Krankheitsverläufe verursacht.

Omikron-Modell bis Januar 2022

Modellierung der Covid-Entwicklung
Die schwarze Linie zeigt den 7-Tage-Schnitt der Neuinfektionen. Die Task Force befürchtet Anfang Januar gegen 20'000 Fälle.daten: BAG, Task Force

In dieser kritischen Phase gilt deshalb erneut das Credo: Testen, testen, testen. Wird eine Infektion entdeckt, kann eine Person isoliert werden und die Übertragungskette gestoppt werden. Der erneute Anstieg der Fallzahlen führte ab November 2021 zu einer Verdreifachung der Testungen – dies auch deshalb, weil der Bund die Testkosten wieder übernimmt.

Die Anzahl täglicher PCR-Tests stieg insbesondere vor den Festtagen an. Was zur Frage führt: Reichen die Testkapazitäten dafür aus? Die weniger zuverlässigen Antigen-Schnelltests können zwar unkompliziert und dezentral in Apotheken, Testzentren und provisorischen Testlokalitäten durchgeführt werden. Das Angebot dazu wurde in den vergangenen Monaten auch aufgrund wirtschaftlicher Attraktivität massiv ausgebaut.

Anzahl PCR-Tests pro Tag

Anzahl PCR-Tests pro Tag
Seit Dezember lassen sich über 50'000 Personen am Tag testen.daten: BAG

Anders sieht dies bei den PCR-Tests aus: Sie sind genauer, müssen aber labortechnisch umgesetzt werden. Die Technik dazu kann nicht wie bei den Schnelltests schnell aufgestockt werden und verlangt geschultes Personal.

In der folgenden Grafik wertete watson aus, wie «alt» im Schnitt eine Infektionsmeldung ist: Erfahrungsgemäss betrifft der Grossteil der neu gemeldeten Fallzahlen an einem Tag die Testungen am Vortag. Aufgrund von Nachmeldungen werden aber regelmässig jeweils dutzende bis hunderte Infektionen gemeldet, die mehrere Tage zuvor gefunden wurden.

Meldedauer für Covid-Infektionen

Bestätigungsdauer der Covid-Infektionen
Methodik: Für jeden Tag wurde berechnet, wie lange es im Schnitt braucht, bis eine Covid-Infektion nach dem Test bestätigt und den Behörden gemeldet wird. Diese Werte wurden über die vergangenen zehn Tage gemittelt.daten: BAG, eigene Berechnungen

Die durchgezogene Linie zeigt hierbei den 10-Tage-Schnitt dazu: Der Mittelwert umfasst unüblicherweise einen längeren Zeitraum, um Ausreisser aufgrund längerer Wartezeiten zu glätten. Was das genau heisst, sehen wir an den Infektionsneumeldungen vom gestrigen Mittwoch dem 29. Dezember: An diesem Tag wurden über 600 Fälle nachgemeldet, die über die Weihnachtstage entdeckt wurden. Einzelne Fälle stammen sogar von Anfang Dezember.

Covid-Meldungen vom 29. Dezember

Neumeldungen am 29. Dezember 2021

Die derzeit verfügbaren Daten zeigen: Es dauert im Schnitt zwischen 36 und 72 Stunden, bis ein positiver Corona-Test ausgewertet, behördlich registriert und vermeldet wird.

Die Dauer variiert einerseits von Wochentag zu Wochentag: An Montagen werden aufgrund der Wochenendtagen erwartungsgemäss mehr «ältere» positive Corona-Tests gemeldet. Wenn sich aber deutlich mehr Personen an einem Tag testen, dann dauert es auch ein bisschen länger, bis alle Ergebnisse ausgewertet und gemeldet werden. Und genau dieser leichte Trend ist seit Mitte November erkennbar: Es dauert seither ein bisschen länger, bis jede Infektion bestätigt und gemeldet wird.

Dieser Trend droht sich fortzusetzen. Tanja Stadler, Präsidentin der Science Task Force, sagte am Dienstag: «Wenn es über 20'000 Infektionen am Tag gibt, werden die Zahlen irgendwann nicht mehr steigen – weil die Testkapazitäten schlicht ausgeschöpft seien.» Trotz stark steigenden Ansteckungszahlen bleibt der Bundesrat aber zurückhaltend und verzichtet auf eine weitere Verschärfung der Massnahmen zur Eindämmung des Coronavirus.

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68 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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R10
30.12.2021 15:16registriert Juli 2016
Na das ist doch wunderbar! Wir warten einfach bis wir die Test-Kapazität voll ausgeschöpft haben und sich die Zahlen bei +/- 20‘000 gemeldeten Fällen pro Tag einpendeln und schon können wir gross erzählen, dass wir die Welle gebrochen haben. Der BR hat dann alles richtig gemacht und gewisse Medien können uns endlich wieder als das beste Land der Welt darstellen. Das dient ja auch einigen Politikern, Skeptikern, Kantonen und Lobbyisten, dann können sie nämlich wieder ihre Schäfchen besänftigen und laut brüllend das Ende der Massnahmen verlangen. So sind am Ende alle glücklich!

Oder? 🙃
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Fairness
30.12.2021 15:21registriert Dezember 2018
Die oft zu späte Quarantäne bringt so gut wie gar keine Verlangsamung. Sie ist sowieso ziemlich willkürlich. Ein Bespiel: Nachbars-Kinder vor Weihnachten positiv in der Schule getestet, Eltern und Rest der Fsmilie müssen nicht in Quarantäne. Was soll das biie nützen?
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MUST
30.12.2021 15:39registriert Juli 2020
Bin in Spanien, doppelt geimpft, 6 Monate, Omikron hat mich erwischt, pcr zeigt ct Wert von 22, enorme Viruslast,ohne Impfung wäre das in meinem Alter zu 40 Prozent IPS oder schlimmer gewesen, da haben die T-Zellen perfekt funktioniert
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