Ein ETH-Doktorand hat den Tatbestand der Diskriminierung analysiert. Es gebe Diskriminierung in der Schweiz, sagt er. Aber die Zertifikatspflicht gehöre nicht dazu. Denn anders als etwa seine Rasse oder das Geschlecht, kann man seinen Impfstatus frei wählen.
Zertifikatsgegner, die uneingeschränkte Grundrechte einfordern, vernachlässigen, dass ihre Freiheit, sich überall ohne Zertifikat zu bewegen, die Freiheit aller anderen tangiert. «Ich sage es mit Daniel Koch, dem ehemaligen Beamten des Bundesamts für Gesundheit: ‹Jeder darf das Risiko auf sich nehmen, krank zu werden. Aber keiner hat das Recht, jemanden anzustecken›», so Dario Meili, Doktorand am Zentrum für Entwicklung und Zusammenarbeit (Nadel) der ETH Zürich.
Vergleiche mit der Apartheid in Südafrika oder der Verfolgung von Juden im Nationalsozialismus seien «nicht nur absurd, sondern sie verwässern auch den Begriff der Diskriminierung und erodieren somit die Grundlage, um aktuell herrschende Ungerechtigkeiten anzusprechen. Während die Zertifikatspflicht zweifellos eine Ungleichbehandlung darstellt, ist es anmassend, dabei von Diskriminierung zu sprechen».
Diskriminierung bestehe «aus Handlungen, Praktiken oder Massnahmen, die Personen aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe einen relativen Nachteil auferlegen». Dabei sei entscheidend, dass sich die Ungleichbehandlung auf soziale Gruppen wie das Geschlecht, die Herkunft oder die Religionszugehörigkeit beziehe.
Des Weiteren müsse eine Massnahme einer objektiven Rechtfertigung entbehren, um als diskriminierend zu gelten. Laut der Schweizerischen Verfassung ist dies nicht der Fall, wenn das öffentliche Interesse und der Schutz von Grundrechten Dritter im Vordergrund steht.
Das Rauchverbot in Restaurants sei schliesslich auch nicht Diskriminierung von Rauchern. Die Gesundheit der nichtrauchenden Gäste und des Personals sei in diesem Fall höher zu gewichten als die Freiheit, sich im Speisesaal eine Zigarette anzuzünden. Ähnlich verhalte es sich mit der Gelbfieberimpfung in tropischen Ländern. Die öffentliche Gesundheit überwiege auch hier die individuelle Freiheit der Touristen.
Bei der Zertifikatspflicht habe man neben dem Verzicht auf den Restaurantbesuch nach wie vor die Wahl, sich impfen zu lassen. Da für die Grundversorgung – für den Supermarkt oder den öffentlichen Verkehr beispielsweise – kein Zertifikat vorausgesetzt wird, könne niemand geltend machen, es herrsche de facto ein Impfzwang. (aeg/sda)
Mit Argumenten erreicht man bei denen nichts.