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PK des Bundes verpasst? Das sind die 8 wichtigsten Punkte

Corona-PK des Bundes verpasst? Das sind die 8 wichtigsten Punkte

Die Omikron-Welle ist gebrochen. Dennoch ist die Pandemie noch nicht vorbei, gemäss den Expertinnen und Experten will man sich nun vermehrt auf Long Covid fokussieren. Das sind die wichtigsten Punkte der Pressekonferenz vom Dienstag.
08.02.2022, 16:1708.02.2022, 17:16
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Wie ist die aktuelle Lage einzuschätzen?

Laut Virginie Masserey, Leiterin Sektion Infektionskontrolle im Bundesamt für Gesundheit (BAG), hat die Omikron-Welle ihr höchstes Niveau erreicht. Die Zahlen stagnierten derzeit auf hohen Niveau. Die Dunkelziffer sei jedoch noch immer hoch.

Obwohl zwischen 80'000 und 100'000 Personen täglich getestet würden, gebe es immer noch viele unentdeckte Fälle, sagte Masserey am Dienstag vor den Medien in Bern. Wichtig sei, dass die Spitaleintritte nicht anstiegen.

Auf den Intensivstationen bleibt die Zahl der Covid-Patienten derzeit bei rund 200 stabil. Laut Masserey sind die meisten Schwererkrankten über fünfzig Jahre alt und nicht geimpft. Bei vielen sei die Delta-Variante nachgewiesen worden, zunehmend lägen aber auch Omikron-Fälle auf der Intensivstation.

Virginie Masserey, Leiterin Sektion Infektionskontrolle, Bundesamt f�r Gesundheit BAG, spricht an einem Point de Presse zur Coronavirus Situation, am Montag, 7. Februar 2022, in Bern. (KEYSTONE/Peter  ...
Virginie Masserey, Leiterin Sektion Infektionskontrolle im Bundesamt für Gesundheit.Bild: keystone

Die weitere Entwicklung der Corona-Zahlen sei schwierig vorauszusagen, sagte Masserey weiter. In vielen Ländern gingen die Fallzahlen aber wegen des hohen Immunitätsgrades in der Bevölkerung zurück.

Was weiss man über Longcovid?

Über die Auswirkungen der Post-Covid-19-Erkrankung – so die Bezeichnung der Weltgesundheitsorganisation WHO für Long Covid – auf Gesellschaft und Wirtschaft ist noch wenig bekannt. Die Symptome können Betroffene stark belasten.

Linda Nartey, Leiterin Direktionsbereich Prävention und Gesundheitsversorgung im BAG, sprach am Dienstag von mehreren Symptomen:

  • Atemprobleme
  • Kurzatmigkeit
  • Erschöpfung
  • Schmerzen
  • Kopfschmerzen
  • Konzentrationsprobleme

Sie könnten einzeln oder zusammen auftreten.

Wie lange Long Covid dauere, müssten Studien noch aufzeigen, sagte Nartey. Die Erkrankung zu erkennen sei schwierig. Oft würden Symptome am Anfang nicht ernst genommen. Nartey sagte weiter:

«Für die Betroffenen ist es wichtig, dass ihre Beschwerden schnell abgeklärt werden.»

Das Erkennen und Anerkennung der Krankheit seien wichtig. Auch für Behandelnde seien neue Krankheiten wie Post-Covid-19 eine grosse Belastung, sagte Nartey. Eine Möglichkeit zur Unterstützung seien Plattformen für den Wissensaustausch.

Wo gibt es noch Verbesserungspotential?

Laut Rudolf Hauri, Präsident der Vereinigung der Kantonsärztinnen und Kantonsärzte (VKS), besteht Verbesserungs- und Entwicklungspotenzial im Umgang mit Langzeitfolgen bei Covid-Erkrankungen. Das sei bei neu entdeckten Krankheiten oft der Fall.

«Wir begrüssen, dass verschiedene Studien zu den Langzeitfolgen von Covid-19 laufen», sagte Hauri. Aus Sicht der Kantone sei insbesondere wichtig, zu klären, welche Angebote es in der Schweiz für Betroffene gebe und ob diese richtig seien:

«Die Thematik muss in der Öffentlichkeit an Gewicht gewinnen.»

Ein bedeutender Teil der Bevölkerung scheine teils über längere Zeit an gravierenden Symptomen zu leiden, hielt der oberste Kantonsarzt fest. Es hätten sich bereits spezialisierte Angebote gebildet. Der Bund habe ein Mandat vergeben, dass die Angebote beleuchtet.

Rudolf Hauri, Kantonsarzt Zug, Praesident der Vereinigung der Kantonsaerztinnen und Kantonsaerzte VKS, spricht waehrend einer Medienkonferenz zur aktuellen Situation des Coronavirus, am Dienstag, 1. F ...
Rudolf Hauri, Präsident der Vereinigung der Kantonsärztinnen und Kantonsärzte (VKS).Bild: keystone

Sollten sich grundlegende Probleme in der Versorgung von Post-Covid-19-Patienten zeigen, muss laut Hauri geprüft werden, ob Angebote ausserhalb der Regelstrukturen aufgebaut werden müssten. Es sei aber «nicht Sache der Kantone, sich in wissenschaftliche Diskurse einzumischen».

Was plant man konkret zu Long Covid?

Ein Long-Covid-Register in der Schweiz ist laut dem BAG nun doch eine Option, sagte Linda Nartey.

Klar sei, dass man nun Informationen zu Krankheitsverläufen sammeln und auswerten müsse, erklärte Nartey. Auf welche Weise dies geschehen solle, werde derzeit in Arbeitsgruppen des Bundes diskutiert. Eine Prognose, wann ein Entscheid gefällt werde, wollte sie nicht abgeben.

Linda Nartey, Leiterin Direktionsbereich Praevention und Gesundheitsversorgung, Bundesamt f�r Gesundheit BAG spricht an einem Point de Presse zur Coronavirus Situation, am Montag, 7. Februar 2022, in  ...
Linda Nartey.Bild: keystone

Betroffene, etwa die Patientenorganisation Long Covid Schweiz, fordern seit längerem ein nationales Register. Bis anhin hatten der Bundesrat und das BAG die Massnahme abgelehnt.

Wie viele Covid-Erkrankte leiden an Long Covid?

Langzeitfolgen einer Infektion mit dem Coronavirus betreffen laut einer neuen Studie aus dem Kanton Zürich rund ein Viertel aller Personen, die sich anstecken. Drei von hundert Personen leiden sechs Monate nach einer Ansteckung noch sehr stark.

Milo Puhan, Direktor des Instituts f�r Epidemiologie, Biostatistik und Praevention, Universit�t Zuerich spricht an einem Point de Presse zur Coronavirus Situation, am Montag, 7. Februar 2022, in Bern. ...
Milo Puhan.Bild: keystone

Dies erklärte Milo Puhan, Direktor des Instituts für Epidemiologie, Biostatistik und Prävention der Universität Zürich. Er stützte sich dabei auf Befragungen von rund 1500 zufällig ausgewählten Corona-Infizierten im Kanton Zürich.

Wie viele Omikron-Infizierte an Long Covid erkranken, dazu gibt es laut Mayssam Nehme noch keine Daten.

Mayssam Nehme, Cheffe de clinique, Departement de medecine de premier recours, Hopitaux Universitaires Geneve HUG spricht an einem Point de Presse zur Coronavirus Situation, am Montag, 7. Februar 2022 ...
Mayssam Nehme.Bild: keystone

Wie lange hält Long Covid an?

Gemäss der Studie sei zwar nach einem weiteren halben Jahr bei vielen Personen eine Erholung sichtbar, so Puhan. Zahlreiche Menschen seien aber auch nach einem Jahr noch weit von ihrem einstigen Gesundheitszustand entfernt. Zudem sei das Ausmass, in dem sich Menschen erholten, sehr unterschiedlich.

Nach Aussage Puhans litten etwa auch nach einem Jahr rund 20 Prozent der Befragten an chronischer Erschöpfung und 10 bis 15 Prozent an Konzentrationsschwäche oder an Geruchs- und Geschmacksstörungen. Die Krankheitslast sei beträchtlich, betonte Puhan.

Welche Auswirkungen hat das auf die Sozialsysteme?

Im vergangenen Jahr haben sich rund 1700 Personen bei der Invalidenversicherung (IV) angemeldet in Zusammenhang mit Long Covid. Das sind zwei bis drei Prozent aller Anmeldungen.

Das sagte Corinne Zbären, stellvertretende Leiterin Geschäftsfeld Invalidenversicherung im Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) an der Pressekonferenz. Wie sich die Zahlen im laufenden Jahr entwickeln werden, sei schwierig bis unmöglich einzuschätzen. Die Zahl der Anmeldungen sei in den vergangenen Monaten aber stabil geblieben.

Und wie läuft's mit dem Armeeeinsatz?

Derzeit hilft die Armee noch in fünf Kantonen beim Bewältigen der Pandemie, nämlich in Bern, Freiburg, Jura, Genf und Wallis. 340 Armeeangehörige sind derzeit noch im Einsatz.

Die Zahl der Einsatzkräfte der Armee gehe zurück, sagte Oberst im Generalstab Flavien Schaller. Das Spitalbataillon 66 sei am Dienstag aus dem Assistenzdienst entlassen worden, das Spitalbataillon 2 könne nächste Woche folgen.

Die derzeit letzten bewilligten Dienste endeten am 19. Februar, fügte Schaller an. Der Bundesrat hatte den Einsatz von bis zu 2500 Armeeangehörigen im Assistenzdienst bis Ende März bewilligt.

(jaw/sda)

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24 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Andy
08.02.2022 17:08registriert Januar 2014
Ich fand Milo Puhan, Direktor des Instituts für Epidemiologie, Biostatistik und Prävention der Universität Zürich, hervorragend. Solche Infos wünsche ich mir jeweils. Ehrlich und Profi-Level. Solch fähige Menschen, geben zumindest mir Zuversicht, das wir auf einem Niveau taktieren können, auf welches wir stolz sein können.

Bitte mehr solche Profis welche nicht erst an die Selbstdarstellung und das schönreden von Versäumnissen denken, sondern die Realität objektiv und transparent analysieren und ohne Lobby Gedankengut die bestmöglichen Strategien ausarbeiten.
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