Schweiz
Coronavirus

Wer mit Corona auf der IPS liegt

«Wir haben es mit ‹Hardcore›-Impfgegnern zu tun»: Wer mit Corona auf der IPS liegt

Das Bild des typischen Covid-Intensivpatienten hat sich von der vierten auf die fünfte Welle verändert. Gemeinsam ist vielen: Sie haben sich nicht impfen lassen.
09.12.2021, 10:5709.12.2021, 12:05
Pascal Ritter / ch media
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Die Intensivstationen waren gestern zu 30 Prozent mit Coronapatienten belegt. Doch: Wer landet eigentlich auf der Intensivstation?

Pflegepersonal im Universitaetspital der Insel Gruppe kuemmern sich auf der Intensivstation um einen Covid Patienten , am Mittwoch, 16. Dezember 2020, in Bern. (KEYSTONE/Peter Schneider)
Ein Covid-Patient auf der Intensivstation, Dezember 2020.Bild: keystone

Christoph Fux ist Chef-Infektiologe im Kantonsspital Aarau. Gegenüber Tele M1 nannte er verschiedene Typen von Patienten. Zum einen gebe es Personen, welche die Krankheit unterschätzten und irrtümlicherweise auf ihr «gutes Immunsystem» vertrauten. Zum anderen gebe es Migranten, die sich in Medien informieren, wo Fake News kursierten. Als Beispiel nennt er Menschen mit Bezug zum Balkan. Gemeinsam haben beide Typen, dass sie sich nicht impfen liessen.

Zu wenig Kommunikation mit Impfzögerern

Schon im Spätsommer, während der vierten Welle, standen Reiserückkehrer vom Balkan im Fokus. Përparim Avdili sitzt für die FDP im Parlament der Stadt Zürich und hat Kontakt mit Einwohnern mit Bezug zu Albanien. Er bestätigt, dass unter Schweizer Albanern zum Teil falsche Informationen kursierten. «Die Fake News entfalten ihre Wirkung. Da gilt es, Gegensteuer zu geben», sagt er.

Përparim Avdili FDP Aargau
Përparim Avdili kam als Baby aus Mazedonien in die Schweiz. Nun politisiert er für die FDP.Bild: ZVG

Avdili ist enttäuscht über die Kommunikation der Behörden. Nach der ersten Debatte über ungeimpfte Albaner habe er viele Absichtserklärungen gehört, die Kommunikation zu verbessern. Daraus sei aber nur wenig entstanden. «Ich verstehe das nicht. Wir geben so viel Geld aus in dieser Pandemie, aber in der Kommunikation läuft zu wenig. Dabei hätte so sehr viel Leid verhindert werden können», sagt er. Immerhin zeigte manche Eigeninitiative Erfolge. Auf ein Impfvideo bekam Avdili positive Rückmeldungen.

Avdili betont, dass nicht nur Albaner mit direkter Kommunikation angesprochen werden sollten, sondern jede Gruppe, in der es Impfmuffel gibt. Er sagt:

«Vielleicht müsste man zum Beispiel in Kantonen mit tiefer Impfquote über die Schwingervereine Aufklärung betreiben.»

Von spezifisch albanischen Fakenewskanälen weiss Avdili nichts. Viel mehr beobachtet er, dass sich Impfgegner von der albanischen Gemeinschaft abwenden und sich mit gleichgesinnten mit anderem Hintergrund – darunter viele Schweizer aus ländlichen Kantonen – austauschen.

Gian-Reto Kleger leitet die Klinik für Intensivmedizin am Kantonsspital St. Gallen. Er beobachtete, dass in der fünften Welle andere Patienten ins Spital kommen, als noch in der vierten Welle. Die Migranten vom Sommer hätten die Gefahr des Virus unterschätzt, sich dann aber einsichtig gezeigt. Angehörige hätten sich danach impfen lassen. In einem Interview mit der «NZZ» sagte er:

«Momentan haben wir es mit ‹Hardcore›-Impfgegnern zu tun. Sie erleben, wie schwer ihre Angehörigen erkrankt sind, beatmet werden müssen und man in dieser Zeit keine Gewissheit hat, ob sie wieder gesund werden. Trotzdem lehnen sie die Impfung partout ab.»

Arme haben höheres Corona-Risiko als Reiche

Zur Frage, wer mit Corona ins Spital muss, gibt es wenig Daten. Auf Anregung eines SVP-Landrates präsentierte der Kanton Baselland kürzlich eine Auswertung nach Herkunftsland. In der Schweiz geborene Menschen sind im untersuchten Zeitraum weniger häufig schwer an Covid-19 erkrankt, als im Ausland Geborene. Es gab grosse Unterschiede zwischen den Hospitalisierungsraten verschiedener Migrantengruppen. Die Regierung hielt dazu fest, dass nicht die Herkunft, sondern das Durchschnittsalter und der sozio-ökonomische Status entscheidend seien.

Dass Arme ein grösseres Risiko haben, ernsthaft an Corona zu erkranken, zeigen Studien. So gab eine Untersuchung in Schottland, dass Bewohner von wirtschaftlich schwachen Regionen häufiger auf der Intensivstation landen und auch häufiger an Corona sterben.

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205 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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my_comment
09.12.2021 11:43registriert März 2018
Bezüglich Verzichtserklärungen ein spannender Auszug aus einem Artikel im Tagi mit Personen die in der IPS arbeiten:
Heise: «Selbst Ungeimpfte, die bei Spitaleintritt mitteilen, dass sie nicht auf die Intensivstation wollen und eine künstliche Beatmung ablehnen, ändern ihre Meinung, wenn ihre Luftnot sie in Todesangst versetzt. In solchen Momenten will man alles für sich. Den Preis zahlen dann gelegentlich auch Nicht-Covid-Patienten, die keinen Platz mehr auf der Intensivstation erhalten und verlegt werden müssen.»
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HappyUster
09.12.2021 11:14registriert August 2020
Okay...
Dann sollen diese "ich sehe das nicht ein" eine Verzichtserklärung unterschreiben!
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chandler
09.12.2021 12:17registriert Februar 2014
"Mein Immunsystem ist stark" - ich kann es nicht mehr hören...
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