Das modellierte Omikron-Szenario der wissenschaftlichen Corona-Taskforce des Bundes kennen wir mittlerweile: Es geht davon aus, dass in den kommenden Tagen fast schon eine «Omikron-Wand» auf die Schweiz zukommen wird. Die befürchteten Folgen sind dramatisch: Die jetzt schon belasteten Spitäler werden noch mehr ans Limit kommen.
Relativierend sei hier gesagt: Die Taskforce lag mit ihren Modellrechnungen nicht immer richtig. Kommt hinzu, dass nach derzeitigem Kenntnisstand die Omikron-Variante mildere Krankheitsverläufe verursacht. Länder wie Frankreich oder Italien verzeichnen aber in diesen Tagen Rekordzahlen bei den Neuinfektionen. Bestätigt sich diese Entwicklung auch in der Schweiz, bleibt das Szenario der Taskforce glaubhaft, wonach auch hier die Fallzahlen in die Höhe schnellen werden und bei einem zahlenmässig grossem Bruchteil der Infizierten schwerere Krankheitsverläufe verursacht.
In dieser kritischen Phase gilt deshalb erneut das Credo: Testen, testen, testen. Wird eine Infektion entdeckt, kann eine Person isoliert werden und die Übertragungskette gestoppt werden. Der erneute Anstieg der Fallzahlen führte ab November 2021 zu einer Verdreifachung der Testungen – dies auch deshalb, weil der Bund die Testkosten wieder übernimmt.
Die Anzahl täglicher PCR-Tests stieg insbesondere vor den Festtagen an. Was zur Frage führt: Reichen die Testkapazitäten dafür aus? Die weniger zuverlässigen Antigen-Schnelltests können zwar unkompliziert und dezentral in Apotheken, Testzentren und provisorischen Testlokalitäten durchgeführt werden. Das Angebot dazu wurde in den vergangenen Monaten auch aufgrund wirtschaftlicher Attraktivität massiv ausgebaut.
Anders sieht dies bei den PCR-Tests aus: Sie sind genauer, müssen aber labortechnisch umgesetzt werden. Die Technik dazu kann nicht wie bei den Schnelltests schnell aufgestockt werden und verlangt geschultes Personal.
In der folgenden Grafik wertete watson aus, wie «alt» im Schnitt eine Infektionsmeldung ist: Erfahrungsgemäss betrifft der Grossteil der neu gemeldeten Fallzahlen an einem Tag die Testungen am Vortag. Aufgrund von Nachmeldungen werden aber regelmässig jeweils dutzende bis hunderte Infektionen gemeldet, die mehrere Tage zuvor gefunden wurden.
Die durchgezogene Linie zeigt hierbei den 10-Tage-Schnitt dazu: Der Mittelwert umfasst unüblicherweise einen längeren Zeitraum, um Ausreisser aufgrund längerer Wartezeiten zu glätten. Was das genau heisst, sehen wir an den Infektionsneumeldungen vom gestrigen Mittwoch dem 29. Dezember: An diesem Tag wurden über 600 Fälle nachgemeldet, die über die Weihnachtstage entdeckt wurden. Einzelne Fälle stammen sogar von Anfang Dezember.
Die derzeit verfügbaren Daten zeigen: Es dauert im Schnitt zwischen 36 und 72 Stunden, bis ein positiver Corona-Test ausgewertet, behördlich registriert und vermeldet wird.
Die Dauer variiert einerseits von Wochentag zu Wochentag: An Montagen werden aufgrund der Wochenendtagen erwartungsgemäss mehr «ältere» positive Corona-Tests gemeldet. Wenn sich aber deutlich mehr Personen an einem Tag testen, dann dauert es auch ein bisschen länger, bis alle Ergebnisse ausgewertet und gemeldet werden. Und genau dieser leichte Trend ist seit Mitte November erkennbar: Es dauert seither ein bisschen länger, bis jede Infektion bestätigt und gemeldet wird.
Dieser Trend droht sich fortzusetzen. Tanja Stadler, Präsidentin der Science Task Force, sagte am Dienstag: «Wenn es über 20'000 Infektionen am Tag gibt, werden die Zahlen irgendwann nicht mehr steigen – weil die Testkapazitäten schlicht ausgeschöpft seien.» Trotz stark steigenden Ansteckungszahlen bleibt der Bundesrat aber zurückhaltend und verzichtet auf eine weitere Verschärfung der Massnahmen zur Eindämmung des Coronavirus.
Oder? 🙃