Die Diskussionen um Geimpfte und Ungeimpfte in den Spitälern gibt es seit Wochen. Und auch wenn die Gründe dafür, warum auch Geimpfte im Spital landen können (und auch in Zukunft landen werden), immer wieder erklärt wurden, hält sich die Skepsis hartnäckig.
Denn bei älteren Altersklassen (ab 70 Jahren) werden in der Schweiz aktuell in absoluten Zahlen mehr vollständig Geimpfte als Ungeimpfte mit schweren Verläufen ins Spital eingeliefert. Diverse Gruppen behaupten darum, dass die Impfung halt doch nicht so gut schütze.
Diese Annahme ist falsch.
Wir zeigen in drei Punkten wieso.
Die Hospitalisationen von Corona-Patienten in der Schweiz zogen in den letzten Tagen wieder an. Wir haben diese hier aufgeteilt nach Impfstatus. Blicken wir auf die absoluten Zahlen (7-Tage-Durchschnitt), so erweckt dies den Eindruck, dass zwar mehr Ungeimpfte eingeliefert werden, aber die vollständig Geimpften nur unwesentlich weniger ins Spital müssen und die beiden Kurven ähnlich steil steigen.
Die Gruppe der teilweise Geimpften macht einen so kleinen Anteil der Bevölkerung aus, dass wir diese später vernachlässigen werden.
Schauen wir noch etwas genauer hin und teilen die Hospitalisierten in Altersklassen auf, fällt auf: In absoluten Zahlen mussten von den 70- bis 79-Jährigen und den Ü80-Jährigen gar mehr Geimpfte als Ungeimpfte ins Spital:
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Entscheidend ist aber, dass diese Zahlen alleine nicht die ganze Wahrheit erzählen. Und hier kommt der Prävalenzfehler ins Spiel. Wir zitieren hier aus Wikipedia:
Um diese einigermassen komplizierte Erklärung verständlicher darzustellen, nehmen wir die Hilfe von drei Posts in Anspruch. Diese gingen in den letzten Tagen in den diversen sozialen Medien viral.
Hilfreiche Erinnerung, wie man korrekt vergleicht, wie stark geimpfte vs ungeimpfte Leute betroffen sind:#Prävalenzfehler pic.twitter.com/DjMV5Ek1CC
— Dina D. Pomeranz (@DinaPomeranz) November 21, 2021
In gewissen Ländern werden ähnlich viele Geimpfte wie Ungeimpfte hospitalisiert. Bedeutet das, dass die Covid-Impfungen gar nicht wirken? Nein! Unser Bauchgefühl hat einfach Mühe mit bedingter Wahrscheinlichkeit.
— Marko Kovic (@marko_kovic) November 21, 2021
(Darstellung inspiriert von Post von @DinaPomeranz) pic.twitter.com/gjGDco214Y
Wenn 100 Zebras und 2 Gnus Fluss überqueren, in dem hungrige Coronadile warten, die je 1 Zebra + 1 Gnu fressen, ist Risiko, gefressen zu werden für Zebras 1 %, für Gnus 50 %.
— gᴙɘdᴙɘbɘiЯ v M 🔴 I❤️NoCovid ◀️2m▶️ 👐💦 😷 (@mavori2) November 17, 2021
Auch wenn gleich viel Geimpfte/Ungeimpfte auf IPS liegen -> Risiko für Ungeimpfte ist höher pic.twitter.com/R00XLnNRNY
Rechnen wir diese Beispiele oben für die Schweiz um. Hier sind mit Stand vom 21. November 5'749'479 Personen vollständig geimpft, 2'802'417 nicht geimpft.
Die laufende Entwicklung der Inzidenzen zeigt deutlich auf, dass die Kurve der Ungeimpften praktisch immer höher lag und – im Gegensatz zu den absoluten Zahlen von Punkt 1 – aktuell steiler ansteigt und der Abstand deutlich grösser ist:
Auch hier nehmen wir die Verteilung auf die Altersgruppen dazu. Die Inzidenzen sind jetzt nicht nur immer bei den Ungeimpften höher, sondern jeweils um ein Vielfaches.
Zur besseren Vergleichbarkeit der absoluten Fälle und der (entscheidenderen) Inzidenz hier nochmals zusammengefasst:
Wir bleiben bei den Inzidenzen und vergleichen diese für die letzten vier Wochen pro Altersklasse. Nicht möglich ist der Vergleich bei den Altersgruppen der 0- bis 9-Jährigen und 10- bis 19-Jährigen, da in den letzten vier Wochen bei diesen Altersgruppen keine vollständig Geimpften ins Spital mussten. Bei den 0- bis 9-Jährigen sind allerdings auch nur 163 Personen in der Schweiz geimpft.
In allen anderen Altersgruppen müssen Ungeimpfte deutlich häufiger hospitalisiert werden. Dies betrifft vor allem die ungeimpften 20- bis 69-Jährigen. Bei den 70- bis 79-Jährigen und den Ü80-Jährigen wird dieser Unterschied deutlich kleiner, allerdings werden Ungeimpfte auch hier 7,7-mal, respektive 8,7-mal häufiger mit so schweren Verläufen getroffen, dass sie ins Spital müssen.